Sri Lankas Regierung will Sicherheitsbehörden umbauen

  24 April 2019    Gelesen: 706
Sri Lankas Regierung will Sicherheitsbehörden umbauen

Als Reaktion auf die Anschläge mit Hunderten Toten will Sri Lankas Staatspräsident durchgreifen: Weil offenbar Hinweise ignoriert wurden, soll die Führung des Sicherheitsapparats entlassen werden - binnen Stunden.

Wegen mangelnder Informationspolitik vor den Attentaten am Ostersonntag hat Sri Lankas Staatspräsident Maithripala Sirisena Entlassungen bei den Sicherheitsbehörden angekündigt. Betroffen sollen demnach vor allem die Chefs sein.

Die Führungen der Polizei und anderer Sicherheitskräfte sollen binnen 24 Stunden umgekrempelt werden, sagte Sirisena in einer Fernsehansprache. Aus Regierungssicht wurden vorab vorliegende Hinweise auf Anschlagspläne nicht an die Regierung weitergegeben. Bei den Anschlägen mit mehreren Bombenexplosionen starben mindestens 359 Menschen, wie die Behörden mitteilten.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hatte die Selbstmordanschläge auf Hotels und christliche Kirchen in Sri Lanka für sich reklamiert (eine Analyse zu den Hintermännern und den Verbindungen zum IS lesen Sie hier). Das IS-Sprachrohr Amak berichtete zuvor in den sozialen Netzwerken, die Angreifer seien angeblich IS-Kämpfer gewesen.

Nach Angaben von Sri Lankas Premierminister Ranil Wickremesinghe waren noch einige Verdächtige auf der Flucht, manche von ihnen seien im Besitz von Sprengstoff. Am Dienstagabend gab es weitere Verhaftungen. Mindestens 60 Menschen sind mittlerweile laut Polizei in Gewahrsam - alle seien Sri Lanker.

Ausländische Geheimdienste hätten bereits am 4. April über mögliche Selbstmordanschläge auf Kirchen und Touristenziele in Sri Lanka informiert- die Informationen stammten aus Indien, wie Wickremesinghe bekanntgab. "Wir tragen die Verantwortung, es tut uns sehr leid", sagte Senaratne im Namen der Regierung.

Mehrere Minister hatten kritisiert, Wickremesinghe sei zuletzt nicht zu Sitzungen des Sicherheitsrates der Regierung eingeladen worden. Hintergrund sind Spannungen zwischen den in einer Koalition regierenden Parteien von Wickremesinghe und Staatspräsident Sirisena, dem als Verteidigungsminister die Sicherheitskräfte unterstehen. Sirisena hatte Wickremesinghe Ende vergangenen Jahres überraschend entlassen und ersetzt. Wickremesinghe gewann aber den Machtkampf und blieb im Amt. Bis Ende dieses Jahres steht eine Präsidentenwahl in Sri Lanka an.

Nach Einschätzung der Regierung Sri Lankas waren die Anschläge als Vergeltung für den Anschlag auf Moscheen im neuseeländischen Christchurch im März gedacht, wie Vize-Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene erklärte.

Ein Sprecher von Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern sagte allerdings, der Regierung des Pazifikstaats seien keine derartigen Geheimdienstinformationen bekannt. Bei dem Anschlag eines mutmaßlichen Einzeltäters - ein Rechtsextremist aus Australien - auf zwei Moscheen am 15. März waren während der Freitagsgebete 50 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden.

Sieben sri-lankische Selbstmordattentäter hatten sich am Ostersonntag nahezu zeitgleich in drei Kirchen in mehreren Städten und drei Luxushotels in der Hauptstadt Colombo in die Luft gesprengt. Einige Stunden später gab es zwei weitere Explosionen in einem kleinen Hotel und einer Wohngegend in Vororten Colombos.

Die Zahl der Toten lag nach Polizeiangaben vom Mittwoch bei 359 - darunter waren laut Außenministerium 34 Ausländer, 14 wurden noch vermisst. Auch ein Deutsch-Amerikaner wurde getötet, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Laut Unicef kamen auch 45 Kinder ums Leben. Mehr als 500 Verletzte wurden nach Angaben der Polizei noch in Krankenhäusern behandelt.

Am Dienstag waren Notstandsbestimmungen in Kraft getreten, die den Sicherheitskräften nach Angaben von Sirisenas Büro weitreichende Befugnisse einräumen. Solche Bestimmungen waren während des Bürgerkriegs in Sri Lanka von 1983 bis 2009 fast dauerhaft in Kraft - und auch darüber hinaus noch bis 2011.

spiegel


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