Plötzlich Hybrid-Fan: Marko sieht Red Bull "als ersten Herausforderer"

  18 Februar 2020    Gelesen: 441
      Plötzlich   Hybrid-Fan:   Marko sieht Red Bull "als ersten Herausforderer"

Optimismus vor Barcelona-Testfahrten, weil Schwachstellen ausgemerzt wurden und Honda zugelegt hat

Barcelona – Mit von acht auf sechs Tage gekürzten Testfahrten beginnt am Mittwoch die finale Vorbereitungs-Phase auf die 71. Formel-1-Saison. Diese und kommende Woche versuchen die Teams in Barcelona ihre Autos fit für die am 15. März in Australien beginnende WM 2020 zu machen. Erwartet wird dank gleich gebliebenem Reglement erneut ein Dreikampf. Red Bull wähnt sich allerdings als erster Mercedes-Jäger.

Denn beim Einser-Team von Dietrich Mateschitz hat man die Schwachstellen vergangener Jahre erkannt und ausgemerzt. Das Auto kam so früh wie schon lange nicht auf den Prüfstand, der Rollout erfolgte pünktlich. "Bisher sind wir immer erst zur Saisonhälfte so richtig in Fahrt gekommen. Diesmal aber passt das Timing", erklärte Red Bulls Motorsportdirektor Helmut Marko. "Wir waren in der Hybrid-Ära noch nie so gut vorbereitet wie jetzt und Honda hat einen weiteren Schritt zugelegt. Deshalb sehe ich uns als ersten Herausforderer. Und das ist eine angenehmere Situation als jene des Titelverteidigers."

Die Zutaten, um Max Verstappen doch noch zum jüngsten F1-Weltmeister zu machen, sind beim letztmöglichen Versuch also offenbar gut. Auch wenn Marko betont: "Mercedes ist wieder Favorit. Sie haben die letzten sechs Weltmeisterschaften gewonnen und Lewis Hamilton ist in einem absoluten Hoch."

Ferrari hat zwar das Vorjahr vor Red Bull Racing als WM-Zweiter beendet, hatte dies aber hauptsächlich einem zunächst eher rätselhaften PS-Vorsprung in der ersten Saisonhälfte zu verdanken. "Da gab es Überholmanöver, da ist einem alles vergangen", erinnerte sich Marko schmunzelnd. "Wir haben zu spät reagiert", machte der Steirer klar, dass man künftig mit Gegenmaßnahmen nicht so lange warten wird. Man werde stattdessen "gleich reagieren, notfalls mit Protesten".

Der erwartete Dreikampf findet auch unter den Piloten statt. Hamilton will im letzten Jahr, bevor dank komplettem Technik-Umbruch eventuell einem anderen Team der "goldene Wurf" gelingt, mit seinem siebenten Titel zu Rekordchampion Michael Schumacher aufschließen. Verstappen und der ebenfalls 22-jährige Ferrari-Jungstar Charles Leclerc können letztmalig jeweils jüngster Weltmeister der Geschichte werden.

"Lewis ist ein Naturtalent, sauschnell und hat mittlerweile Routine en masse. Aber er ist, auch wenn das dumm klingt, zuletzt mehr oder minder ohne Konkurrenz gefahren", glaubt Marko, dass der Champion verwundbar ist. Leclerc habe unglaublichen Speed gezeigt. "Sowohl er als auch Ferrari waren aber fehleranfällig. Ich glaube nicht, dass man das innerhalb einer Saison ablegen kann."Selbst hofft man bei den kommenden Testfahrten in Montmelo Bestätigung dafür zu bekommen, dass die Chance auf den ersten WM-Titel seit 2013 lebt. Marko ist auch wegen Verstappens fahrerischem Talent davon überzeugt. "Er ist auf der einzelnen Runde vielleicht der Schnellste der drei und hat inzwischen auch die nötige Routine und Reife. Mit dem Paket, das wir ihm hoffentlich bieten, kann er ein ernstzunehmender Gegner werden."

Verstappen hat sich bereits bis 2023 und damit länger als Honda (2021) an Red Bull gebunden und hofft das auch. "Wir wissen, dass wir von Beginn weg bereit sein müssen, damit wir um den Titel kämpfen können", betonte der Niederländer. "Es wird nicht leicht. Aber wir versuchen alles, was möglich ist."

Zum "Paket" zählt Marko klarerweise den Honda-Motor, mit dem Red Bull zuletzt immer besser gefahren ist. Deshalb hat beim Österreicher auch ein bemerkenswerter Meinungsumschwung zum Thema Hybridantrieb stattgefunden. Der jahrelange Kritiker ist mittlerweile zum Fan geworden. "Erstens haben wir jetzt selbst einen wettbewerbsfähigen Hybridmotor, das ändert viel", gab Marko unumwunden zu. "Zum andern haben sich die Zeiten geändert – Stichwort 'Fridays for Future' oder Dieselgate."

Man könne daher als Top-Motorsportart Ansätze für Nachhaltigkeit zwar nicht als oberste Priorität setzen, aber doch in gewissen Punkten erfüllen. "Es war ein großer Fehler der gesamten Formel 1, dass die Effizienz und die technische Brillanz dieser Motoren in keiner Weise der Öffentlichkeit erklärt oder dargestellt wurden", ist Marko mittlerweile überzeugt. "Es gibt nichts Besseres als das, was wir hier verwenden." 

derstandard.de


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