Kerpener Bürgermeister gibt Amt auf

  23 Januar 2020    Gelesen: 858
Kerpener Bürgermeister gibt Amt auf

Seit Dieter Spürck Bürgermeister von Kerpen ist, findet er immer wieder Beschimpfungen an der Rathaustür oder Schrammen an seinem Auto. Damit kommt der Familienvater klar - doch dabei bleibt es bei Weitem nicht.

Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck verzichtet nach Drohungen gegen seine Familie auf eine erneute Kandidatur. Es gebe eine "zunehmende Verrohung in der ganzen Gesellschaft", sagt der 53-Jährige im "Kölner Stadt-Anzeiger". "Soweit mich das selbst betrifft, halte ich das für ein tragbares Berufsrisiko, aber nicht für meine Frau und meine Kinder."

Demnach fand der CDU-Politiker in seinem Briefkasten die Nachricht, dass seine "Kinder es zu spüren" bekämen, wenn er sich nicht "intensiver für den Hambacher Wald einsetzen" würde. Ebenfalls sei er von Gegnern der Flüchtlingspolitik bedroht worden: Wenn einem Kind in Kerpen etwas geschehe, dann werde das seinen Kindern "ebenfalls so gehen", habe die Drohung gelautet. Spürck hat selbst zwei Kinder.

"Es gab Ankündigungen, mir die Mafia auf den Hals zu hetzen oder sich bei mir zu Hause einzuquartieren", berichtet der Bürgermeister weiter. Auch habe er seit Übernahme des Bürgermeisteramts 2015 immer wieder Schrammen an seinem Auto vorgefunden. Zudem sei die Luft aus seinen Reifen gelassen worden, an die Tür des Rathauses seien Beschimpfungen gehängt worden. Insgesamt sei Politik "teilweise ein sehr dreckiges Geschäft geworden".

Amtsträger im Visier

Mit den Drohungen ergeht es Spürck wie einer Reihe Politikern und Amtsträgern. Bereits Anfang Januar war bekannt geworden, dass der Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Kampf-Lintfort, Christoph Landscheidt, deshalb einen großen Waffenschein beantragt hatte. Nach einer öffentlichen Kontroverse hat der SPD-Politiker seine Klage auf Erteilung des Waffenscheins inzwischen zurückgezogen. Vergangene Woche hatte zudem der im Senegal geborene SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby in seinem Bürgerbüro in Halle Einschusslöcher entdeckt. Im Oktober 2015 wurde die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei einem Messerangriff schwer verletzt. Der bislang schlimmste Fall von Gewalt gegen Politiker war der Mord am hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019. 

Als Reaktion auf die Bedrohungen hatte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil einen parteiübergreifenden Krisengipfel angeregt. Er will "zeitnah darüber beraten, wie gerade ehrenamtliche Politikerinnen und Politiker sich besser schützen können". Der Kriminologe und ehemalige niedersächsische SPD-Justizminister Christian Pfeiffer forderte eine Lockerung des Waffenrechts für Betroffene. Er regte in der "Rheinischen Post" an, dass Politiker unter bestimmten Voraussetzungen befristet einen großen Waffenschein erhalten sollten.

ntv


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