Steinmeier dankt Osteuropäern

  09 November 2019    Gelesen: 746
  Steinmeier dankt Osteuropäern

Bundespräsident Steinmeier hat den Beitrag der osteuropäischen Länder für den Fall der Berliner Mauer vor 30 Jahren gewürdigt. Steinmeier sagte während der Feierlichkeiten, ohne den Mut und den Freiheitswillen der Polen und Ungarn, Tschechen und Slowaken wären die friedliche Revolution in Osteuropa und die deutsche Einheit nicht möglich gewesen.

Weiter betonte Steinmeier, das sei eine große historische Leistung gewesen. Heute könne man sagen: „Wir sind zu unserem Glück in Europa vereint.“

Während einer Andacht in der Kapelle der Versöhnung sagte Bundeskanzlerin Merkel, die Sprengung der Versöhnungskirche durch die DDR sei ein Akt der Menschenverachtung gewesen. Denn die Kirche habe einem freien Schussfeld im Weg gestanden. In der Sprengung habe sich die Unversöhnlichkeit der Diktatur der DDR mit dem Grundbedürfnis des Einzelnen, Freiheits- und Menschenrechte für sich in Anspruch zu nehmen, gezeigt. Zu viele Menschen seien Opfer der SED-Diktatur geworden, erinnerte die Kanzlerin. Man werde diese Menschen nicht vergessen.

Merkel ruft zu Einsatz für Demokratie auf

Des weiteren rief sie dazu auf, sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen. Die europäischen Werte seien alles andere als selbstverständlich. Sie müssten immer wieder neu gelebt und verteidigt werden. Keine Mauer sei so hoch oder so breit, dass sie nicht durchbrochen werden könne. Merkel betonte, der 9. November vereine mit der Pogromnacht von 1938 und dem Fall der Mauer 1989 die fürchterlichsten und glücklichsten Momente in der deutschen Geschichte.

Zu Beginn der Feierlichkeiten hatte der Direktor der Gedenkstätte Bernauer Straße, Klausmeier, erklärt, mutige Menschen hätten den Fall der Mauer möglich gemacht. Die Gedenkstätte sei heute ein Lernort für Weltoffenheit und gegen jede Form der Ausgrenzung, besonders in Zeiten von wachsendem Populismus und beschämendem Antisemitismus. Klausmeier unterstrich, er wolle gerade an diesem Tag der Freude auch an die Verbrechen des 9. November 1938 in der nationalsozialistischen Reichspogromnacht erinnern.

Steinmeier und Merkel steckten Blumen in die Hinterlandmauer auf dem früheren Todesstreifen an der Bernauer Straße und gedachten der Mauer-Opfer. Die Bernauer Straße gilt als Symbol der deutschen Teilung. Als die Mauer 1961 errichtet wurde, lag die Häuserfront der Straße im Osten, der Bürgersteig im Westen. In der Gedenkstätte auf dem früheren Todesstreifen sind original erhaltene Teile der Mauer zu sehen.

Zahlreiche Gäste aus dem Ausland

An den bundesweiten Feierlichkeiten nehmen neben zahlreichen Bundesministern und Ministerpräsidenten auch politische Vertreter aus dem Ausland teil, unter anderem die Außenminister der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Die drei Ländern würdigten in einer eigenen gemeinsamen Erklärung die Bedeutung des Falls der Berliner Mauer am 9. November 1989. Der Mauerfall sei der Anfang vom Ende der kommunistischen Tyrannei in Europa gewesen. „Durch den Fall der Berliner Mauer kehrten alle eingesperrten Nationen in die Familie des freien und demokratischen Europas zurück.“

Am Abend gibt es am Brandenburger Tor eine weitere Veranstaltung. Dabei wird neben Steinmeier auch die frühere DDR-Oppositionelle Marianne Birthler sprechen. Die Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim spielt die 5. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Zum Abschluss soll ein Feuerwerk in den Himmel steigen.

Auch regionale Veranstaltungen

Entlang der früheren innerdeutschen Grenze von Bayern bis Schlewig-Holstein fanden ebenfalls Veranstaltungen statt. Unter anderem organisierten Sachsen-Anhalt und Niedersachsen eine gemeinsame Feierstunde mit den Regierungschefs Haseloff und Weil am früheren Grenzübergang Marienborn. Dort findet außerdem ein ganztägiges Festival statt. Auch Thüringen und Hessen feiern mit den Ministerpräsidenten Ramelow und Boufiier ein gemeinsames Bürgerfest. Bundesinnenminister Seehofer wiederum reiste in bayerische Hof.

Merkel: Angleichung dauert

Nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Merkel dauert der Prozess der deutschen Vereinigung länger als zunächst erhofft. Der „Süddeutschen Zeitung“ sagte die CDU-Politikerin, bei manchen Themen sehe man heute, dass „doch eher ein halbes Jahrhundert“ benötigt werde für eine Angleichung zwischen Ost und West. Merkel warb um Geduld. Auch die „Mühen der Freiheit, alles entscheiden zu müssen“, müssten gelernt werden.

Der Schriftsteller Christoph Hein, der in der DDR aufwuchs, kritisierte das Zustandekommen der deutschen Einheit. „Es gab keine Wiedervereinigung, es war ein Beitritt, den man auch Anschluss nennen kann“, sagte er dem „Neuen Deutschland“. Die Deutschen hätten sich den Gesetzen, Normen und Werten der Bundesrepublik unterwerfen müssen. Bundestagspräsident Schäuble wies derartige Vorwürfe als „Unsinn“ zurück.

Deutscjlandfunk


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