So aussagekräftig sind Genanalysen

  14 Oktober 2016    Gelesen: 679
So aussagekräftig sind Genanalysen
Was besagt ein genetischer Fingerabdruck? Und kann eine Verunreinigung im Labor schuld daran sein, dass DNA-Material des NSU-Terroristen Böhnhardt am Fundort der Leiche von Peggy Knobloch gefunden wurde? Die wichtigsten Antworten.
Es ist eine Spur, die zwei Kriminalfälle zueinander bringt, die noch bis vor Kurzem nichts miteinander zu tun hatten: In der Nähe des Fundortes der im Jahr 2001 verschwundenen Peggy Knobloch haben Ermittler ein kleines Stück Stoff gefunden, auf dem eine DNA-Spur des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt nachgewiesen werden konnte.

Der am Waldboden gefundene Stofffetzen könnte von einer Decke stammen - doch die Details sind bislang unklar. Er lag nicht unmittelbar neben dem Skelett und wurde auch erst bei einer späteren Untersuchung des Tatorts entdeckt. Doch die Ergebnisse der Genanalyse scheinen eindeutig: Böhnhardts genetischer Fingerabdruck - oder zumindest Teile davon - sind auf dem Material zu finden. Was wird bei solchen Genanalysen genau untersucht und welche Aussagen lassen sie zu:

Was genau ist ein genetischer Fingerabdruck?

Für einen forensischen DNA-Test wird nicht das komplette menschliche Erbgut analysiert. Das wäre viel zu aufwendig und würde zu lange dauern. Stattdessen werden in einem standardisierten Verfahren ausgewählte Orte im Genom untersucht. Sie stammen aus dem sogenannten nicht codierenden Bereich des Erbguts - damit aus Datenschutzgründen keine Rückschlüsse auf persönliche Merkmale oder Aussehen des Spurenverursachers möglich sind.

Über die Jahre ist die Zahl der bei der Analyse betrachteten Genabschnitte gestiegen. Zunächst basierte die Auswertung in Deutschland auf fünf Merkmalen, später waren es acht, mittlerweile sind es 16. "Wenn diese 16 Merkmale bei einer Probe identisch sind zu denen in einer anderen Probe, gibt es statistisch keine Irrtumsmöglichkeiten", sagt Bernd Brinkmann, Chef des Instituts für Forensische Genetik in Münster - und schränkt ein: "außer bei eineiigen Zwillingen."

Wie viel genetisches Material braucht man für eine Analyse?

Jede Körperzelle eines Menschen enthält sein gesamtes genetisches Material. Dennoch sind nach Auskunft von Experten für eine Analyse normalerweise mindestens zehn kernhaltige Zellen nötig - mehr sind im Zweifelsfall immer besser. Das DNA-Material kann nämlich durch Umwelteinflüsse leicht Schaden nehmen. Feuchtigkeit, Sauerstoff, UV-Licht reichen schon.

Deswegen ist es auch relevant, welche Art von Spur Ermittler an einem Tatort finden. In Hautschuppen oder Haaren ist nach einiger Zeit oft nur noch sehr fragmentiertes Genmaterial zu bekommen. Besser sieht es normalerweise bei Blut- und vor allem Spermaspuren aus, wo die Chancen auf das Vorhandensein von genug Genmaterial besser sind. Durchgeführt werden die Analysen in Deutschland übrigens von rund 30 Rechtsmedizinischen Instituten, den Landeskriminalämtern und einer Handvoll von den Behörden beauftragten Privatlabors.

Kann eine Verunreinigung im Labor schuld daran sein, dass Böhnhardts DNA nun im Fall Peggy auftaucht?

Da sowohl die sterblichen Überreste des NSU-Terroristen (im November 2011) als auch die des Mädchens Peggy Knobloch (im Juli 2016) in der Rechtsmedizin Jena untersucht wurden, wurde die Frage einer möglichen Verunreinigung diskutiert. Das Institut für Rechtsmedizin verweist allerdings darauf, dass die Untersuchung der gesicherten Spuren im Fall Peggy, also auch des Stofffetzens, nicht dort stattgefunden habe: "Insofern ist eine etwaige zufällige Übertragung von DNA zwischen beiden Fällen durch das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Jena ausgeschlossen."


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