„Russland raubt US-Technologie“ – oder war es andersherum?

  21 Auqust 2019    Gelesen: 742
„Russland raubt US-Technologie“ – oder war es andersherum?

John Bolton, der Hardliner im Beraterstab von Präsident Trump, beschuldigt Russland, amerikanische Hyperschalltechnik geraubt zu haben. Dass die Amerikaner sich russische Technologien aneignen, verschweigt der Sicherheitsberater aber. Dabei geht es um weit mehr als nur um Ideen oder Konzepte, schreibt das Portal „360tv“.

Hyperschallraketen, Hyperschallgleiter, Lenkwaffen – die Technologien dafür habe Russland von den USA gestohlen, erklärte John Bolton kürzlich in einem Radiointerview. Trumps Sicherheitsberater bemängelte zudem, Moskau gebe zu viel Geld für Rüstung aus. Sonderbar, das von einem ranghohen Politiker eines Landes zu hören, welches mit 650 Mrd. Dollar zehn Mal mehr für seine Streitkräfte ausgibt als Russland. Aber wichtiger ist etwas anderes.

Bolton sei ein „Falke“, berühmt für seine harte Gangart gegenüber Russland: Das, was er sage, „dient zur Rechtfertigung weiteren russophoben Gebarens“, erklärt Dr. Jamal Daoud, Politikwissenschaftler und Medienexperte in Sydney, im Interview mit dem Portal „360tv“. Zu erwähnen, dass die USA etliche Technologien von Russland übernommen haben, würde zu Boltons Linie nicht passen – und er erwähnt es auch nicht. Beispiele gäbe es indes genug.

Senkrechtstart und -landung
Man schaue sich nur die Lockheed Martin F-35B an und die Jakowlew Jak-141. Das Fachportal „Task & Purpose“ tat es und fand eine „russische DNA“ beim amerikanischen Kampfjet: Die Ingenieure der F-35 nutzten technische Lösungen, die ihre Kollegen aus der Sowjetunion vorher bei der Entwicklung des russischen Senkrechtstarters erarbeitet hatten.

Das sei nach dem Ende der Sowjetunion möglich gewesen, erklärt Generalmajor Wladimir Popow, ehemaliger Kampfpilot, in einem Mediengespräch. Damals seien Fachleute aus der UdSSR vom Ausland abgeworben worden. „Die Amerikaner waren damals unsere potenziellen Partner, keine Gegner oder Rivalen, dachten wir.“ Lockheed Martin und Jakowlew arbeiteten eng zusammen, der US-Konzern erhielt Zugang zur technischen Dokumentation und zum Prototyp der Jak-141. „Die Auslegung und die Technik der beiden Maschinen sind heute unverkennbar ähnlich“, so der General.

Der „Dream Chaser“ und die MiG-105.11 – ein Kenner der sowjetischen Luftfahrttechnik erkennt die Ähnlichkeit sofort. „Man kann sogar sagen, der amerikanische Raumgleiter ist eine Kopie“, sagt Militärexperte Alexej Leonkow. „Viele Space-Technologien der Amerikaner haben ihren Ursprung in russischer oder sowjetischer Technik.“

Das amerikanische Raumflugzeug X-37B etwa hat Züge der sowjetischen Weltraumdrohne BOR-5 angenommen. Und der „Dream Chaser“ soll von einer Trägerplattform in den Weltraum starten, die in der Bauart dem russischen Experimentalfrachter „Molnija-1000“ gleichkommt: vom „Stratolaunch“.

Fluggeräte einer bestimmten Form und aus bestimmten Materialien mit entsprechender Bearbeitung sind für das Radar unsichtbar. Das war eine Erkenntnis, die der russische Physiker Petr Ufimzew in den Siebzigerjahren in einem Fachartikel dargelegt hatte. Ein Mitarbeiter von Lockheed Martin las den Beitrag in einer sowjetischen Zeitschrift.

Kurz darauf entstand die SR-71, das erste Flugzeug mit Tarnkappenfähigkeiten. Die Amerikaner bestanden darauf, „Stealth“ erfunden zu haben. Die Sowjetunion stellte die Arbeiten an der Tarnkappentechnik in den Achtzigerjahren ein: Der Physiker Ufimzew war vorher in die USA emigriert. Dort wirkte er an der Entwicklung des B2-Bombersmit.

Gegen die Stealth-Jets der Vereinigten Staaten entwickelt Russland seit langem Abwehrtechnik. Niederfrequenzradare sind die früheste Entwicklung in diesem Bereich. Dass diese Ortungsanlagen die Tarnkappenflugzeuge der USAF erfassen konnten, war den Amerikanern natürlich bewusst, schreibt das chinesische Portal „Sina“. Und sie ergriffen Gegenmaßnahmen.

Am Nord-Tor der weltberühmten „Area 51“ ist ein Bereich für die „Prüfung von Fremdmaterial“ eingerichtet („Foreign Material Evaluation“). Dort sind laut dem Portal etliche Radarsysteme aus russischer Fertigung stationiert. Im September 2018 erklärte die US-Armee, Radaranlagen in der Ukraine zu kaufen, die im Flugabwehrsystem S-300 zum Einsatz kommen.

Die russische Ortungstechnik trug maßgeblich zur Entwicklung amerikanischer Tarnkappenfähigkeit bei, schreibt „Sina“. Die russischen Radare kamen bei der Erprobung von Flugzeugen und Marschflugkörpern mit Stealth-Eigenschaften zum Einsatz, etwa beim Prototyp der „Have Blue“ und der F-117.

Und wenn die alte russische Technik ausgedient hat, kommt sie auf den Übungsplatz. Dort aufgestellt, werden die Radare von Anti-Radar-Waffen wie der AGM-88 HARМ beschossen, ebenfalls zu Testzwecken.

sputniknews


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