Neonazi-Liederabende in sächsischen Schrebergärten

  11 Oktober 2018    Gelesen: 934
Neonazi-Liederabende in sächsischen Schrebergärten

Die Neonazi-Szene in Sachsen soll verstärkt Schrebergärten als Treffpunkte und Veranstaltungsorte nutzen. Vor allem Treffen im kleinen Kreis oder „Liedermacher“-Konzerte im Sommer sind demnach beliebt auf den Datschen einschlägig bekannter Szenegrößen.

Seit 2014 gab es insgesamt 52 neonazistische Aktivitäten in sächsischen Kleingärten – teils mit über 100 Teilnehmern. Diese Zahlen gehen aus der Antwort von Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) auf eine Anfrage von Valentin Lippmann von den sächsischen Grünen hervor. Der Schwerpunkt dieser Treffen lag in den vergangenen Jahren meist im Raum Dresden. In diesem Jahr scheint die Szene aber weiter Richtung Leipzig und in die Provinz umgezogen zu sein. 2018 wurden bisher acht solcher Treffen in Schrebergärten im Landkreis Nordsachsen, in Leipzig, im Landkreis Mittelsachsen und im Landkreis Zwickau registriert. Die Dunkelziffer liegt womöglich höher.

Liederabende auf der Datscha

Zum überwiegenden Teil handelte es sich dabei um Treffen und Partys von Szeneangehörigen, die selbst Gartengrundstücke besitzen, wie aus der Antwort des Innenministers hervorgeht.

Es fanden jedoch auch sechs Liederabende beziehungsweise Konzerte und ein „Zeitzeugenvortrag“ mit bis zu 160 Teilnehmenden statt. „Im Landkreis Mittelsachsen fand in einem Schrebergarten ein Auftritt des rechtsextremen Liedermachers ‚FreilichFrei‘ statt“, so Minister Wöller.

Kleingärten als Rückzugsraum

Da sich die Schrebergärten in Privatbesitz befinden, ist die Handhabe durch die Justiz schwierig. In dem Schreiben des Innenministers heißt es, „dass insbesondere im Eigentum einzelner Rechtsextremisten oder deren Familienangehöriger befindliche Gartengrundstücke weiterhin durch diese genutzt werden.“

Hierzu erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag: „Offensichtlich sehen Neonazis in Kleingärten zunehmend einen Rückzugsraum für sich und ihre Aktivitäten. Öffentliche Veranstaltungen wie Konzerte mobilisieren dabei eine dreistellige Zahl an Teilnehmern. Gerade solche Konzerte und Partys halten die Szene zusammen und dienen der weiteren Radikalisierung.“

Nur ein sächsisches Phänomen?

Ob dieser Trend nur ein rein sächsisches Phänomen ist oder auch in anderen Ballungsräumen mit einer hohen Kleingärtendichte zunimmt, ist bislang nicht bekannt. In Sachsen scheint sich jedoch bereits der Verfassungsschutz mit dem neuen Trend der rechten Liederabende und Datschenpartys zu beschäftigen. In der Mitteilung des sächsischen Innenministers heißt es entsprechend:

„Zu den anderen Veranstaltungen liegen Erkenntnisse vor, die aus Gründen der Geheimhaltung nicht mitgeteilt werden können.“

sputniknews


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