Referendum bringt die Türkei effektiv voran – „Proteste normal“

  20 April 2017    Gelesen: 1006
Referendum bringt die Türkei effektiv voran – „Proteste normal“
Das Referendum vom 16. April wird die Türkei politisch stabilisieren. So sieht es zumindest Haluk Yildiz, Vorsitzender der deutsch-türkischen Partei „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (BIG-Partei). Sie gilt als der türkischen Regierungspartei AKP nahe stehend. Yildiz meint, dass das Ergebnis des Referendums das Land voranbringe.
Der deutsch-türkische Politiker bezeichnete es im Gespräch mit Sputnik als normal, dass es Proteste gegen das Abstimmungsergebnis gibt. „Nach 94 Jahren ist ein Systemwechsel für keine Gesellschaft so einfach zu verdauen. Insofern wird es Proteste geben, aber ich denke mit der Zeit wird sich das auch legen und legen müssen.“ Das Ergebnis mit einer knappen Mehrheit für „Ja“ sehe er nicht als Problem. „Angela Merkel wurde mit 41 Prozent gewählt, das heißt 59 Prozent waren gegen sie“, erinnerte Yildiz an deutsche Ergebnisse. „Da redet auch keiner von einer Spaltung.“

Die Regierung in Ankara sei nun gefordert, das Präsidialsystem „richtig umzusetzen und zu implementieren“. Für den BIG-Chef ist die Botschaft der Abstimmung: „Macht bloß keine Fehler, weil das ein knappes Ergebnis ist. In fünf Jahren kann es ganz anders aussehen.“

„Kritische Haltung ist berechtigt“ – Keine Manipulationen

Yildiz widersprach den Manipulationsvorwürfen, die die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) nicht bestätigt habe. Er bezeichnete Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei und am 16. April als Wahlbeobachter in der Türkei dabei, als Propagandisten der kurdischen PKK. „Die Linkspartei ist ja mittlerweile sozusagen zu einem Sprachrohr der PKK in Europa geworden.“ Berichte von Hunko und anderen Wahlbeobachtern über Druck auf die Abstimmenden bezeichnete der deutsch-türkische Politiker als „Einzelgeschichten“.

Während des Referendums galt der Ausnahmezustand in der Türkei weiter. „Ich fand das sehr gut“, kommentierte Yildiz, „weil wir zum ersten Mal, im Osten und Süd-Osten der Türkei, reale Stimmen haben“. Bisher hätten die Menschen dort bei Wahlen Angst vor dem Druck der PKK gehabt, von der sie bedroht worden seien. „Das konnte die PKK diesmal nicht, weil natürlich ihre Gebiete zurzeit sehr stark unter der Kontrolle des türkischen Militärs stehen.“

Für den BIG-Vorsitzenden ist nicht überraschend, dass in den drei größten Städten Istanbul, Ankara und Izmir das Nein-Lager vorne lag. Diese Kritiker seien nicht gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan, sondern würden befürchten, dass das angestrebte Präsidialsystem „in falsche Hände“ gelangen könnte. „Insofern denke ich, ist diese kritische Haltung sehr berechtigt, aber letztendlich entscheidet das Gesamtergebnis. Und das Volk hat ja so knapp auch nicht entschieden. Es sind immerhin drei Prozent Vorsprung.“
Der Politiker widersprach der Analyse, dass vor allem die in der Bundesrepublik lebenden wahlberechtigten Türken das Ergebnis beeinflusst hätten. „Die Differenz bei dem Referendum in Deutschland war ungefähr 100.000 Stimmen der Ja-Sager mehr. Wenn wir nun insgesamt 1,4 Millionen Differenz haben, kann man nicht sagen, die Deutsch-Türken hätten das Ergebnis bestimmt.“

Stimmungsmache in Deutschland – Hoffnung für die Türkei

Yildiz kritisierte die Berichterstattung deutscher Medien über das Referendum als „sehr, sehr verzerrt und sehr miserabel“. „Es gibt eine sehr starke Verleumdungskampagne gegen Präsident Erdogan und gegen die türkische Staatsführung.“ Es gebe viele Falschbehauptungen und falsche Informationen. Das habe auch Folgen für die in Deutschland lebenden Türken, so der BIG-Chef. Türkischstämmigen Geschäftsleuten würden sogar Aufträge gekündigt, behauptete er, weil ihnen unterstellt werde, sie seien Erdogan-Anhänger.

Der deutsch-türkische Politiker blickt nach dem Referendum optimistisch in die Zukunft des Landes: „Denn die Gewaltenteilung wird gestärkt. Die Judikative wird unabhängiger. Die Legislative muss sich sozusagen auf ihren Kern, auf die Gesetzgebung konzentrieren. Die Staatsführung muss gut arbeiten, damit die Legislative letztendlich auch die Gesetze bestätigt. Der Staatspräsident kann ja keine Gesetze erlassen. Das kann ja nur das Parlament.“

Schwierigkeiten bei einem „Systemwechsel, der nicht jeden Tag passiert“ seien normal. „Aber ich denke, dass eben durch diese Einmann-Staatsführung die Dinge effektiver werden.“ Koalitionen würden auf Dauer nicht funktionieren, so Yildiz: „Es gab in den 94 Jahren der türkischen Demokratie 65 Wahlen. Also 65 verschiedene Koalitionen. Das hat dem Land eher geschadet. Und mit diesem Gesetz ist die Zeit der Koalitionsära eigentlich vorbei.“

Quelle : sputnik.de

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