Weltwirtschaftsforum vor Beginn

  16 Januar 2017    Gelesen: 925
Weltwirtschaftsforum vor Beginn
In Davos ist dieses Jahr alles anders. Statt wie geplant über "verantwortungsvolle Führung" zu diskutieren, wird das Forum von Trumps Attacken und dem Brexit dominiert. Ausgerechnet Chinas oberster Kommunist Xi gibt den Retter.
Sie hätten ihn gerne dabei gehabt. Doch Donald Trump kommt nicht. Terminprobleme. Ausgerechnet in dieser Woche, in der das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos sein rituelles Jahrestreffen feiert, wird der Immobilienunternehmer mit einer gigantischen Show in das Amt des US-Präsidenten eingeführt.

In den vielen Diskussionen und Gesprächen in den Schweizer Bergen ist der 70jährige Polit-Rowdy trotzdem allgegenwärtig. Seine Attacken auf den Freihandel, in Richtung Europa, den Handel mit China und die Globalisierung - durch sein "Bild"-Interview noch einmal befeuert - bestimmen das Geschehen.

"Anpassungsfähige und verantwortungsvolle Führung" lautet das Motto des 47. Jahrestreffens des WEF. So richtig zieht das nicht in diesen Tagen. Das Oberthema stand fest, bevor klar war, dass Donald Trump der nächste US-Präsident wird und Freihandel, Globalisierung sowie die Bedeutung Europas mit immer neuen Attacken in Frage stellt. Und Großbritannien zunehmend zum Problem wird, weil sich die Folgen des Brexit zuzuspitzen drohen.

Xi wirbt für Freihandel

So schockierend das sein mag, die Schockwellen passen ins Bild. Viele Jahre lang wurde in Davos dem Kapitalismus und der Globalisierung das Wort geredet. Das ändert sich nun. In einem offiziellen WEF-Papier wurde vor wenigen Tagen noch "die Korruption des Kapitalismus" und die wachsende Ungerechtigkeit angeprangert.

Kein Wunder: Seitdem die Zahl der Wohlstandsverlierer in vielen Industriestaaten steigt, sind die Veranstalter sensibler geworden. Die Sorgen davor, dass immer mehr Menschen sich von der Globalisierung abgehängt fühlen, sie dadurch Populisten auf den Leim gehen und dadurch die Demokratie Schaden nehmen könnte, nehmen zu.

So erklärt ausgerechnet der chinesische Präsident Xi Jinping, den Davos-Gästen die Vorteile des freien Handels. Chinas oberster Kommunist hält die Eröffnungsrede – und versucht damit aus Trumps Schatten zu treten. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francoise Hollande die Liste der Promi-Ansagen anführen, ist Xi Jinping der prominenteste Politiker, der in Davos dabei ist.

Viele Hochkaräter

Klar, andere Mächtige kommen auch. Die britische Premierministerin Theresa May wird zu ihren Brexit-Plänen Stellung nehmen, IWF-Chefin Christine Lagarde den aktuellen Zustand der Weltwirtschaft erklären - neben anderen. Um die 40 weitere Staats- und Regierungschefs kommen, außerdem mehr als 1000 Vorstandschefs internationaler Unternehmen samt Gefolgschaft. Sie werden das Kongresszentrum bevölkern und sich bei den Empfängen in den benachbarten Hotels zum beruflichen Speed-Dating treffen.

Insgesamt werden in Davos mehr als 3000 hochkarätige Gäste erwartet. Ein paar Schauspieler und Pop-Stars, sie sich sozial engagieren, sind auch da: Violinistin Anne-Sophie Mutter, Sängerin Shakira und Schauspieler Matt Damon zum Beispiel – Kulisse, damit über das WEF-Treffen auch in den Klatschspalten berichtet wird.

Obwohl der vielbeschworene Geist von Davos sich in diesem Jahr spürbar verändert, ist davon in dem Städtchen an sich nichts zu spüren. Hoteliers und Gastronomen haben die Preise zum Teil gewaltig nach oben geschraubt – zum Teil auf das Fünffache.

Und Einzelhändler entlang der Promenade, der Davoser Einkaufsmeile, sind reihenweise ausgezogen und vermieten ihre Läden. Zugunsten von Banken und Beratungsfirmen, die dort ihre VIP-Lounges eingerichtet haben und zu Empfängen laden. Sie profitieren besonders von dem Davos-Spektakel. In dieser Woche verdienen sie mehr als sonst in einem Vierteljahr.

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