„Keine Rüstungsexporte für Jemen-Militärkoalition“ – mehr als 56 NGOs fordern unbefristetes Verbot

  20 September 2019    Gelesen: 945
  „Keine Rüstungsexporte für Jemen-Militärkoalition“ – mehr als 56 NGOs fordern unbefristetes Verbot

In einem offenen Brief haben mehr als 56 deutsche und internationale Organisationen die Bundesregierung aufgefordert „ein umfassendes und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot für alle Mitglieder der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition“ zu verhängen, solange diese am bewaffneten Konflikt im Jemen beteiligt sind.

Seit über vier Jahren dauert der bewaffnete Konflikt im Jemen an. Laut den Vereinten Nationen hat die Krise zur größten humanitären Katastrophe der Gegenwart geführt. 24 Millionen Menschen, davon 12,3 Millionen Kinder, benötigen lebenswichtige Hilfe. 14 Millionen sind akut von Hungersnot bedroht. Seit April 2017 wurden mehr als 1,3 Millionen Cholera-Verdachtsfälle registriert. Humanitäre Organisationen werden dabei behindert, Zugang zu der notleidenden Bevölkerung zu erhalten. Der aktuelle Bericht „Kinder und bewaffnete Konflikte“ des UN-Generalsekretärs dokumentiert für das Jahr 2018 1.700 getötete oder schwer verwundete Kinder durch Luftangriffe und Bodenkämpfe verschiedener Konfliktparteien.

Rüstungsgüter im Wert von sechs Milliarden Euro genehmigt

In ihrem offenen Brief machen Nichtregierungsorganisationen wie Oxfam, Greenpeace und das Aktionsbündnis „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!“ machen die Militärkoalition, bestehend aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Bahrain, Kuwait, Jordanien, Senegal und Sudan verantwortlich. Die Bundesregierung hat den bestehenden Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien um weitere sechs Monate bis zum 31. März 2020 verlängert.

Berlin genehmigte seit Beginn des Jemen-Konflikts Rüstungsexporte im Wert von mehr als sechs Milliarden Euro an die Militärkoalition, allein an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zwischen 2015 und 2018 für mehr als zwei Milliarden Euro. An weitere Mitgliedsstaaten wurden im gleichen Zeitraum Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von drei Milliarden Euro erteilt. Und sogar im ersten Halbjahr 2019 genehmigte die Bundesregierung noch Exporte in Höhe von rund einer Milliarde Euro an diese Ländergruppe, einschließlich Saudi-Arabien, trotz des verlängerten Exportstopps gegen das Land. Kriegsschiffe deutscher Herkunft kommen Berichten zufolge unter anderem vor den Küsten des Jemen, sowie Kleinwaffen deutscher Konstruktion und Kampfflugzeuge mit deutschen Teilen im Jemen zum Einsatz.

Unbefristetes Exportverbot

Die Unterzeichner des offenen Briefs fordern deswegen von der Bundesregierung „ein umfassendes und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot gegenüber allen Mitgliedern der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen, solange diese am bewaffneten Konflikt beteiligt sind oder die Gefahr besteht, dass auch deutsche Rüstungsgüter zu Menschen- und Völkerrechtsverletzungen im Jemen beitragen.“ Auch keine Ausnahmen für Komponentenlieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte und bereits erteilte Exportgenehmigungen dürften zugelassen werden.

Außerdem solle Berlin der Entschließung des Europäischen Parlaments folgen und sich für ein EU-Waffenembargo gegen alle Mitglieder der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen einsetzen.

„Feuer ins Benzin“

Nach dem Angriff auf saudi-arabische Ölanlagen hatte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), ein Ende des Rüstungsexportstopps in das Land gefordert. Es zeige sich, „dass der Selbstschutz Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate auch in unserem eigenen Stabilitätsinteresse liegt“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Hardt forderte eine neuerliche Überprüfung von Rüstungskooperationen: „Eine Aufhebung der Exportsperre für defensive Waffensysteme ist in unserem strategischen Interesse“.

Oberstleutnant a.D. Jürgen Rose, ehemaliger Flugabwehrraketen Feuerleitoffizier der Bundeswehr, kritisiert die Äußerungen des CDU-Politikers im Sputnik Interview:

„Ich halte das für groben Unfug, in ein Feuer Benzin zu schütten, um es angeblich löschen zu wollen. Das Gegenteil wäre wichtig. Sämtliche Rüstungsexporte in dieses Pulverfass Nah-Osten, Mittel-Ost müssen gestoppt werden. Das Hauptproblem besteht ja darin, dass insbesondere die USA, aber auch andere Staaten, wie England, Frankreich, Deutschland die Kriegsparteien dort enorm aufgerüstet haben. Und überhaupt sie in die Lage versetzen, in dieser Art und Weise Krieg zu führen, wie wir das jetzt erleben in Syrien, im Jemen und jetzt auch zwischen Iran und Saudi-Arabien, wo die Eskalation auf extreme Höhen getrieben worden ist.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht „keine Voraussetzung für eine veränderte Haltung“ zu Waffenverkäufen an Saudi-Arabien. Das sagte sie nach einem Gespräch mit dem jordanischen König Abdullah II.

sputniknews


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