Diese Milliardäre könnten Trump stürzen

  13 Auqust 2018    Gelesen: 1159
Diese Milliardäre könnten Trump stürzen

Die Koch-Brüder haben die Republikaner mit hunderten Millionen Dollar gefüttert. Doch nun wenden sich die ultrakonservativen Mega-Spender wegen Trumps Handelskrieg von der Partei ab. Es ist ein Warnschuss für den Mann im Weißen Haus.

Es ist Zeit, die rote Kappe abzunehmen. Die rote Kappe, die Donald Trump im Wahlkampf ständig getragen hat, die mit dem Slogan "Make America Great Again!" Das ist die unterschwellige Botschaft des Farmers, als er in dem TV-Spot seine rote Mütze absetzt. Die Bauern wollten "Trade not Aid", Handel statt Finanzhilfen, fordert der Erzähler. Dann folgt die direkte Attacke auf Donald Trump: "Sagt der Regierung und dem Kongress: Öffnet die Märkte und beendet die Zölle!"

Immer mehr Firmen in den USA lehnen sich inzwischen gegen Donalds Trumps Handelskrieg mit der EU und China auf. Es ist also nicht so sehr die Botschaft des Anti-Trump-Spots, die verblüfft, als vielmehr, von wem sie kommt: den Milliardären Charles und David Koch, den größten Geldgebern von Donald Trumps Republikanern.

Mehr als ein Jahrzehnt lang hat die Industriellen-Dynastie die Schecks für den Widerstand gegen Barack Obama und die Demokraten geschrieben. Faktisch im Alleingang haben die Brüder die radikale Tea Party finanziert, die mit ihrem Ruf nach ausgeglichenen Haushalten und Steuersenkungen die Obama-Administration mehrfach an den Rand des Zusammenbruchs brachte.

Jahr für Jahr schütten sie hunderte Millionen Dollar in die US-Politik. Das Geld landet fast ausschließlich in den Taschen der Republikaner. Bisher jedenfalls. Denn nun bedroht Trumps Protektionismus zunehmend auch die Interessen des Koch-Imperiums. Schon im Präsidentschaftswahlkampf 2016 spendeten sie ihm keinen Cent. Doch statt ihn wie bisher einfach links liegen zu lassen, machen die einflussreichsten Spender der US-Politik nun offen gegen die Politik des Präsidenten mobil - und seine Anhänger.

Es ist ein Kampf um die Seele der US-amerikanischen Konservativen. "Es gibt keine republikanische Partei. Es gibt eine Trump-Partei. Die republikanische Partei hält irgendwo ein Nickerchen", mahnt ihr ehemaliger Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, John Boehner. Die Trump-Claqueure haben ihre Basis erobert. Sie hetzen gegen Migranten, rufen nach Schutzzöllen und gigantischen Militärausgaben. Mit den Zielen der Koch-Brüder und traditioneller Republikaner - Freihandel, schlankem Staat und globalen Allianzen - haben sie nichts mehr am Hut.

Der Konflikt zwischen dem unternehmerfreundlichen republikanischen Establishment und Trumps populistischem Wirtschaftsnationalismus schwelt schon lange. Nun droht er offen auszubrechen. Eskaliert die Fehde, könnte sie Trumps Machtbasis im Kongress empfindlich schwächen. Denn die Koch-Brüder halten nicht länger still. Sie gehen nun offenbar in die Offensive gegen Trumps Protektionismus.

Attacke auf Trumps Basis


Er "bedauere", einige Republikaner unterstützt zu haben, die sagten, "sie werden für unsere Prinzipien sein und sind es nicht", sagte Charles Koch Ende Juli in einem seltenen Interview bei der Tagung seines Netzwerks. Ab sofort werde man "sehr viel strenger" prüfen, wen man unterstütze. Die Republikaner dürften das Netzwerk der Koch-Brüder nicht mehr für selbstverständlich hinnehmen, warnte seine Sprecherin. "Wenn Sie ein Republikaner sind, der für das schlechteste Haushaltsgesetz in der Geschichte gestimmt hat, können Sie sich darauf verlassen, dass wir Sie zur Verantwortung ziehen werden."

Sogar für die Unterstützung von Demokraten, die ihre Agenda teilen, sind die Brüder nun offen. "Es ist mir egal, welche Initialen vor oder hinter einem Namen stehen", warnte Charles Koch. "Wenn Sie ein Demokrat sind und genug Stimmen sammeln für eine Finanzreform, die die Grenzen für Banken und Familien einreißt, können Sie sicher sein, dass wir mit Ihnen arbeiten werden", konkretisierte seine Sprecherin.

Dass es den Kochs ernst ist, haben sie bereits gezeigt. In einem TV-Spot bedankten sie sich kürzlich bei der demokratischen Senatorin Heidi Heitkamp, die im konservativen North Dakota um ihre Wiederwahl kämpft, für deren Stimme bei der Lockerung der Bankengesetze der Obama-Ära. Gleichzeitig haben sie angekündigt, Heitkamps republikanischen Herausforderer Kevin Cramer nicht zu unterstützen. Denn der steht voll hinter Trump und seiner Zollpolitik. In Pennsylvania schaltet das Koch-Netzwerk sogar Negativ-Werbung gegen den Republikaner Lou Barletta, einen Trump-Liebling, der den demokratischen Senator Bob Casey ablösen will. Und auch aus weiteren heißen Senatsrennen hält sich das Netzwerk heraus.

Dabei könnte Trump jede Hilfe der Koch-Brüder bei den Zwischenwahlen im Herbst und auch bei seiner Wiederwahl 2020 gut gebrauchen. Um die Kontrolle über das Repräsentantenhaus zu erringen, müssen die Demokraten im November 23 zusätzliche Sitze im Abgeordnetenhaus erobern. Laut Larry Sabato, einem der profiliertesten US-Wahlforscher, hat die Partei des Amtsinhabers bei den Zwischenwahlen seit dem Zweiten Weltkrieg im Schnitt 26 Sitze verloren. Etwa 60 Wahlbezirke gelten inzwischen als umkämpft - und fast alle sind bislang republikanische Distrikte.

Ein sicheres Zeichen, dass auch Trump sich deswegen sorgt, war seine typische Twitter-Reaktion auf die Kampfansage der Koch-Brüder. Sie seien "in echten republikanischen Zirkeln zu einem völligen Witz geworden", verhöhnte der Präsident die Milliardäre. "Ich brauche ihr Geld oder ihre schlechten Ideen nicht. Ihr Netzwerk wird völlig überschätzt, ich habe sie bei jeder Gelegenheit geschlagen. Sie wollen ihre Firmen außerhalb der USA vor Steuern schützen, ich bin für America First und die amerikanischen Arbeiter - eine Marionette von niemandem!"

Von der Pipeline bis zum Papierbecher

Trotz ihrer offenen Fehde können die rechten Strippenzieher eigentlich zufrieden mit Trump sein. Auch wenn sie seinen Wahlkampf nicht unterstützt haben: Sie profitieren massiv von seiner Politik. Laut Schätzungen des US-Think-Tanks "Americans for Tax Fairness" bringt Trumps Steuerreform den Koch-Brüdern und ihren Firmen mehr als eine Milliarde Dollar ein - jedes Jahr.

Ihr multinationales Milliardenimperium reicht von Ölraffinerien, Chemiefirmen und Rinderfarmen über den Handel mit Metallen und Energie bis zur Produktion von Stoffen, Dünger, Elektro-Komponenten, Glas, Papierbechern und Teppichen. Es ist in über 60 Ländern weltweit aktiv, unter anderem in Deutschland, China, Russland, Südkorea, Japan, Thailand und Singapur.

Die Ursprünge der Koch-Gruppe liegen in Kansas. Dort erfand der Vater von Charles und David Koch, ein Nachkomme holländischer Einwanderer, in den 1920er-Jahren ein neuartiges Verfahren zur Ölraffination. Er ging mit dem Verfahren in die Sowjetunion und half auch den Nazis, eine der größten Raffinerien des "Dritten Reichs" in Hamburg zu bauen. Dann flüchtete er vor dem Stalin-Terror zurück in die USA. Es war das politische Erweckungserlebnis der Dynastie. Seitdem engagiert sie sich stramm antikommunistisch und ultrakonservativ.

Seit den 1960er-Jahren lenkten die beiden Brüder die Firma gemeinsam. Schon in den 1980er-Jahren engagierten sie sich politisch. Damals waren sie die wichtigsten Finanziers der Libertären Partei. David Koch kandidierte damals sogar als ihr Vizepräsident; sprach sich für die Abschaffung aller Steuern, der Limits für Parteispenden und staatlicher Sozialprogramme aus. Mitte des Jahres setzte er sich aus gesundheitlichen Gründen zur Ruhe. Seitdem führt sein älterer Bruder Charles die Geschäfte allein weiter.

Kreuzzug der Superreichen


Die Koch-Gruppe ist inzwischen die zweitgrößte US-Firma in Privatbesitz, öffentliche Rechenschaftsberichte über ihre Finanzen gibt es nicht. Das US-Magazin "Forbes" schätzt das gemeinsame Vermögen der Brüder auf 120 Milliarden Dollar. Mit Amazon-Chef Jeff Bezos und Microsoft-Gründer Bill Gates gehören sie zu den zehn reichsten Menschen der Erde.

Doch die Koch-Brüder pumpen nicht nur selbst Unmengen Geld in die US-Politik. Ihr Netzwerk umfasst inzwischen hunderte superreiche Familien, die jeweils mindestens 100.000 Dollar jährlich springen lassen. Die Kochs haben die Milliardäre der USA für einen Kreuzzug gegen den Staat mobilisiert. Und sie haben eine politische Basisorganisation geschaffen, um ihre Interessen durchzusetzen.

Sie schalten nicht nur Online-Werbung und TV-Spots. Ihre Wahlkampfaktivisten gehen von Tür zu Tür. Mit dem Cato Institute, der Heritage Foundation und dem American Enterprise Institute haben sie Think Tanks gegründet, die den intellektuellen Rahmen für ihre Ideen liefern. Kurz: Der politische Arm der Koch-Brüder ist zu einem extrem effizienten Werkzeug für politische Kampagnen gereift.

Ihre schärfsten Kritiker werfen ihnen schon lange vor, dass es ihnen eigentlich nicht um Politik, sondern bloß ums Geld geht. "Ich glaube wirklich, dass den Koch-Brüdern die Demokratie egal ist. Unser Land wird durch das große Geld korrumpiert. Und die Koch-Brüder sind die größten der Großspender", sagte der demokratische Ex-Gouverneur von Vermont, Howard Dean, kürzlich dem US-Sender MSNBC. "An ihrem Engagement ist nichts Konservatives. Die Koch-Brüder machen, was gut für die Koch-Brüder ist. Sie haben kein fundamentales Interesse an der Zukunft unseres Landes, abgesehen davon, wie sie sich auf ihren Geldbeutel auswirkt."

Womöglich ist das der Grund, warum sich die Koch-Brüder am Ende vielleicht doch mit Trump zusammenraufen werden. Bei vielen Themen sind sie eigentlich einer Meinung mit dem Präsidenten: niedrigere Steuern für Konzerne, freier Wettbewerb, Deregulierung und laxere Umweltgesetze. Eine demokratische Kongressmehrheit oder ein demokratischer Präsident, der die Steuern für Reiche und Konzerne wieder anhebt, sind für ihre Profite eine größere Gefahr.

Auch in diesem Wahlkampfjahr wollen die Kochs wieder fast 400 Millionen Dollar ausgeben. Noch ist unklar, wie dauerhaft der Bruch mit den Anhängern des Präsidenten ist. Langfristig ist Trump für die Koch-Brüder wohl das kleinere Übel. Sollten sie der republikanischen Basis aber noch weiter den Geldhahn zudrehen, könnte es eng für ihn werden.

Quelle: n-tv.de


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