Demonstrierenden Schülern drohen Fehlstunden im Zeugnis

  22 Februar 2019    Gelesen: 964
Demonstrierenden Schülern drohen Fehlstunden im Zeugnis

Eine neue Runde "Fridays for Future": Den Schülern erfahren viel Sympathie – doch die meisten Berliner Schulen tragen trotzdem unentschuldigte Fehlzeiten ein.

Seit Wochen demonstrieren Schüler freitags für mehr Klimaschutz – und gehen in dieser Zeit nicht in den Unterricht. Vorbild der „Fridays for Future“-Bewegung ist die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg. Beim bisher größten Schülerstreik in Berlin am 25. Januar waren mehrere tausend junge Menschen auf der Straße, am vergangenen Freitag waren es nach Angaben von Organisatorin Luisa Neubauer rund 1000 Schüler. Das Ganze ist also keine einmalige Sache, und so stellt sich die Frage, wie die Schulen damit umgehen, wenn Schüler mehr oder weniger regelmäßig Unterricht versäumen. Denn schließlich gilt die Schulpflicht.

Grundsätzlich wird den Schülern viel Wohlwollen entgegengebracht. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) betrachte mit viel Sympathie das Anliegen der Schüler, teilte eine Sprecherin der Bildungsverwaltung mit. Die Schulpflicht bestehe selbstverständlich. Aber Schulen könnten durch Projekttage oder -stunden die „Fridays for Future“ integrieren.

„Es gibt eine große Bandbreite, wie Schulen reagieren“, berichtet Aktivistin Luisa Neubauer. Sie habe von Schulen gehört, die Schüler für ihr Engagement loben, aber auch von einigen, die Tadel oder sogar Schulverweise aussprechen.

Etliche Schulen werten die Fehlzeiten als unentschuldigtes Fehlen, das dann auf dem Zeugnis vermerkt werde. So handhabt es beispielsweise das Humboldt-Gymnasium in Tegel. „Wir haben ganz klar gesagt, dass das – auch wenn wir Verständnis für das politische Engagement der Schüler haben – als unentschuldigtes Fehlen gilt. Bei allen Schülern wird diese unentschuldigte Fehlzeit dann im Zeugnis und auf entsprechenden Belegen eingetragen“, sagt Schulleiter Jörg Kayser. Auch von Schulen in Potsdam hört man das: Unterstützung für die politische Willensbildung der Schüler, unentschuldigte Fehlzeiten werden eingetragen, außer es liegt eine Entschuldigung vor.

Auch Schüler eines Berliner katholischen Gymnasiums haben an Streiks teilgenommen. Man habe den Eindruck, dass sich die Schüler damit auseinandergesetzt und bewusst Sanktionen in Kauf genommen hätten, heißt es in einem Schreiben der Schule an die Eltern.

„Solche Konsequenzen sind aus unserer Sicht unerlässlich, denn sie schützen den Unterricht und ein gedeihliches Zusammenleben in der Schule“, heißt es in dem Schreiben. Unentschuldigtes Fehlen werde auf dem Zeugnis vermerkt werde, und falls Arbeiten versäumt würden, müssten diese als ungenügend bewertet werden. Von einem Tadel sehe die Schule ab, „da wir großen Respekt vor denjenigen haben, die sich für gerechte Lebensbedingungen für alle Menschen einsetzen und dafür auch persönlich negative Konsequenzen in Kauf nehmen“.

„Ich finde es sehr gut, dass meine Tochter mitmacht“, sagt Sandra Lietzmann. Ihre 16-jährige Tochter, die ein Gymnasium in Köpenick besucht, habe bisher keine Schwierigkeiten deshalb gehabt. „Ich finde es auch gut, dass es während der Schulzeit passiert, denn sonst würde es keinen interessieren.“

Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Hildegard Bentele, sagt, sie freue sich über das Engagement der Schüler. Wenn aber dauerhaft nur an vier Tagen Unterricht wäre, könne dies nicht im Sinne der Schüler sein. „Kluge Lehrer und Politiker machen den Schülern jetzt Angebote“, zum Beispiel, darüber zu sprechen, was der Kohleausstieg bedeute oder was für eine Energiewende nötig sei.

Regina Kittler (Linkspartei) spricht von „einer Form von zivilem Ungehorsam, die ich gut verstehen kann“. Und Marianne Burkert-Eulitz (Grüne) sagt: „Wir unterstützen das Engagement und setzten uns für eine massive Zurückhaltung der Schulbehörden ein, da es sich um existentielle Frage der Zukunft unserer Kinder handelt.“ Auch an diesem Freitag ist ein Klimastreik angekündigt: von 12 bis 14 Uhr im Invalidenpark in Mitte.

tagesspiegel


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