Schlossherren und Burgfrauen in Italien gesucht

  24 Mai 2017    Gelesen: 887
Schlossherren und Burgfrauen in Italien gesucht
Italien verschenkt 103 seiner Schlösser und Burgen. Interessenten sollten jünger als 40 sein und Spaß am Renovieren haben. Und da ist auch schon der Haken...
Das Meer! Die Sonne! Der Wein! Und dieser bröckelnde Putz!

Schon Goethe schwärmte vom "Land, wo die Zitronen blühn" und "ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht".

Geraten auch Sie ins Schwärmen, wenn Sie an Italiens Dörfer und Provinznester denken? Dann haben wir da was für Sie: Das italienische Ministerium für Infrastruktur und Transport sucht zusammen mit der staatlichen Immobilienagentur Schlossherrinnen und -herren für 103 Immobilien. In einem deutschsprachigen Dossier zu der Aktion heißt es,

"... die nicht benutzten oder nicht benutzbaren Immobilien der öffentlichen Hand können kostenlos Unternehmen, Genossenschaften und Verbänden überlassen werden, die vorwiegend von Personen in einem Alter von bis zu vierzig Jahren zusammengesetzt sind".

Das Reizwort lautet hier natürlich "kostenlos". Aber Achtung: Es ist vor allem als Anreiz zu verstehen, Ihre Arbeitskraft und Ihr Geld zu investieren. Denn es geht eben um "nicht benutzte" oder sogar "nicht benutzbare Immobilien", sprich: Ruinen.

Deshalb wohl auch die Altersgrenze von 40 Jahren. Älteren trauen die Italiener die Schufterei schon gar nicht mehr zu. Bis Sie das Dach und die Fenster repariert haben, müssen Sie schließlich auch mit zugigen Nächten rechnen. Wer schon im muckeligen deutschen Büro immer Rücken hat, sollte sich die Bewerbung also noch mal überlegen.

Die Vision der Italiener:

"Bauernhäuser, Bahnhöfe, Schlösser und Villen werden zu Hostels, kleinen Hotels, Anlaufstellen für Touristen, Wanderer, Pilger und Radfahrer."

Das heißt, mit Ihrer neuen Bleibe bekommen Sie auch gleich einen neuen Vollzeitjob als Herbergsvater oder Kneipenwirt. Und hier versteckt sich leider auch schon der nächste Haken an der Sache: Sie müssen sich selbstständig machen und schauen, wie Sie über die Runden kommen. Aber hey, Sie zahlen immerhin keine Miete. Und wenn Sie einen grünen Daumen haben, können Sie sogar autark leben. Platz für Gemüsebeete gibt's jedenfalls genug.

Wer sich ans Renovieren machen darf, werde "mittels öffentlicher Verfahren ausgewählt", heißt es vom Ministerium. Das heißt: Sie müssen mit einem gut durchdachten Businessplan aufwarten und dieser wird unter anderem geprüft auf

"Umweltnachhaltigkeit, Energieeffizienz und touristische Chance".

Gut zu wissen in diesem Zusammenhang: Als Schlossherr, Leuchtturmwärterin oder Bahnhofsvorsteher sollen Sie Teil des Netzwerks "Cammini e Percorsi" ("Fußwege und Wanderrouten") werden. Alle 103 Immobilien liegen nämlich an "historisch relevanten Wanderwegen" oder in der Nähe von Fahrradrouten - die allerdings im Moment genau so brach liegen wie die Gebäude.

"Die Dauer der Konzession darf nicht länger als neun Jahre sein und kann, je nach den vom Konzessionsinhaber geleisteten Investitionskosten, für weitere neun Jahre verlängert werden."

Diesen Part kann man nun nach dem Prinzip des halbvollen und halbleeren Glases interpretieren: Ein Job für 18 Jahre? Wow, was für eine ungewohnte Planungssicherheit! Oder aber auch: Ach herrje, spätestens nach 18 Jahren bin ich arbeits- und obdachlos.

Welche Sichtweise Sie sympathischer finden, müssen Sie selbst entscheiden. Und lassen Sie sich dabei bloß nicht von Burgherrinnen U40 wie Anna Prinzessin von Hohenzollern aus dem Konzept bringen. "Es ist ein hartes Geschäft", klagt sie über die Verwaltung ihres Schlosses im rheinland-pfälzischen Andernach.

Aber der Job der Prinzessin steht schließlich unter umgekehrten Vorzeichen: Während sie darum kämpfen muss, dass ihr Schloss nicht zur Ruine verkommt, ziehen Sie ja gleich in die Ruine ein.

Bewerben können Sie sich noch bis zum 26. Juni.

Quelle : spiegel.de

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