Kopftuchverbot an Österreichs Grundschulen: Signal gegen politischen Islam oder nur Symbolpolitik?

  16 Mai 2019    Gelesen: 751
Kopftuchverbot an Österreichs Grundschulen: Signal gegen politischen Islam oder nur Symbolpolitik?

In Grundschulen in Österreich dürfen Kinder keine Kopftücher mehr tragen. Das beschloss das Parlament mit den Stimmen der rechtskonservativen Regierung. Ob das Gesetz aber auch durchgesetzt werden wird, ist noch nicht klar.

Nicht nur in Deutschland ist das Tragen eines Kopftuches seit langem ein kontroverses Thema. Auch in der Alpenrepublik werden darüber emotionelle Debatten geführt.

Signal gegen den politischen Islam

Im November 2018 hatte der Regierung um Sebastian Kurz (ÖVP) und Hans-Christian Strache (FPÖ) schon ein Verbot der Kopfbedeckung in Kindergärten durchgesetzt. Nun wird mit den Stimmen der Koalition „das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, künftig untersagt. Bei Verstößen soll zuerst das Gespräch mit den Eltern gesucht werden, im Wiederholungsfall drohen Geldstrafen von bis zu 440 Euro. Sollte die nicht gezahlt werden, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen.

Mit dem Kopftuchverbot solle ein Signal gegen den politischen Islam gesetzt werden, sagte der bildungspolitische Sprecher der FPÖ, Wendelin Mölzer. Der ÖVP-Abgeordnete Rudolf Taschner fügte hinzu, es gehe darum, muslimische Mädchen von einer „Unterwerfung“ zu befreien.

Kopftuchstreit in Deutschland

Auch in Deutschland sind das Kopftuch und andere Arten der Verschleierung immer wieder ein Thema. So dürfen Richterinnen und Staatsanwältinnen in Bayern keine Kopftücher bei Amtshandlungen tragen. Eben verbietet die Kieler Universität den Gesichtsschleier (eine Burka oder eine Niqab). Im April kam der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) mit dem Vorschlag, dass Mädchen unter 14 Jahren im Unterricht auf die Kopfbedeckung verzichten sollen. Auf Zustimmung stieß der FDP-Mann nicht nur bei seinem eigenen Parteichef Christian Lindner, sondern auch bei NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner.

Laut der jüngsten Live-Umfrage der internationalen Data and Analytics Group YouGov (Stand 12:32) würden 43 Prozent der Befragten solch ein Verbot in Deutschland „voll und ganz“ befürworten. Elf Prozent lehnen es „voll und ganz“ ab, zwölf Prozent lehnen es „eher“ ab.

Religionsfreiheit vs. Kindeswohl?

FPÖ und ÖVP argumentieren ihre Entscheidung mit dem Kindeswohl, das Recht auf Religionsfreiheit überwiegt. Das Kopftuch stehe „der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau“ entgegen.

„Das Verbot des Kopftuchs in der Schule ist ein entscheidender Schritt zur besseren Integration und zur Verminderung von Diskriminierungen. Wir sorgen damit dafür, dass die Integrationschancen von jungen Mädchen steigen“, so ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer dem Bericht vom Kurier zufolge.

Opposition: Es geht nur um die Schlagzeile

Die Opposition stimmte erwartungsgemäß gegen das Verbot, das ein Fall für die Gerichte werden dürfte. Sie warf der Regierung vor, es gehe überhaupt nicht um das Kindeswohl.

Seitens der SPÖ meinte die frühere Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, dass das Verbot als Einzelmaßnahme nicht zielführend sei. Denn nach der Schule würden die Mädchen das Kopftuch wieder aufsetzen. Es sei bezeichnend, dass Österreichs Regierung ausgerechnet in der Integration 80 Millionen Euro gestrichen habe. Das zeige, dass es der Koalition nur um die Schlagzeile gehe, hinter ihrer Politik stecke „Verlogenheit“.

Ein Musliminnen diskriminierendes Gesetz?

Österreichs Islamische Glaubensgemeinschaft IGGÖ sprach sich noch Anfang Mai gegen das Kopftuchverbot aus: „Quasi mit Beginn des gesegneten Monats Ramadan will die Bundesregierung offenbar ein ausschließlich Muslimen diskriminierendes Gesetz lancieren“, so IGGÖ-Präsident Ümit Vural. Das Kopftuch sei integraler Teil der Glaubenspraxis unter dem Schutz der Religionsfreiheit. „Daher ist jedes Verbot des Kopftuches - mit welcher Begründung auch immer - ein direkter Angriff auf die Religionsfreiheit der österreichischen Muslime“, zeigte sich Vural betrübt. Die IGGÖ beabsichtigt, das Gesetz vor den österreichischen Verfassungsgerichtshof zu bringen.

Einige Twitter-Nutzer zeigten sich ebenfalls empört:


Die Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES sieht aber das Kopftuch-Verbot an Grundschulen in Österreich als wichtigen Schritt für den Mädchenschutz.

Auch die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, Wiebke Muhsal, unterstützt diese Initiative:

Durch die oppositionelle Ablehnung hat das Gesetz aber keinen Verfassungsrang. Das heißt, Beschwerden vor dem Verfassungsgerichtshof sind wahrscheinlich.

sputniknews


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