Pressemitteilung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages Karin Strenz Johannes Kahrs Stabilität im Südkaukasus

  26 Februar 2017    Gelesen: 1834
Pressemitteilung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages Karin Strenz Johannes Kahrs Stabilität im Südkaukasus
Karin Strenz, Mitglied des Deutschen Bundestages, Vorsitzende der Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe und Johannes Kahrs, Mitglied des Deutschen Bundestages, Stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe sind mit einer Pressemitteilung aufgetreten. In der Pressemitteilung heißt es: „Seit 25 Jahren währt der Konflikt um Berg-Karabach zwischen den südkaukasischen Ländern Armenien und Aserbaidschan. Viele Menschen verloren im Verlaufe dieses blutigen Konfliktes ihr Leben. Das für das kollektive Gedächtnis der Aserbaidschaner prägendste Ereignis ist das Massaker von Chodschali am 25. Februar 1992. In der Nacht auf den 26. Februar 1992 kamen bei dem gewaltsamen Überfall und der damit einhergehenden Einnahme der Stadt durch armenische Truppen viele hundert Aserbaidschaner ums Leben, darunter Frauen und Kinder. Viele Menschen wurden im Zuge dieses Konfliktes verletzt, mehr als eintausend Menschen wurden in Geiselhaft genommen.
Viele Menschen haben in dieser Zeit und darüber hinaus ihre Heimat verloren und wurden zur Flucht gezwungen. Aserbaidschan beherbergt bei 9,5 Millionen Einwohnern über eine Million Flüchtlinge und Binnenvertriebene.

Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ benennt die Geschehnisse in der eingenommenen Stadt als „das größte Massaker“ im Zuge des Berg-Karabach-Konfliktes. Die Organisation unterstreicht in diesem Zusammenhang: „Obschon es weit angenommen worden ist, dass die Zahl der ermordeten Aserbaidschaner 200 sei, könnte man allerdings auch von 500 bis 1000 Opfern sprechen. Wir ziehen die armenischen Kräfte in Karabach zur direkten Verantwortung für diese Ziviltodesfälle.“

Im April 2015 erinnerte Papst Franziskus auf dem Petersplatz mit aserbaidschanischen Kindern und Jugendlichen an die Opfer des Massakers von Chodschali und dem damit einhergehenden „Frozen Conflict“, der bis zum heutigen Tage andauert.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatten die drei südkaukasischen Länder Georgien, Armenien und Aserbaidschan die Chance erhalten, sich unabhängig zu entwickeln und gemeinsam für Stabilität im Südkaukasus zu sorgen. Doch der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt hat sowohl die Entwicklung als auch die Stabilität in dieser Region nachhaltig gehemmt.

Der Deutsche Bundestag betrachtet den Frieden als die wichtigste Voraussetzung für die Stabilität Europas. Die Bundesrepublik Deutschland will sowohl Armenien als auch Aserbaidschan ein verlässlicher Partner sein. In dieser Hinsicht ist es wichtig, sich auf gemeinsame internationale Standards zu verständigen, auf dessen Grundlage sich partnerschaftlichen Beziehungen zu den Ländern des Südkaukasus entwickeln. Insofern ist in erster Linie das Völkerrecht die Grundlage des gemeinsamen Miteinanders. Dieses Recht, nicht militärische Gewalt, muss der Maßstab sein. Die territoriale Integrität der Staaten und die Unantastbarkeit der Grenzen sind dessen grundlegende Prinzipien. Vier UN-Sicherheitsrats-Resolutionen (Nr.: 822, 853, 874, 884) bekräftigen diesen Standpunkt und halten die Besetzung der Gebiete durch Armenien für völkerrechtswidrig. Dies sind grundlegende Fakten, die nicht ignoriert werden dürfen.

Zudem unterstreicht die Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 2085 (2016) den völkerrechtswidrigen Zustand.

Der Deutsche Bundestag hat bereits in der 16. Wahlperiode die Bundesregierung aufgefordert, zur Befriedung der instabilen Lage in der Region Südkaukasus im Rahmen ihrer Möglichkeiten beizutragen und sich dafür einzusetzen, dass die den Berg-Karabach betreffenden Resolutionen der Vereinten Nationen, sowie die entsprechenden Beschlüsse und Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der OSZE von allen Parteien erfüllt werden, um so den Gefahren eines neues Konfliktausbruchs entgegenzuwirken. Der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 14. Mai 2009 hat nach wie vor Gültigkeit.

Die Vorstellung, dass es bei der Lösung des Berg-Karabach Konfliktes unter anderem zunächst um die Beendigung der Besetzung der sieben um Berg-Karabach liegenden aserbaidschanischen Provinzen und um die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat geht, wird von deutscher Seite geteilt. Ein erster Schritt zur Lösung des Konfliktes muss es sein, die Geltung des Völkerrechts unmissverständlich einzufordern und das Flüchtlingsproblem im Sinne des Rechts der Vertriebenen auf Rückkehr in ihre Heimat in Übereinstimmung mit den Menschenrechten zu lösen.

Eine friedvolle Lösung des Kaukasus-Konfliktes bedarf vieler Voraussetzungen. Eine ernstzunehmende Maßnahme ist für einen lösungsorientierten Ansatz die Geste des Bedauerns und des Mitgefühls der menschenunwürdigen Ereignisse in Chodschali. Dieses Vorgehen würde wichtige Schritte hin zu friedvollen Verhältnissen im Südkaukasus erzielen und zugleich den Menschen in Aserbaidschan, vor allem auch den Hinterbliebenen der Opfer, ein wegweisendes Signal mit weitreichender Wirkung geben.

Der 25. Jahrestag des Massakers bietet eine geeignete Gelegenheit, ein Zeichen zu senden, dass man der Opfer gedenkt – für Frieden und Aussöhnung.

Weitere Maßnahmen können hierauf aufbauen, denn Frieden und Entwicklung bedingen sich gegenseitig. Eine Annäherung auf wirtschaftlicher Ebene hat den Vorteil, das Miteinander sowohl im Südkaukasus als auch in Europa insgesamt zu stärken.

Stabilität im Südkaukasus ist für Deutschland und für Europa insgesamt von großem Interesse. Die drei südkaukasischen Länder bilden eine wichtige Verbindung Europas zu Zentral- und Südwestasien. Die Region kann als Förder- und Transitgebiet für fossile Energieträger aus dem kaspischen Raum eine wichtige Bedeutung für die Sicherheit der Energieversorgung Deutschlands und Europas spielen.

Wohlstand und zunehmende Zufriedenheit, die zum einen von der wirtschaftlichen Entwicklung und zum anderen von dem Bewusstsein, in friedlicher Nachbarschaft zusammenleben zu können, abhängen, bieten die Chance auf kulturelle und politische Stabilität und Weiterentwicklung der Südkaukasus-Region.“

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