„Wie eine amerikanische Kolonie“ - Zoff bei Gaskonferenz wegen Einmischung der USA

  17 Mai 2019    Gelesen: 629
„Wie eine amerikanische Kolonie“ - Zoff bei Gaskonferenz wegen Einmischung der USA

Am 16. Mai fand in Berlin eine große Gaskonferenz statt. Es ging um Perspektiven der Zusammenarbeit Russlands und der EU. Die Vertreter des Gasmultis Gazprom gaben sich überzeugt, dass Europas Gasimport wachsen wird und russisches Erdgas sei hier die beste Wahl. Der Chef des Energieausschusses im Bundestag verbat sich eine Einmischung der USA.

Knapp 300 Experten aus ganz Europa hatten sich wie jedes Jahr im edlen Hotel Adlon Kempinski am Brandenburger Tor in Berlin zur Gaskonferenz versammelt. Geladen hatte die Russische Gasgesellschaft. Deren Präsident Pawel Sawalnyi eröffnete die Veranstaltung am Donnerstag mit dem Aufruf, die europäisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen zu "depolitisieren". Sawalnyi ist auch Vorsitzender des Energieausschusses der Staatsduma der Russischen Föderation.

Der Politiker konnte quasi direkt im Adlon bleiben, denn da fanden am Vortag im selben Saal die Potsdamer Begegnungen statt, ein hochkarätiges Treffen zwischen deutschen und russischen Vertretern aus Politik und Gesellschaft. Einige Gäste der Gaskonferenz waren bereits am Vortag dabei gewesen: neben Sawalnyi auch der Politologe Alexander Rahr und Russlands Botschafter in Deutschland Sergej Netschajew. Der Diplomat unterstrich, dass „Russland seit 45 Jahren zuverlässig Gas nach Europa“ liefere. Das sei eine „Win-Win-Situation“ für beide Seiten. Netschajew verwies auch darauf, dass Gas gerade von Ländern, die auf erneuerbare Energien umstellen wollen, dringend gebraucht wird als Übergangstechnologie. Auf den Vorwurf, dass Pipelines wie Nord Stream 2 von Russland politisch instrumentalisiert werden könnten, meinte der Botschafter, dass es „hier nicht um irgendwelche Energiewaffen, die nach Deutschland geliefert werden“ geht.

Klaus Ernst (Die Linke) ist das Pendant zu Pawel Sawalnyi im Deutschen Bundestag. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Energie hat seinen russischen Kollegen erst vergangene Woche getroffen, als der „FC Bundestag“, eine Fußballmannschaft aus Parlamentariern gegen Abgeordnete der russischen Duma spielte. Ernst unterstrich, dass Russland noch nie Gas als politisches Druckmittel gegenüber Europa benutzt hat. „Das sieht bei den USA anders aus...“, ergänzte der Linkspolitiker. Ernst empörte sich über den Druck aus den USA beim Thema Flüssiggas. Er sagte:

„Ich finde es unerträglich, wie der amerikanische Botschafter in Deutschland agiert. Der führt sich auf, als seien wir eine amerikanische Kolonie. Die Amerikaner machen eine aggressive Politik, um ihre Interessen durchzusetzen. Wir brauchen eine europäische Strategie, uns dagegen zu wehren. Die Sanktionen gegen Russland sind auch nicht in europäischem, sondern eher in amerikanischem Interesse. Ich plädiere ausdrücklich dafür, diese zu beenden.“

Ernst bekräftigte das Ziel der Bundesregierung, den Anteil fossiler Energiequellen zu reduzieren. Allerdings ist parallel zur Förderung erneuerbarer Energien, Gas unabdingbar, um den Ausstieg aus Kohle und Atom zu kompensieren. 
Bei der Diskussion über Fracking-Gas aus den USA oder Erdgas aus Russland sei die Wahl aus Umwelt- und Kostengründen eindeutig, so Ernst.

Elena Burmistrowa, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Gazprom hielt sich mit politischer Kritik zurück und unterstrich viel mehr die Stärken russischen Erdgases.  Der Anteil von Gazprom am EU-Gasmarkt habe letztes Jahr mit gut 36 Prozent einen neuen Rekord aufgestellt. Gazprom gehe davon aus, dass sich der Export der Firma in die EU bei circa 200 Milliarden Kubikmetern Gas im Jahr einpendeln wird, so Burmistrowa. Sie meinte, dass Meldungen über einen Anstieg des Anteils von US-Flüssiggas in Europa, eher politischer Natur sind. In der Wirtschaftswelt sind die Vorteile russischen Erdgases eindeutig. Aufgrund steigenden Gasbedarfs in Asien dürften die Preise für LNG-Gas eher steigen, vermutet Burmistrowa.

Alexander Ischkow vom Gazprom-Vorstand bezifferte den Gasimportbedarf der Europäischen Union im Jahre 2030 auf gut 400 Milliarden Kubikmeter. Wenn also Gazprom mit 200 Milliarden Kubikmetern die Hälfte dieses Bedarfs deckt, bliebe immer noch genug Luft für Mitbewerber, für LNG-Importe.

Ischkow präsentierte auch eine Grafik zu einer Untersuchung der UNO, die die Umweltverträglichkeit von Energieträgern analysiert und zu dem Ergebnis kommt, dass Erdgas im Moment noch sogar umweltfreundlicher als Wind- oder Solarenergie ist.

sputniknews


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