Mann vom Baum erschlagen - Gewitter wüten über Nordosten

  23 Juni 2017    Gelesen: 1224
Mann vom Baum erschlagen - Gewitter wüten über Nordosten
Unwetter ziehen erst über dem Nordosten und erreichen dann Mitteldeutschland. Der Bahnverkehr kommt teils zum Erliegen. In Hamburg wird ein Tornado gesichtet. Ein Mann kommt ums Leben. Und der Sturm ist noch nicht überstanden.
Explosive Mischung am Himmel: Ein schweres Unwetter hat mit orkanartigen Sturmböen, Gewittern, Hagel und einem Tornado über dem Norden und Osten Deutschlands gewütet. Mindestens ein Mensch kam dabei ums Leben. Im Norden kam der Zugverkehr weitgehend zum Erliegen. Die Bahn stellt Schlafwagen für gestrandete Fahrgäste bereit. Am frühen Abend zogen Sturm und Gewitter nach weiter Richtung Osten und Süden, vor allem Sachsen-Anhalt und Brandenburg sind betroffen.

Ein 50-Jähriger wurde in der Nähe des niedersächsischen Uelzen in einem Auto von einem herabstürzenden Baum erschlagen. Die ebenfalls in dem Wagen sitzende Ehefrau des Getöteten erlitt leichte Verletzungen. Das Ehepaar hatte das Unwetter abwarten wollen, als heftige Windböen plötzlich mehrere Bäume umknickten. Dabei stürzte eine mehr als 60 Zentimeter dicke Eiche auf das Auto des Paars. Unweit des Unglücksortes wurde zudem eine Radfahrerin ebenfalls von einem umstürzenden Baum getroffen - und schwer verletzt.

In Hamburg beobachtete der Deutsche Wetterdienst einen kleinen Tornado. Laut DWD haben Meteorologen der Luftfahrtberatung den typischen "Luftschlauch" um 11.37 Uhr etwa zehn Kilometer vom Flughafen entfernt gesichtet. Der DWD-Tornado-Beauftragte Andreas Friedrich sagte, es habe sich allerdings um einen schwachen und nur kurzlebigen Tornado von wenigen Minuten gehandelt.

Mehrere ICE-Strecken lahmgelegt

Mehrere ICE-Strecken sind gesperrt. Der Zugverkehr ist auf den Fernverkehrsstrecken Hamburg - Hannover und Hamburg - Bremen unterbrochen, wie die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite schreibt. An mehreren Stellen waren Bäume auf die Gleise gestürzt, die Oberleitung wurde beschädigt. Die Strecken zwischen Bremen und Hamburg sowie Hannover und Hamburg bleiben voraussichtlich bis Freitagmorgen gesperrt, sagt die Bahn. Sperrungen gibt es auch weiterhin im Großraum Magdeburg.

Dagegen läuft der Verkehr wieder auf der Strecke von Hamburg und Hannover nach Berlin. Auch Wolfsburg und Braunschweig werden wieder angefahren. Für gestrandete Reisende hat die Bahn unter anderem in Hamburg, Hannover, Bremen und Kassel Züge mit Schlafwagen für die Nacht bereit gestellt.

Auch der Regionalverkehr steht vielerorts still. Beispielsweise ist in Niedersachsen die Strecke zwischen Hamburg-Neugraben und Stade gesperrt, weil dort ein Oberleitungsmast umgeknickt war. Das regionale Bahnunternehmen Metronom teilte mit, durch Unwetter und umgestürzte Bäume seien Strecken kaum oder nur mit großen Einschränkungen zu befahren. Betroffen seien die Linien von Uelzen, Bremen und Cuxhaven nach Hamburg.

Und auch auf Autobahnen gab es Probleme: Auf der A7 zwischen Hamburg und Hannover warnte die Verkehrsmanagementzentrale vor Gefahr durch umgestürzte Bäume. Ein umgestürzter Baum bremste auch den Verkehr auf der A1 zwischen Hamburg und Bremen aus.

In Berlin blieben an den Airports zeitweise einige Flugzeuge am Boden. In Magdeburg gab es nach Angaben der städtischen Werke eine Reihe von Stromausfällen.

"Der große Knall kommt wohl erst abends"

Mit dem Unwetter war es das noch nicht. Inzwischen bewegen sich in einer breiten Linie vom nördlichen Baden-Württemberg und der Eifel bis herüber nach Brandenburg und Sachsen etliche heftige Gewitterkomplexe.

"Neben Starkregen von bis an die 30 Liter pro Stunde mit Überflutungsgefahr sowie vielen Blitzen sind besonders die Gewitterböen gefährlich", sagt n-tv-Meteorologe Björn Alexander. "Denn vor allem jetzt im Sommer, wenn die Bäume voll belaubt sind, bieten die Äste eine große Angriffsfläche für die Windstöße, die zum Teil schon über 100km/h erreicht haben."

Windstöße mit Geschwindigkeiten von bis zu 106 Kilometern pro Stunde wurden in Hamburg gemessen. In Uelzen waren es 107 km/h. Noch heftiger stürmte es in Barleben in Sachsen-Anhalt. Dort wehte der Wind mit 113 km/h, in Dessau und Jessen mit 104 km/h. Aber auch in Berlin und Umland wurden Spitzenböen bis 90km/h gemessen.

In der Hauptstadt zog es sich am frühen Nachmittag zu - Wind und Regen zogen auf. Auf den Flughäfen in Berlin-Tegel und Schönefeld wurde der Flugverkehr vorübergehend eingeschränkt, inzwischen läuft er aber wieder. Die Berliner Feuerwehr rief den Ausnahmezustand aus. Es seien zahlreiche Notrufe eingegangen, nahe dem Olympiastadion stürzte ein Baum auf U-Bahngleise. In Brandenburg meldete die Polizei umgestürzte Bäume. "Sturmmäßig müssen wir uns auf was Größeres einstellen", sagt Alexander weiter. "Der große Knall kommt hier wahrscheinlich erst abends."

Sturmschäden mit großen Verwüstungen registrierte die Feuerwehr im Kreis Harburg südlich von Hamburg. Verletzte habe es nach ersten Erkenntnissen nicht gegeben, sagte Feuerwehrsprecher Matthias Köhlbrandt. Jedoch seien Dächer abgedeckt und Bäume umgeknickt worden.

Besucher des Musikfestivals "Hurricane" in Scheeßel bei Bremen mussten sich kurzzeitig wegen eines heftigen Platzregens in ihre Autos flüchten. Der Veranstalter bat anreisende Gäste, möglichst erst am Freitag zu kommen.

Im niedersächsischen Fliegenberg kamen mehrere Schafe ums Leben. Die Tiere hatten sich unter einen Baum geflüchtet. Der aber stürzte beim Unwetter um und erschlug sie. "Die Spuren sprechen ein deutliches Bild hier. Das war ein Tornado-Ereignis", sagte der Feuerwehrmann.

Schwitzen im Süden

Im Süden und Südwesten dagegen schwitzten die Menschen bei rekordverdächtiger Hitze und Tropen-Feeling. Um 16 Uhr waren es 36 Grad in Trier, Düsseldorf, Grevenbroich, Marl und Duisburg. Doch für den späteren Abend rechnen Meteorologen auch dort mit Unwettern.

Es könne Starkregen und Wind mit Orkanböen geben, sagte DWD-Meteorologe Thomas Ruppert. Das gelte weiterhin auch für viele andere Teile Deutschlands, vor allem den Norden und Osten. "Das wird uns auch noch abends und in der Nacht beschäftigen." Erst in den frühen Morgenstunden werde das Unwetter voraussichtlich abklingen.

Quelle: n-tv.de , jwu/dpa/rts

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