Russland stationiert Anti-Schiffsraketen

  23 November 2016    Gelesen: 754
Russland stationiert Anti-Schiffsraketen
Muss Moskau seine Ostseeküste vor Aggressoren aus dem Westen schützen? Mit der Verlegung neuer Waffensysteme nach Kaliningrad schürt Russland neue Bedenken - nicht nur bei seinen kleineren Nachbarstaaten im Osten Europas.

Inmitten schwelender Sorgen um die sicherheitspolitischen Perspektiven im Baltikum hat Russland weitreichende Anti-Schiffsraketen in die russische Ostseeexklave Kaliningrad verlegt. "Russland macht alles Nötige, um sich vor der Expansion der Nato an seiner Grenze zu schützen", kommentierte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow die Entscheidung. Nahe Kaliningrad liegt der Heimathafen der russischen Ostseeflotte.

Peskow bezeichnete die Nato wörtlich als "aggressiven Block". Das westliche Verteidigungsbündnis hatte beim Nato-Gipfel im Juli beschlossen, jeweils 1000 Soldaten nach Polen, Estland, Lettland und Litauen zu schicken. Erklärtes Ziel ist ein Signal der Solidarität: In Anbetracht der Ukraine-Krise und der russischen Annektion der Halbinsel Krim waren im Baltikum Befürchtungen aufgekommen, der mächtige Nachbar im Osten könnte die territoriale Souveränität weiterer Nachbarstaaten in Frage stellen. Aussagen des künftigen US-Präsidenten Donald Trump zum Beistand innerhalb der Nato hatten diese Sorgen zuletzt massiv verstärkt.

Code-Name "Stooge"

Mit der Verlegung der neuen Einheiten schafft das russische Miliär im Ostseeraum Fakten: Beobachtern zufolge rüstete Russland seine Streitkräfte in Kaliningrad - dem früheren Königsberg - mit Raketen vom Typ "K-300 Bastion" auf. Das russische Waffensystem sei offiziell auf den Schutz der Küste ausgelegt, heißt es. Allerdings verfügen die Schiffsabwehrraketen (Nato-Code: SSC-5 "Stooge") über eine vergleichsweise große Reichweite.

Für Militärstrategen ist das besonders bedenklich: Im Seegebiet vor Kaliningrad sind die räumlichen Verhältnisse recht beengt. Mit einem Einsatzradius, der Berichten zufolge bei bis zu 600 Kilometern liegen soll, könnten die russischen Raketenschützen die Ostsee praktisch komplett abriegeln. Im Krisenfall könnte Russland - so lauten die Befürchtungen - schlimmstenfalls alle Seeverbindungen ins Baltikum blockieren und etwaige Unterstützung auf dem Seeweg gewaltsam unterbinden.

Abwehrschirm quer über die Ostsee

Das Waffensystem "Bastion" verschießt eine Art Marschflugkörper, der mehr als doppelte Schallgeschwindigkeit erreichen kann. Gestartet werden die knapp neun Meter langen und rund drei Tonnen schweren Seeflugkörper von mobilen Abschussrampen. Der Gefechtskopf kann je nach Auslegung bis zu 300 Kilogramm Sprengstoff aufnehmen. In Syrien setzt Russland Raketen diesen Typs auch gegen Ziele auf dem Festland ein. Auf hoher See können Anti-Schiffsraketen im Ernstfall auch Flugzeugträgern und anderen Großkampfschiffen gefährlich werden.

Wie weit die "Stooge"-Raketen reichen, zeigt ein simpler Blick auf die Distanzen: Von Kaliningrad bis zur schwedischen Hauptstadt Stockholm auf der anderen Seite der Ostsee sind es in der Luftlinie nur knapp 500 Kilometer. Die dänische Hauptstadt ist 470 Kilometer entfernt. Riga, die Hauptstadt Lettlands, liegt sogar nur 340 Kilometer nördöstlich der russischen Exklave. Selbst Berlin befindet sich theoretisch in Schlagdistanz der neu stationierten russischen Raketen.

Bereits im Sommer hatte die russische Regierung die Stationierung schwerer Waffensysteme in der Exklave an der Ostseeküste angekündigt. Als Reaktion auf Nato-Aktivitäten in Osteuropa erwäge Russland eine Verlegung von Kurzstreckenraketen vom Typ "Iskander" (Nato-Code SS-26 "Stone") nach Kaliningrad.



Quelle: n-tv.de

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