Parlament gegen Premier

  04 September 2019    Gelesen: 437
Parlament gegen Premier

Das britische Unterhaus kehrt heute vorübergehend aus der Sommerpause zurück und nimmt seine Arbeit auf. Dabei dürfte es zum Machtkampf mit Premierminister Johnson kommen. Abgeordnete seiner konservativen Partei und der Opposition wollen einen EU-Austritt ohne Abkommen verhindern. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und parlamentarische Regeln.

Seit Tagen bemühen sich zwei ehemals führende konservative Politiker in den eigenen Reihen um Unterstützung für den Plan, Premierminister Johnson einen No-Deal-Brexit unmöglich zu machen. Der ehemalige Finanzminister Hammond und Ex-Justizminister Gauke haben eine kleine Gruppe von etwa 20 Abgeordneten um sich gesammelt. Fraglich ist, ob sich diese Konservativen im Parlament mit Oppositionsführer Corbyn gegen Johnson verbünden. Denn der Premier droht Abtrünnigen in diesem Fall mit einem Parteiausschluss.

„Notfall-Debatte“ im Parlament

Corbyns Labour-Fraktion will Berichten aus London zufolge heute Nachmittag zunächst eine sogenannte Notfall-Debatte beantragen. Sie soll dazu dienen, einen Aufschub der Brexit-Frist im Unterhaus zu erörtern. Der Plan der Opposition sieht vor, dann einen Gesetzentwurf einzubringen, der Premier Johnson dazu zwingen würde, eine weitere Verschiebung des EU-Austritts um drei Monate zu beantragen.

Was Johnson helfen könnte

Das will Johnson auf keinen Fall. Er plant den EU-Austritt Ende Oktober ohne „ifs or buts“, also mit oder ohne Abkommen. Dabei könnte ihm helfen, dass die Verabschiedung von Gesetzen im Unterhaus üblicherweise dauert. Jede Gesetzesvorlage bedarf zweier Lesungen; bei einer muss zwingend eine Debatte erfolgen. Danach tritt der Entwurf in eine sogenannte Komiteephase ein, in der jede einzelne Klausel geprüft wird. Schließlich folgt ein ähnliches Prozedere im Oberhaus. Ein zähes Geschäft. 

Die Nachrichtenagentur Associated Press zitiert die Webseite des Parlaments: „Sämtliche vorgeschlagenen Änderungen müssen berücksichtigt werden, wenn ein Mitglied es wünscht, und Mitglieder können über ein Thema solange debattieren, wie sie wollen.“ Und ja, am Ende muss die Queen noch ihre „königliche Billigung“ geben. Das wenigstens ist eine Formsache.

Wenig Zeit für die Gegner eines No-Deal-Brexits

Ein Spiel auf Zeit, die knapp bemessen ist: Die vom Regierungschef verordnete Zwangspause des Parlaments könnte schon am 9. September beginnen. Dann sind die Abgeordneten ihrer Handlungsmöglichkeiten beraubt. In Brüssel stellt man sich Korrespondentenberichten (Audio) zufolge weiterhin auf einen „No-Deal-Brexit“ ein.

Johnson droht mit Neuwahl

Dennoch besteht die Chance, dass sich die Gegner eines No-Deal-Brexits gegen Johnson durchsetzen. Es wird spekuliert, dass der Regierungschef in diesem Fall eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments anstrebt. Auch ein Termin ist nach übereinstimmenden Medienberichten bereits im Gespräch: Montag, 14. Oktober.


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