Noch zwei Wochen für das Klima

  02 Dezember 2019    Gelesen: 808
Noch zwei Wochen für das Klima

In Spaniens Hauptstadt treffen sich 14 Tage lang die Top-Klimadiplomaten. Was ist seit dem Paris-Abkommen 2015 passiert? Wo stehen wir beim Klimaschutz? Und was muss noch erreicht werden? Der Überblick.

In Madrid treffen sich 197 Länder von Anfang bis Mitte Dezember zur Uno -Klimakonferenz. Was sind die Themen auf dem Gipfel?

Das Pariser Klimaabkommen ist ein Rohbau, aus dem bis zum nächsten Jahr ein fertiges Haus werden muss. Das Richtfest haben die Staaten schon im vergangenen Dezember in Polen gefeiert, als sie das "Katowicer Klimapaket" annahmen. Das legt fest, wie die Klimapläne der Länder aussehen müssen, wie sie über ihre Fortschritte berichten und wie die Weltgemeinschaft das kontrollieren kann. Offen sind jetzt noch drei große Themen:

  • Wie der Handel mit CO2-Zertifikaten gestaltet und kontrolliert wird, mit denen Staaten oder Unternehmen ihre CO2-Emissionen mithilfe von Klimaschutzprojekten in anderen Ländern ausgleichen können.
  • Wie die Hilfen für arme Länder aussehen sollen, die vom Klimawandel bereits betroffen sind und entsprechende Verluste und Schäden haben.
  • Wie und ob die Staaten bereit sind, noch mehr Emissionen einzusparen, um die weltweite Erwärmung auf 2,0 oder möglichst 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Das Pariser Abkommen tritt nächstes Jahr in Kraft. Was soll bis zur nächsten Etappe 2030 geschafft sein?

Alle Länder haben sich Klimapläne für zehn Jahre gegeben. Sie müssen in dem Zeitraum ihre Industrien, Energieproduktion und den Lebensstil ihrer Bürger umstellen: Das heißt zum Beispiel weniger Kohlekraftwerke, Benzin- und Dieselautos und eine andere Landwirtschaft. Die bisherigen Pläne reichen jedoch nicht aus, um den Klimawandel ausreichend abzuschwächen, sagen Experten. In mehreren Schritten will das Uno-Klimasekretariat deshalb nicht nur darüber wachen, ob die Staaten ihre Pläne auch umsetzen, sondern dafür sorgen, dass sie noch mehr tun.

Nach fast 25 Jahren Klimadiplomatie gibt es seit 2015 endlich einen Weltklimavertrag. Warum wird immer weiterverhandelt?

Auf der Abschlusssitzung der UN-Klimakonferenz in Paris am 12. Dezember 2015 haben 197 Staaten den Weltklimavertrag beschlossen. Es flossen Tränen, die Diplomaten lagen sich in den Armen. Alle waren erleichtert, dass die Länder gemeinsam den Kampf gegen den Klimawandel angehen. Zunächst aber war das "Paris Agreement" nur eine Absichtserklärung. Es dauerte fast ein Jahr, bis genügend Länder den Vertrag in ihren nationalen Parlamenten ratifiziert, also offiziell anerkannt hatten. Bis heute ringen die Staaten darum, aus dem 30-seitigen Papier ein konkretes, überprüfbares Regelwerk zu machen. Darin muss genau festgeschrieben sein, wie das Ziel, den globalen Temperaturanstieg deutlich unter zwei Grad, aber möglichst auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen, erreicht werden soll.

Seit den Neunzigerjahren ist der Klimawandel als Problem auch in der Politik angekommen. 1995 fand die erste Uno-Klimakonferenz in Berlin statt. Zwar gab es vor dem Weltklimaabkommen schon einen Vorgänger, das Kyoto-Protokoll. Da waren jedoch nur eine Handvoll Staaten Mitglied. Nun ist ab 2020 ein Abkommen für alle in Kraft, jedoch sind die Klimagesetze in fast allen Ländern zu lasch - auch in Deutschland. Und es kommt noch schlimmer: Allein die für die nächsten zehn Jahre geplanten Öl-, Gas- und Kohleprojekte reichen schon aus, um das 1,5-Grad-Ziel zu reißen, hat ein Bericht des UN-Umweltprogramms Unep dargelegt.

Schon jetzt geschieht in fast allen Staaten beides parallel: Einsparung von CO2, sogenannte Mitigation, sowie Anpassung an den Klimawandel. Für ärmere Länder hat die Uno schon 2001 den sogenannten Anpassungsfonds eingeführt. Die Bundesregierung ist einer der größten Geldgeber. In Deutschland kümmern sich Bund, Länder und Städte um die Klimaanpassung: Beispielsweise beim Küstenschutz oder durch mehr Trinkbrunnen und Grünflächen in Innenstädten. Jedoch wird es laut Klimaforschern künftig mehr und vor allem intensivere Extremwetter wie Stürme, Starkregen und Hitzewellen geben. Anpassung wird also umso teurer für die Steuerzahler, je mehr der Klimawandel an Fahrt aufnimmt.

Es gibt immer noch viele Länder, die Kohlekraftwerke bauen oder Regenwälder großflächig abholzen. Kann der Weltklimavertrag das stoppen?

Der Weltklimavertrag kam nur zustande, weil das Prinzip der Freiwilligkeit gilt: Die Staaten können selbst bestimmen, wie viel Emissionen sie einsparen wollen. Hält sich ein Staat nicht an die Abmachungen, können andere nicht viel mehr machen, als diplomatischen Druck auszuüben. Auch aussteigen können Länder jederzeit, so wie die USA - allerdings mit einer Übergangsfrist von drei Jahren. Die Uno kann - mit oder ohne Weltklimavertrag - Staaten wie Brasilien nicht daran hindern, ihren Regenwald abzuholzen. Die Staatengemeinschaft kann nur versuchen, den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro davon zu überzeugen, dass es vorteilhafter für das Land ist, wenn der Wald stehen bleibt - beispielsweise indem sie mehr finanzielle Hilfen oder bessere Absatzmärkte für brasilianische Produkte in Aussicht stellt.

Wie wichtig sind die Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel für die Verhandlungen, und wer reist aus Deutschland zum Gipfel?

Die deutsche Delegation genießt bei vielen Ländern einen guten Ruf als Vermittler und ist Teil der Koalition der Ambitionierten, die sich für ein starkes Abkommen einsetzen. Allerdings ist das Renommee zusehends angekratzt, weil Deutschland seine Klimaziele nicht einhält und im eigenen Land bisher wenig getan hat (Eine Beurteilung von Wissenschaftlern zum Klimapaket der Bundesregierung lesen Sie hier). Traditionell sind das Bundesumwelt- und das Entwicklungshilfeministerium für die Klimagipfel zuständig.

Svenja Schulze (SPD) fährt in jedem Fall mit ihrem Stab nach Madrid. Gerd Müller selbst wird nicht anreisen und schickt einen verkleinerten Stab. Der CSU-Politiker wirbt schon seit Längerem dafür, die Konferenz nur noch alle zwei Jahre mit hoher politischer Beteiligung stattfinden zu lassen. Nur die Experten sollten sich jedes Jahr treffen.

In der zweiten Woche reisen jedes Jahr die Staats- und Regierungschefs an. Wenn es keine größere Krise im eigenen Land gibt, sollte auch Kanzlerin Angela Merkel wieder vor den Uno-Klimadiplomaten sprechen.

Der nächste Klimagipfel findet in einem Jahr im schottischen Glasgow statt. Ob Großbritannien dann noch Mitglied der EU ist, steht noch in den Sternen. Genauso wie die Frage, ob der mächtigste Klimaleugner der Welt, Donald Trump, dann noch Präsident der USA sein wird - dort wird am 3. November gewählt - eine Woche vor dem geplanten Beginn der COP26 - der 26. Uno-Klimakonferenz.

spiegel


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