Unfall in Mali

  27 Juli 2017    Gelesen: 594
Unfall in Mali
Im Norden Malis ist ein Kampfhubschrauber der Bundeswehr abgestürzt. Nach SPIEGEL-Informationen deuten erste Zeugenaussagen auf einen technischen Defekt hin. Die beiden Piloten des "Tiger" hatten keine Überlebenschance.
Beim Absturz eines deutschen Kampfhubschraubers im Norden Malis sind am Mittwochmittag zwei Bundeswehr-Piloten getötet worden. Nach SPIEGEL-Informationen gibt es bisher keinerlei Anzeichen für einen Abschuss des "Tiger", der gemeinsam mit einer weiteren Maschine des gleichen Typs im Auftrag der Uno auf dem Weg zu einer Mission nördlich des Bundeswehr-Camps in Gao unterwegs war.

Vielmehr deutet alles auf einen technischen Defekt hin. Die beiden "Tiger" waren von der Uno am Mittwochvormittag für eine Mission angefordert worden, da sich nahe der Ortschaft Tabankort rund 150 Kilometer nördlich von Gao Gefechte abspielten. Der Absturz ereignete sich allerdings schon nach etwa 70 Kilometer Flug gegen 12 Uhr 20, lange bevor die Rotte von zwei Helikoptern das Zielgebiet erreicht hatte.

Die Fakten des fatalen Absturzes geben Kennern nach SPIEGEL-Informationen Rätsel auf. So berichtete der Pilot des zweiten "Tiger", der direkt hinter der Unglücks-Maschine flog, dass der verunglückte "Tiger" urplötzlich und ohne einen Notruf mit der Nase nach vorne abkippte und dann sofort im Sturzflug zu Boden ging. Die beiden Piloten hatten keine Überlebenschance.

Am späten Abend unterrichteten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und der stellvertretende Generalinspekteur den Verteidigungsausschuss über die ersten Erkenntnisse. Dabei gingen sie jedoch nicht auf Details ein und bestätigten nur die dürren Fakten: dass man am Unfallort die Leichen gefunden habe und dass ein Abschuss nach bisherigen Erkenntnissen ausgeschlossen werden könne.

Völlig ausgebranntes Wrack

Die Untersuchung des Unglücks soll nun der General Flugsicherheit der Bundeswehr übernehmen, schon morgen soll ein Team von Experten die gesicherte Absturzstelle besuchen. Bisher, so Bundeswehrkreise, wurde die "black box", die alle Flugbewegungen und Manöver aufzeichnet, in dem völlig ausgebrannten Wrack des "Tigers" noch nicht gefunden.

Verteidigungsministerin von der Leyen hatte wegen des Zwischenfalls am Nachmittag einen Termin ihrer Sommerreise unterbrochen. Es ist das erste Mal, dass in ihrer Amtszeit Soldaten der Bundeswehr bei einem Auslandseinsatz ums Leben gekommen sind. "Der Tod der Männer trifft uns alle tief", sagte von der Leyen am Abend, "ich verneige mich vor dem Leid und dem Opfer der beiden Soldaten."

Vier deutsche "Tiger"-Kampfhubschrauber unterstützen erst seit Anfang Mai die Uno-Mission Minusma zur Stabilisierung von Nord-Mali. Konkret schützen die gepanzerten Helikopter, die mit Luft-Boden-Raketen ausgestattet sind, Konvois und sollen bei Notfällen, also wenn Uno-Soldaten am Boden angegriffen werden, schnell eingreifen. Bisher hat es solche "scharfen" Einsätze noch nicht gegeben.

Uno befeuerte Spekulationen

In den Stunden nach den ersten Meldungen sorgte die Uno für reichlich Verwirrung. So befeuerte die Organisation mit Meldungen, die beiden Helikopter seien über einem Kampfgebiet unterwegs gewesen, weitere Spekulationen über einen Abschuss der Maschine. In Bundeswehrkreisen herrschte über diese Kommunikationspolitik Kopfschütteln.

Gleichsam unterstreicht der Vorfall erneut, wie gefährlich die Mission ist. Nord-Mali war 2012 vorübergehend in die Hände islamistischer Extremisten und anderer Rebellengruppen gefallen, sie konnten aber nach einer Intervention französischer Streitkräfte zurückgedrängt werden. Seitdem müht sich die Uno ohne großen Erfolg, die Region zu stabilisieren und einen fragilen Friedenspakt durchzusetzen.

Die Bundeswehr ist über die Jahre Schritt für Schritt in einen immer robusteren Einsatz in Mali geschlittert. Zog man vor Jahren zunächst in einer Ausbildungsmission fernab vom Krisenzentrum nach Afrika, übernahm die Bundesregierung in den letzten Jahren immer neue Aufgaben und stationierte dann auch Soldaten im umkämpften Norden.

Als letzten Schritt sagte Berlin dann 2016 den Einsatz von deutschen Kampfhubschraubern in Mali zu. Der Einsatz war in Deutschland hoch umstritten. Allerdings sah sich die Bundesregierung nach diversen Ankündigungen, weltweit mehr Verantwortung zu übernehmen, in der Pflicht. Dem Parlament garantierte man, dass die Mission nur ein Jahr dauern soll.

Sind die Helikopter für den Wüsteneinsatz geeignet?

Der fatale Absturz dürfte auch Diskussionen ankurbeln, ob die deutschen Helikopter für den Einsatz in der Wüste Malis geeignet sind. Denn obwohl der "Tiger" eines der modernsten Kampfgeräte der Truppe ist, gab es Zweifel, ob er bereits einsatzreif ist. So sind die "Tiger" für extrem heiße Temperaturen nicht ausgelegt. Kurz vor dem Einsatz wurde eine entsprechende Ausnahmeregelung unterschrieben.

Die Bundeswehr schloss einen Zusammenhang mit hohen Temperaturen vorerst aus. Demnach war es in Gao am Mittwoch mit nur 36 Grad vergleichsweise kühl. Eine genaue Untersuchung soll nun zeigen, was den fatalen Crash ausgelöst hat. Vorerst sollen die verbliebenen "Tiger"-Helikopter am Boden bleiben, hieß es bei der Bundeswehr.

Grundsätzlich ist der "Tiger" einer der modernsten Kampfhubschrauber, den es auf dem Markt gibt. Die Besatzung des 14 Meter langen Helikopters besteht aus einem Piloten, direkt hinter ihm sitzt der Schütze, der sowohl Panzerabwehrraketen oder aus schweren Maschinengewehren feuern kann. Gerade für spontane Einätze ist der "Tiger" gut geeignet, da er rund 300 Stundenkilometer schnell fliegen kann.

Quelle : spiegel.de

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