Tiflis wählt Konfrontation mit Russland - USA errichten Militärbasis in Georgien

  17 Februar 2017    Gelesen: 2339
Tiflis wählt Konfrontation mit Russland - USA errichten Militärbasis in Georgien
Die USA bauen eine neue Militärbasis in Georgien - für Russland eine Provokation. Dies vereibarten der georgische Verteidigungsminister und der US-Generalstabschef auf der US-Militärbasis Hohenfels in Deutschland. RT Deutsch sprach mit Analysten, die davor warnen, dass damit der Kaukasus zum Pulverfass mit irreparablen Folgen werde.
von Ali Özkök

Das Verteidigungsministerium von Georgien bestätigte, dass Verteidigungsminister Levan Izoria und Generalstabschef Wladimir Tschatschibaya am 11. Februar in Deutschland zu Besuch waren. Die hohen Amtsträger aus Georgien besuchten die siebente US-amerikanische Militärausbildungsbasis des US-Europäischen Kommandos im bayerischen Hohenfels. Dort fand auch ein Treffen mit dem kommandierenden General der US-Armee in Europa, Ben Hodges, und dem Vorsitzenden der US-Kommandantur für militärische Ausbildung, Brigadegeneral Antonio Augusto, statt.



Die USA erörterten mit den Georgiern den Stand der Verteidigungsfähigkeit des südkaukasischen Landes und einigten sich mit ihnen darauf, diese zu stärken. Der georgische Verteidigungsminister sagte, dass es für die kaukasische Republik ein "historischer Tag" war. Dies vor allem deshalb, weil die USA mit Georgien erstmals Details über die Errichtung eines Bereitschaftszentrums ähnlich der US-Militärbasis in Hohenfels besprochen hatten, das in Georgien stehen soll. Dessen Aufgabe soll es sein, "georgische Soldaten zu trainieren und das Bereitschaftsniveau der georgischen Streitkräfte mithilfe internationaler Unterstützung auszubauen", sagte der georgische Minister dem populären georgischen Nachrichtenportal Agenda.

RT Deutsch bat die georgische Botschaft am Dienstag um eine Stellungnahme. Eine offizielle Antwort blieb aus. In einem Telefongespräch mit RT Deutsch bestätigte der Presse-Attaché Georgiens zu Berlin lediglich bestehende Medienberichte und verwies für weitere Fragen an den Militär-Attaché, der allerdings derzeit nicht erreichbar sei.

US-General Hodges lobte die georgischen Soldaten, die gegenwärtig im deutschen Hohenfels von der US-Armee ausgebildet werden. Er sei "vom Mut und dem Level ihrer Bereitschaft beeindruckt". Hodges bewertet die neuen Verteidigungsreformen in Georgien mit Bezug auf die verstärkte Kooperation mit den USA positiv und kommentierte:

Hochrangige Verteidigungsbeamte von Georgien haben einen innovativen Ansatz gewählt, um das Verteidigungsministerium zu transformieren. Sie können jetzt die besten Verteidigungsfähigkeiten für Georgien entwickeln.





Verteidigungsminister Levan Izoria erklärte unterdessen, dass Tiflis die Errichtung der Militärbasis noch dieses Jahr erwartet. In diesem Zusammenhang wird US-Brigadegeneral Antonio Augusto, so heißt es weiter, in Kürze Tiflis besuchen und weitere Vorbereitungen anstoßen. Die ersten Verhandlungen mit Georgien über die Militärbasis begann Washington zum Ende des vergangenen Jahres.





Auf Anfrage um eine Einschätzung der Tragweite der georgischen Entscheidung sagte der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Andrej Hunko, gegenüber RT Deutsch:

Mein Eindruck während meiner Beobachtung der Parlamentswahlen im Oktober war, dass in Georgien ein Wunsch nach einer pragmatischen Beziehung zu Russland besteht, ohne die West-Orientierung aufzugeben. Nun mit Unterstützung der USA eine militärische Ausbildungsbasis zu errichten, wäre hingegen ein Schritt hin zur NATO-Orientierung, die eine Entspannung schwieriger machen würde.

Yusuf Cinar, der Direktor der auf geopolitische Fragen spezialisierten Denkfabrik Strategic Outlook USBED, wies im Gespräch mit RT Deutsch daraufhin, dass die USA die neue Militärbasis als Sprungbrett für politische Einflussnahme im Vorhof Russlands nutzen wollen. Der Analyst sagte:

Die Amtszeit von Trump wird anders werden als die von Obama. Auch wenn es weithin kursierte, dass es zu einer Annäherung zwischen Trump und Putin kommen könnte, bin ich anderer Meinung. Ich glaube nicht, dass es lange eine Phase der Annäherung zwischen den USA und Russland geben wird. Aus strategischer Perspektive ist Georgien ein besonders wichtiges Land. Erstmals trafen Russland und die USA nach dem Kalten Krieg 2008 in Georgien aufeinander. Bei den ersten Spannungen vermochten es die USA nicht, die Herrschaft ihres Schützlings Micheil Saakaschwili zu sichern. Wenn die USA in der Region wieder präsent sein wollen, dann ist die Errichtung einer Militärbasis ein cleverer Schachzug.

Yusuf Cinar schätzt den Bau der Militärbasis als Ausdruck einer vorsichtigen Eskalationsstrategie vonseiten Washingtons ein. RT Deutsch gegenüber kommentierte er:

Ich gehe nicht davon aus, dass Trump eine offene Konfrontation mit Russland suchen wird. Vielmehr wird die Militärausbildungsbasis in Georgien gebaut, um den Russen auf den Zahn zu fühlen. Es ist eine gute Option, zu schauen, was Moskau bereit ist, zu riskieren.

Für die NATO-Strategie sind Georgien und die Ukraine sehr wichtig, so der türkische Think-Tank-Leiter. Russland wisse das und betrachte die Verhinderung einer prowestlichen Regierung als wichtige Priorität für Frieden in der Region. Das Näherrücken von Tiflis an den Westen verlangsamt Russlands aktive Außenpolitik, sagte der türkische Think Tank-Vorsitzende und fügte hinzu:

Unter diesen Bedingungen scheint es schwierig, dass sich Georgien weiter an den Westen annähert. Russland hat bislang jedes Ringen mit dem Westen gewonnen. Unter diesen Bedingungen scheint es schwer, dass der Westen in der Ukraine oder Georgien vorrückt. Für den Westen ist der Einfluss in Georgien allerdings prestigeträchtig und von langfristiger Bedeutung.

RT Deutsch fragte Anton Mardassow, Leiter der Forschungsabteilung für Nahost-Konflikte am Institut für Innovative Entwicklung, inwieweit das wachsende US-Engagement in Georgien russische Interessen gefährden könnte? Der Militärexperte antwortete:

Es ist einerseits klar, dass die Ausbildung georgischer Einheiten in Zukunft womöglich für Sabotageakte ausgenutzt werden kann, um zum Beispiel Spannungen an der Grenze zu Südossetien zu stiften. Andererseits steht heute an der Spitze Georgiens eine andere Führung, die solche Abenteuer eigentlich nicht begrüßt. Letztendlich reduziert sich die US-amerikanische Präsenz in Georgien nicht auf ein einziges Trainingszentrum für Spezialkräfte. Es ist ein offenes Geheimnis, dass auf georgischem Boden allerlei Antennen, Radarstationen und andere Einrichtungen stationiert sind, die die Grenzgebiete ausspähen und abhören. Auch die CIA ist in Georgien ziemlich aktiv. Die USA betrachten den Fall mit Weitsicht. Diese Aktivitäten werden nicht nur möglichen Sabotageakten in der Region dienen. Ziel ist vielmehr, die Präsenz im Südkaukasus auszuweiten. Jeder Staat ist bestrebt, die ihm zur Verfügung stehenden Vorstoßgebiete auszulasten, indem dort Geheimdienste und Beobachtungsstellen stationiert werden. Georgien ist ein solches Vorstoßgebiet für Washington.

Der Ressortleiter für den Raum Türkei und Nahost der populären aserbaidschanischen Nachrichtenagentur Trend, Orxan Quluzade, warnte vor den regionalen Auswirkungen einer US-amerikanischen Spannungspolitik im Kaukasus. RT Deutsch teilte er mit:

Die Türkei und Russland haben sich nach Spannungen in Syrien deutlich angenähert. Durch eine Militärbasis der USA, dem Führungsstaat in der NATO, in Georgien könnten die sich vertiefenden Beziehungen zwischen der Türkei als der größten Landstreitmacht in der NATO und Russland deutlich Schaden nehmen. Auf regionaler Ebene können sich beide Staaten verständigen. Die türkische Regierung ist an einer Partnerschaft mit Russland interessiert, was nicht im Interesse des Westens liegt. Auf die Militärbasis wird Russland mit der Erhöhung seiner Truppenpräsenz in Armenien reagieren und Aserbaidschan, den traditionellen Bruderstaat der Türkei, so vor den Kopf stoßen. Die Türkei wird reagieren müssen und der Konflikt um die Bergkarabach-Region, die von Armenien besetzt wird, wird nicht gelöst werden. Der Kaukasus wird zum Pulverfass.

Zurück in Georgien inspizierte Generalstabschef Wladimir Tschatschibaya am Dienstag die ersten Wehrpflichtigen der georgischen Armee, nachdem die ehemalige Verteidigungsministerin Tinatin Khidascheli im Juni 2016 die Wehrpflicht noch aufgekündigt hatte. Dieses Jahr erklärte der neue Verteidigungsminister Levan Izoria jedoch, dass die Wehrpflicht nach Absprache mit internationalen Experten wiedereingeführt wird. Bemerkenswert ist, dass der durchschnittliche Sold für Wehrpflichtige von einst drei auf 21 US-Dollar im Monat angehoben wurde. Es bleibt ungewiss, wie Tiflis die erforderlichen finanziellen Mittel für eine Verzehnfachung des durchschnittlichen Soldes aufbringen konnte.

Das Verteidigungsministerium jedenfalls erklärte, dass die Wehrpflicht zur zivilen Integration von ethnischen und religiösen Minderheiten beitragen wird. Dies erscheint jedoch als fraglich angesichts der zahlreichen ethnischen und religiösen Konflikte, die Tiflis mit fast all seinen Minderheiten im Land ausficht. Insbesondere die muslimische Minderheit mit rund 13 Prozent, die sich aus Ahiska-Türken, Adschara-Georgier und Aserbaidschanern zusammensetzt, beschwert sich regelmäßig darüber, dass sie von der Zentralregierung ignoriert wird. Im Norden des Landes trägt Tiflis Territorialkonflikte mit Abchasien und Südossetien aus.

Bei einem direkten Zusammentreffen der Außenminister am 10. Februar sicherte Rex Tillerson seinem Amtskollegen aus Georgien die volle Unterstützung der Vereinigten Staaten zu. Georgiens Außenminister Micheil Janelidze erläuterte die Ergebnisse der Zusammenkunft mit den Worten:

Wir haben über den russisch-georgischen Konflikt sowie über die Situation in den besetzten Territorien gesprochen. Die USA versicherten ihre volle Unterstützung hinsichtlich unserer territorialen Integrität und Souveränität zugesichert.

Die USA sind bereit, in jedem Fall auf der Seite Georgiens zu stehen", fügte er hinzu.



Erschienen auf deutsch.rt

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