Ist unser Leben schlecht fürs Klima?

  18 Februar 2020    Gelesen: 592
  Ist unser Leben schlecht fürs Klima?

Im Schlagschatten von Thüringen-Krise und Coronavirus kann man schon mal vergessen, dass der Klimawandel auch weitergeht, während wir uns mit anderen Themen beschäftigen. Frank Plasberg steuert am Montagabend gegen.

Klimadebatten sind nicht erst seit gestern en vogue, bei Montagstalker Frank Plasberg kommen sie allerdings noch auffallend öfter aufs Tapet als anderswo: Alleine acht Mal war der Klimawandel im vergangenen Jahr Thema bei "Hart aber fair", und auch 2020 muss nicht lange auf die erste Klimasendung warten. "Welt im Klimawandel: Wieviel können wir selbst tun?" will Plasberg von seinen Gästen am Montagabend wissen - und legt in einem Einspieler später provozierend nach: "Unser Leben ist schlecht fürs Klima."

Rede und Antwort stehen die Moderatorin Janine Steeger, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne), der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff, die Entega-Chefin Marie-Luise Wolff, der Meteorologe Mojib Latif sowie der Lüneburger Ecodesign-Professor Michael Braungart.

Mit dem Chemiker hat die Redaktion einen großen Wurf gelandet, Braungart bringt genug spannende Ideen und Konzepte mit, um mehrere eigene Sendungen zu füllen - und gießt seine Schlüsse in einprägsame Bonmots: "Die Greta hat das Klima nicht gerettet, indem sie Bahn gefahren ist, sie hat es nur weniger belastet", spielt Braungart auf die Bemühungen von Klimaaktivistin Greta Thunberg an. Sein Punkt: Die Forderung nach Klimaneutralität sei grundfalsch, das sei in etwa so, als ob man beschließen würde, "sein Kind nur fünf Mal statt zehn Mal zu schlagen."

Stattdessen müsse man Produktion neu denken - etwas, das Braungart mit der Erfindung von "Cradle to cradle" vor 30 Jahren bereits getan hat: Das Konzept, frei übersetzt mit "Vom Ursprung zum Ursprung", ist ein Ansatz für einen konsequenten Warenkreislauf, in dem theoretisch alle verwendeten Materialien endlos weitergenutzt werden können. Bereits 11.000 derartige Produkte sind bereits im Umlauf, Braungart rechnet damit, dass in den kommenden Jahrzehnten der endgültige Durchbruch kommt - und damit ein Ende der Wegwerfgesellschaft in Sichtweite ist.

Kostenlose Busse statt kostenloses Parken

Noch ist es aber nicht soweit, weshalb die anderen Talkgäste eher bodenständig argumentieren und greifbarere Beispiele bemühen: "Es kann doch wohl nicht angehen, dass wir 30 Prozent unserer Lebensmittel wegschmeißen", sagt der Klimaexperte Mojib Latif und ist überzeugt, mit der Eindämmung der allgemeinen Verschwendung schon viel erreichen zu können. Dass auch an eher unerwarteten Stellen Fußangeln warten können, zeigt Marie-Luise Wolff auf: "Wenn jedes Auto ein E-Auto wäre, bräuchten wir 20 bis 30 Prozent mehr Strom in Deutschland", beantwortet die Verbandspräsidentin der Deutschen Energiewirtschaft eine Zuschauerfrage. Der Strom für die 48 Millionen Pkw "müsste dann natürlich aus erneuerbaren Energien kommen".

Dass der Ausbau selbiger seit einiger Zeit ins Stocken geraten ist, ist kein Geheimnis. In Tübingen hat der dortige Oberbürgermeister Boris Palmer auch deshalb die Installation von Solarpaneelen bei Neubauten verpflichtend gemacht. "Wir können nur dann ans Ziel kommen, wenn wir das System umstellen", formuliert der Grünen-Politiker die Idee dahinter und gibt dazu ein weiteres griffiges Beispiel: Statt Privat-Pkws weiterhin kostenloses Straßenparken zu ermöglichen sei die Bereitstellung von kostenlosen Bussen doch viel sinnvoller.

Tatsächlich ist in Tübingen das Busfahren an Samstagen bereits kostenlos, Palmer hat aus der schwäbischen Universitätsstadt eine Art Freiluftlabor für grüne Innovationen gemacht - offenbar mit Erfolg, immerhin ist er dort bereits seit 13 Jahren als Oberbürgermeister im Amt. Neue und mutige Konzepte fordert auch Alexander Graf Lambsdorff, passend zu seiner Parteizugehörigkeit allerdings vor allem auf der wirtschaftlichen Seite: "Unser Job müsste es doch eigentlich sein, unsere Ideen ins Ausland zu exportieren", sagt der FDP-Politiker. So könne das verhältnismäßig kleine Deutschland, das gerade mal für zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist, ähnlich wie Tübingen ein Freiluftlabor für den Rest der Welt sein.

Erfrischend an diesem Klimatalk ist die positive Grundeinstellung der Gäste: Statt schwarz zu malen und mit Verboten zu argumentieren stehen konstruktive Lösungsansätze im Vordergrund. Sogar Janine Steeger, die als Vertreterin der Verzichtsfraktion in den vergangenen Jahren ihr halbes Leben umgekrempelt hat und heute beispielsweise auf ein Auto verzichtet, distanziert sich ganz klar von jedem missionarischen Eifer: "Ich habe immer gewartet, bis mich andere gefragt haben." Das tut sie auch heute, weswegen ihre Botschaft auch so stark verfängt: "Mein Wandel hat dazu beigetragen, dass ich Lustgewinn erfahren habe." Und das macht ja irgendwie auch schon Lust auf mehr.

Quelle: ntv.de


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