Jerusalemer Tempelberg nach monatelanger Schließung wegen Corona wieder geöffnet

  01 Juni 2020    Gelesen: 1086
Jerusalemer Tempelberg nach monatelanger Schließung wegen Corona wieder geöffnet

Nach mehr als zweimonatiger Schließung wegen der Corona-Pandemie hat der Tempelberg in Jerusalem wieder geöffnet.

Die ersten muslimischen Gläubigen wurden in der Nacht zum Sonntag wieder auf das Gelände mit der Al-Aksa-Moschee gelassen. Die Wiedereröffnung wurde jedoch von Spannungen überlagert.

Schon vor dem Morgengrauen warteten Gläubige mit Schutzmasken vor dem Eingang und riefen: "Gott ist groß, wir werden Al-Aksa mit unserer Seele und und unserem Blut schützen." Anschließend wurden sie zum ersten Gebet des Tages auf das Gelände gelassen, das häufig Schauplatz von Spannungen ist. An den Eingangstoren waren israelische Soldaten stationiert.
Nach Angaben des israelischen Polizeisprechers Micky Rosenfeld wurden am Sonntag acht Muslime an der religiösen Stätte festgenommen. Demnach störten sie die "allgemeinen Besuche" und skandierten "nationalistische Rufe" gegen jüdische Israelis.

Auf dem Tempelberg befinden sich der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee. Der Tempelberg ist die drittheiligste Stätte des Islam und die heiligste des Judentums. Die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom waren wegen der Corona-Pandemie im März geschlossen worden.

In Israel infizierten sich mehr als 17.000 Menschen mit dem neuartigen Coronavirus, 284 Menschen starben. Im Westjordanland und im Gazastreifen, die zusammen rund fünf Millionen Einwohner zählen, wurden offiziell weniger als 500 Infektionen und lediglich drei Todesfälle verzeichnet.

Angesichts der sinkenden Fallzahlen wurden die Beschränkungen in Israel und den Palästinensergebieten zuletzt gelockert. Bei der Wiedereröffnung des Tempelbergs wurden zur Sicherheit Masken verteilt, zudem wurde die Temperatur der Gläubigen gemessen. In der Moschee markierten Hinweise am Boden, wie die Gläubigen mit sicherem Abstand beten konnten.

Die Wiedereröffnung des Tempelbergs wurde indes vom Tod eines behinderten Palästinensers überschattet, der am Vortag im besetzten Ost-Jerusalem von der israelischen Polizei erschossen worden war. Der Vorfall ereignete sich unweit des Tempelbergs. Die Beamten nahmen fälschlicherweise an, der 32-Jährige sei bewaffnet und schossen, als der Mann einer Aufforderung zum Stehenbleiben nicht nachkam.
Die palästinensische Führung forderte, der Schütze müsse vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden. In Onlinenetzwerken kursierte der Hashtag #PalestinianLivesMatter und #Icantbreathe in Anlehnung an die Wut über rassistische Polizeigewalt in den USA.

Israels Verteidigungsminister Benny Gantz entschuldigte sich für den Vorfall und versicherte, es werde zügige Ermittlungen geben. Die Polizei kündigte eine Untersuchung an. Zuvor hatten bereits hunderte Israelis in einem Protestmarsch gegen die Polizei demonstriert.

In jüngster Zeit hatten die Angriffe von Palästinensern auf israelische Sicherheitskräfte wieder zugenommen. Zu Beginn des muslimischen Eid-Festes zum Ende des Ramadan hatte es an der Al-Aksa-Moschee überdies Zusammenstöße zwischen der israelischen Polizei und muslimischen Gläubigen gegeben, als letztere versuchten, die Absperrungen zu dem Gelände zu durchbrechen.

Es wird befürchtet, dass es zu schwereren Spannungen kommen könnte, sollte Israel Pläne zur Annexion von Gebieten im Westjordanland in die Tat umsetzen. Die USA hatten dafür grünes Licht gegeben.

AFP.com


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