Weltklimarat ringt länger als geplant um neuen Bericht

  20 März 2023    Gelesen: 667
 Weltklimarat ringt länger als geplant um neuen Bericht

Tagelang diskutieren Vertreter aus Wissenschaft und Politik über den neuesten Bericht des Weltklimarats. Mit zwei Tagen Verspätung werden die Ergebnisse nun am Nachmittag verkündet. Ein Forscher aus Deutschland glaubt, dass die Regierungen den Erkenntnissen ausreichend Beachtung schenken.

Der neue Bericht des Weltklimarats soll der Welt die Gefahren und Risiken noch einmal vor Augen führen, die ohne wesentlich stärkere Anstrengungen gegen den Klimawandel drohen. Das Gremium präsentiert um 14.00 Uhr in Interlaken in der Schweiz seinen Synthesebericht. Wie schon vorher deutlich gemacht, muss die Welt sich ohne drastische und sofortige Emissionssenkungen auf noch mehr verheerende Extremwetterereignisse einstellen, als es ohnehin schon gibt, und auf immense Schadenssummen.

Das neue Dokument fasst die sechs seit 2018 erstellten Berichte des Weltklimarats (IPCC) zusammen. Neuere wissenschaftliche Studien sind darin nicht berücksichtigt. "Aber seitdem ist auch nichts Bahnbrechendes passiert", sagt Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Er hat an mehreren Berichten des Weltklimarats mitgewirkt, ist aber an diesem Bericht nicht beteiligt gewesen.

Dieser Synthesebericht ist eine der Grundlagen für kommende Klimaverhandlungen, deshalb haben Regierungen klare Interessen, was sie darin betont sehen wollen und was nicht. Sie müssen die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstellten Berichte einstimmig absegnen, denn der Weltklimarat (IPCC) ist eine zwischenstaatliche Einrichtung mit 195 Mitgliedsländern. Das Ringen um die Texte ist zäh, aber was schließlich verabschiedet wird, hat Bestand. So haben die über 600 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Politik seit vergangenem Montag Zeile für Zeile des Dokuments erörtert. Die Beratungen hätten schon Freitag enden sollen, dauerten aber bis Sonntagabend.

Deutscher Forscher pessimistisch

Die Kernaussagen sind bereits klar: der Klimawandel schreitet rascher voran als erwartet und die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, um die Erwärmung auf 1,5 oder zumindest auf weniger als 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Ärmere Länder brauchen viel mehr finanzielle Unterstützung, um klimaschädliche Emissionen zu vermeiden und sich für die bereits stark gestiegenen Risiken von Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen zu wappnen.

"Was darin steht, ist wissenschaftlich gesetzt, das wird nicht mehr in Frage gestellt", sagte Marotzke. "Was daraus gemacht wird, ist eine andere Frage." Er ist nach eigenen Angaben pessimistisch, dass die Regierungen nun tun, was dringend nötig ist: die Emissionen schnellstens massiv senken. "Die Haltung ist oft: warum soll ich mich anstrengen, wenn andere es nicht tun?" Das sei aber fatal. "Das ist ein extrem schweres Kooperationsproblem."

Das Gremium mit Sitz in Genf wird seit 2015 von dem Südkoreaner Hoesung Lee geleitet. An den IPCC-Berichten arbeiten tausende Wissenschaftler mit, darunter neben Klima- und Meeresforschern auch Statistiker, Ökonomen, Sozialwissenschaftler und Gesundheitsexperten. Der IPCC betreibt keine eigene Forschung zum Klimawandel, sondern wertet tausende Studien aus und fasst die zentralen Erkenntnisse daraus zusammen.

Zwei Forscher aus Deutschland beteiligt

Die verwendeten Studien haben im Regelfall das sogenannte Peer-Review-Verfahren durchlaufen - sind also von anderen Wissenschaftlern begutachtet worden. Zudem können mehrere tausend beim IPCC registrierte wissenschaftliche Gutachter zu allen Aussagen in den Berichten Kommentare oder Kritik einreichen, die alle geprüft werden müssen.

Das Kernteam, das die nun vorliegende Synthese aus allen drei Teilen des sechsten Sachstandsberichts des IPCC verfasst hat, besteht aus 30 Wissenschaftlern und neun Gutachtern. Aus Deutschland sind zwei Experten beteiligt: der Geograf Matthias Garschagen von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Quelle: ntv.de, spl/dpa


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