Für Touristen könnte es nur Gutscheine statt Geld geben

  27 März 2020    Gelesen: 447
Für Touristen könnte es nur Gutscheine statt Geld geben

Fallen Flüge oder Pauschalreisen aus, bekommen Urlauber bislang ihr Geld zurück. Die Bundesregierung denkt über Änderungen nach, um die Branche in der Coronakrise zu schützen.

Wegen der Coronakrise verreisen nur noch wenige Menschen. Werden Flüge oder Pauschalurlaube abgesagt, erhalten Verbraucher ihr Geld erstattet. Vorschlägen aus der Bundesregierung zufolge könnte sich das nun ändern.

Die Luftverkehrsbranche brauche Entlastungen, damit ihre Liquidität sichergestellt bleibe, sagte der Regierungskoordinator für Luft- und Raumfahrt, Thomas Jarzombek. "Die Airlines sollten die Möglichkeit bekommen, Gutscheine für Kunden auszustellen - diese könnten sie dann einlösen, wenn der Flugbetrieb wieder hochgefahren wird, oder später auch auszahlen lassen", sagte der CDU-Politiker. "Dies würde die Airlines und am Ende die Steuerzahler finanziell deutlich entlasten."

Der Wirtschaftsstaatssekretär und Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Auch kerngesunde Unternehmen halten das nicht länger aus. In der Tat könnte eine Gutscheinlösung hier Liquidität sichern." Es sei aber wichtig, dass der Kunde sicher bleibe, dass sein Geld nicht verloren gehe. Dies müsse auf eine ordentliche Grundlage gestellt werden, sagte der CDU-Politiker. Um die Veranstalter mache er sich Sorgen. In den kommenden Wochen würden enorme Rückerstattungen für ausgefallene Reisen fällig.Verbraucherschützer: unfair, besonders für Geringverdiener
Der Branchenverband DRV gehe von 4,8 Milliarden Euro bis Ende April aus. DRV-Präsident Norbert Fiebig hatte für den Fall von Reisegutschriften eine staatliche Garantie für die Kunden vorgeschlagen. Das geltende Reiserecht sehe diese Lösung bislang nicht vor. "Wenn die Bundesregierung die Reisewirtschaft in ihrer bestehenden Form erhalten will, brauchen wir Lösungen, die auf die Branche zugeschnitten sind", sagte Fiebig. Die Aufwendungen für Stornierungen von Reisen wegen der weltweiten Reisewarnung müssten mit einer "schnellen und unbürokratischen Beihilfe" ausgeglichen werden.

Unter Verbraucherschützern regt sich derweil Widerstand gegen eine Gutscheinlösung. "Die Verbraucher dürfen nicht gezwungen werden, der Reisebranche einen Kredit zu gewähren, wenn sie selber das Geld für anderes wie Miete oder Lebensmittel einsetzen wollen", sagte die Mobilitätsexpertin der Verbraucherzentrale Bundesverband, Marion Jungbluth. "Das wäre unfair und gerade für Menschen mit kleinen Einkommen eine nicht zu verantwortende soziale Härte." Gutscheine für ausgefallene Reisen müssten freiwillig bleiben.

Besser wäre es, wenn die Bundesregierung einen Schutzschirm über die Kundengelder spanne, sodass die Reiseanbieter die Anzahlungen allen Verbrauchern sofort erstatten könnten. "Dieser Fonds könnte ein Vorgriff auf die schnell nachzuholende ausreichende Insolvenzabsicherung der Reiseunternehmen sein. Ein solcher Fonds wäre transparent und würde die Liquidität der Reisebranche und der Verbraucher sichern."

Lufthansa und andere Gesellschaften versuchen derzeit, ihre Kunden von konkreten Erstattungsanträgen für stornierte Flüge abzuhalten. Sie gewähren aktuell lange Fristen, um die bereits bezahlten Tickets auf andere Flüge im Laufe des Jahres umzubuchen. Lufthansa bietet dafür sogar einen Bonus von 50 Euro an. In den professionellen Buchungssystemen etwa für Reisebüros hat der Konzern die automatisierte Erstattung einseitig gestoppt.

Insgesamt leidet der Luftverkehr wie wohl keine zweite Branche unter den Folgen der Coronavirus-Pandemie. Der Verkehr ist weltweit drastisch zurückgegangen, den Airlines droht im laufenden Jahr nach Schätzungen ihres Weltverbandes IATA ein Umsatzrückgang von umgerechnet bis zu 233 Milliarden Euro, was einem Anteil von 44 Prozent der Erlöse aus 2019 entsprechen würde.

Die Reisewarnung der Bundesregierung wegen der Coronakrise gilt vorerst bis Ende April und betrifft damit auch die Osterferien. Auch die Reisebüros benötigten dringend Unterstützung, sagte DRV-Präsident Fiebig. Diese müssten bereits erhaltene Provisionen an die Veranstalter zurückführen. "Das werden auch viele Reisebüros nicht stemmen können."

spiegel


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