Sommer in New York heißt oftmals drückende Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und Winterpullover. Denn während draußen zwischen den Wolkenkratzern Manhattans die Temperaturen oft auf über 30 Grad steigen, die Stadtverwaltung immer wieder Hitze-Warnungen verkündet und dringend zum Wassertrinken rät, bibbern die Mitarbeiter in vielen Bürogebäuden in eiskalter Klimaanlagenluft.
„Ich friere!“
„Ich trage kurze Hosen und in meinem Büro sind es 15 Grad. Ich friere!“, schreibt ein New Yorker beim Kurznachrichtendienst Twitter. Andere veröffentlichen Fotos von sich mit Handschuhen am Computer oder eingepackt in dicke Decken und Pullover bei der Arbeit. „Ich werde mir wohl warme Suppe zum Mittagessen holen müssen“, nimmt es eine New Yorkerin mit Humor und ein anderer Twitter-Nutzer bringt es auf den Punkt: „Der Sommer ist in New York angekommen, das bedeutet, dass ich wieder einen Pulli ins Büro anziehen muss.“
Die Amerikaner gelten als Klimaanlagen-verrückt und in kaum einer Stadt wird das so deutlich wie in der Millionenmetropole New York. Mehr als 500.000 Klimasysteme für ganze Gebäude und rund sechs Millionen Blockgeräte, die in Fenster eingebaut werden, seien im Großraum der Stadt in Betrieb, berichtet die „New York Times“ unter Berufung auf den Energieversorger ConEd. Die Zahl steige jedes Jahr um rund sechs Prozent an. Viele Geräte werden schlecht gewartet und gelten als Bakterienschleudern. Eines der aus den Fenstern hängenden und ständig leckenden Klimamodule auf den Kopf zu bekommen, gilt unter New Yorkern als Ur-Angst.
Der in 2014 hohe Ausstoß von 49 Millionen Tonnen Treibhaus, wovon der größte Teil durch Klimaanlagen erzeugt wird, soll bis 2050 drastisch gesenkt werden. So sollen es in knapp 35 Jahren nur noch rund 11 Millionen Tonnen sein, das ist die ehrgeizige Zielvorgabe von Bürgermeister Bill de Blasio. Aber davon sei die Stadt aktuell noch weit entfernt, sagt Lee. Alle Gebäude der Stadtverwaltung werden inzwischen nur noch auf 25 Grad Celsius abgekühlt. Auch die Vereinten Nationen verkündeten für ihr Hauptquartier am East River schon vor einigen Jahren eine entsprechende Initiative.
Klimaanlagen-Boom seit achtziger und neunziger Jahren
Die Klimaanlagen-Verrücktheit der Amerikaner sei historisch gewachsen, erklärt der Wissenschaftler Stan Cox, der 2010 zu dem Thema das Buch „Losing Our Cool“ veröffentlichte. Erfunden Anfang des 20. Jahrhunderts von einem amerikanische Ingenieur namens Willis Carrier sei die Technik zunächst hauptsächlich in der Industrie benutzt worden. In den 1930er Jahren kamen Kinosäle hinzu, in den 50ern Bürogebäude. Noch 1960 besaßen nur rund zwölf Prozent aller Haushalte in den Vereinigten Staaten Klimaanlagen und die lagen hauptsächlich im warmen Süden. Dort habe die Technik die Massenbesiedlung vielerorts überhaupt erst möglich gemacht, sagt Cox. „Ohne Klimaanlagen hätte der Süden nicht so wachsen, entwickelt und urbanisiert werden können, wie das in den vergangenen 50 Jahren geschehen ist.“
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