Geschenkte Zeit zum Neujahrstag

  01 Januar 2017    Gelesen: 602
Geschenkte Zeit zum Neujahrstag
In der Nacht zum 1. Januar werden die Uhren wieder einmal eine Sekunde lang angehalten. Die Extrazeit ist der Natur geschuldet und für die Physikalisch Technische Bundesanstalt in Braunschweig Routine.
Die Nacht auf Sonntag wird einen kurzen Augenblick länger dauern als gewöhnliche Nächte. Am 1. Januar 2017 um 0.59.59 Uhr deutscher Zeit werden die Uhren eine Sekunde lang angehalten. Der Grund für die kurze Zwangspause: Die Weltzeit und die durch die Erdrotation definierte astronomische Zeit sind seit der letzten Korrektur 2015 minimal auseinandergedriftet und müssen wieder in Einklang gebracht werden. Und dazu wird der kontinuierliche Lauf der Zeit gestoppt, indem man die Uhren weltweit eine Sekunde lang anhält und auf diese Weise eine Schaltsekunde zufügt.

Sechsundzwanzig solcher Schaltsekunden sind seit 1972 vom Internationalen Büro für Maß und Gewicht (BIPM) in Paris bisher verordnet worden. Die letzten beiden Anpassungen gab es am 30. Juni 2015 und am 30. Juni 2012. In Deutschland hält die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig in der Neujahrsnacht die Uhren zum 27. Mal an. Der Vorgang ist relativ einfach, die Gründe etwas komplizierter. Pünktlich um 0.59.59 Uhr schiebt die PTB in die gesetzliche Zeit, die über Langwelle an Funkuhren übermittelt und über Telefon sowie über das Internet verbreitet wird, eine Sekunde ein.

Schaltsekunden sind ein lästiges Erbe aus einer Zeit, als man die Sekunde noch als den 86.400sten Teil (24 Stunden 60 Minuten 60 Sekunden) eines mittleren Sonnentages definierte. Diese Definition stellte zwar sicher, dass die Sonne stets um zwölf Uhr mittags den Zenit erreichte. Da die Erde aber nicht gleichmäßig rotiert, schwankte die Dauer einer Sekunde von Tag zu Tag. Zum einen bremsen die Gezeitenkräfte die Erddrehung. Zum anderen bringen Massenverlagerungen im Erdinneren, Wind- und Meeresströmungen die Erde aus dem Takt. Derartige willkürliche Variationen waren für viele technische und wissenschaftliche Anwendungen, die auf ein stabiles Zeitmaß angewiesen sind, höchst lästig.

Im Jahr 1967 stellte man aus diesem Grund die Zeitmessung auf eine neue Basis: die Weltatomzeit. Ein Tick eines Sekundenzeigers wird seither als jener Zeitraum definiert, der verstreicht, wenn ein angeregtes Cäsiumatom exakt 9.192.631.770 mal zwischen zwei Quantenzuständen hin- und hergesprungen ist. Atom-Chronometer sind erstaunlich stabil, sie gehen in dreißig Millionen Jahren gerade mal um eine Sekunde nach.

Die Stabilität hat aber einen entscheidenden Nachteil. Sie führt nämlich dazu, dass Weltatomzeit und astronomische Zeit immer weiter voneinander abweichen. Bis zum Jahr 1972 belief sich der Unterschied bereits auf zehn Sekunden. Das war ein Dilemma besonders für die Schifffahrt. Sie benötigte die astronomische Zeitrechnung für die Navigation, die über den Stand der Sterne erfolgte.

Kompliziertes Regelwerk für eine Schaltsekunde

Es wurde deshalb vor 44 Jahren beschlossen, die koordinierte Weltzeit (UTC) als weltweite Referenzzeit einzuführen, an der sich seitdem sämtliche Zeitzonen der Erde ausrichten. Die Weltzeit tickt die meiste Zeit synchron zur Atomzeit. Diese wird vom BIPM in Paris in einem komplizierten Verfahren aus den Daten von 400 Atomuhren, die in siebzig Instituten in der Welt ticken, ermittelt. Sobald die Diskrepanz zwischen Atomzeit und astronomischer Zeit 0,9 Sekunden beträgt, wird eine Schaltsekunde hinzugefügt. Die Manipulation soll verhindern, dass die Sonne ihren Zenit nicht irgendwann am Abend erreicht. Die Information, wann eine Zeitsprung droht, wird ein halbes Jahr vorher bekanntgegeben.

Besitzer von Funkuhren können die zusätzliche Sekunde am frühen Neujahrsmorgen aber nicht sehen. Ihre Chronometer erhalten ein entsprechendes Zeitsignal über das Programm des Langwellensenders DCF77 in Mainflingen.


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