Bund prüft Opferfonds zu Oktoberfestattentat

  09 Juli 2020    Gelesen: 507
Bund prüft Opferfonds zu Oktoberfestattentat

Egal ob Politiker, Opfervertreter oder Überlebende des Oktoberfestattentats 1980 - alle sind sich einig: Auch nach der Einstellung der Ermittlungen dürfen die Opfer nicht vergessen werden. Dabei geht es auch um finanzielle Unterstützung.

Das Bundesjustizministerium erwägt einem Bericht der "taz" zufolge, die Opfer des Oktoberfestattentats von 1980 zu entschädigen. Ein Ministeriumssprecher bestätigte dem Blatt Gespräche über eine "Solidarleistung" an die Opfer: "Wir sind der Auffassung, dass das Leid der Betroffenen des Oktoberfestattentats weitere Anerkennung durch den Staat erfahren sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Generalbundesanwalt eine rechtsextremistische Motivation der Tat festgestellt hat." Eine Höhe der Entschädigung nannte der Sprecher demnach nicht.

Am Abend des 26. September 1980 hatten am Haupteingang zur Wiesn 1,39 Kilogramm TNT zwölf Festgäste in den Tod gerissen und mehr als 200 verletzt. Auch der Bombenleger starb.

Rechtsextremer Terror

Nach der Einstellung der neuen Ermittlungen zum Attentat und der Einstufung als rechtsextreme Tat waren erneut Rufe nach einem Opferfonds laut geworden. "Die Opfer leiden nach wie vor seelisch unter dem schrecklichen Ereignis, auch viele Existenzen sind durch den Anschlag zerstört worden", sagte der Rechtsextremismusexperte der SPD im bayerischen Landtag, Florian Ritter. "Dass die Tat politisch motivierter, rechtsextremer Terror war, hat die Bundesanwaltschaft nun nach fast vier Jahrzehnten offiziell bestätigt." Frühere Staatsregierungen hatten das bestritten. Die aktuelle Staatsregierung "täte also gut daran, jetzt ein Zeichen zu setzen".

Auch der Opferanwalt Werner Dietrich, der die neuen Ermittlungen 2014 in Gang gebracht hatte, sowie der Überlebende Robert Höckmayr forderten einen Opferfonds. "Durch die Einstufung der Tat als rechtsextremistisch sehe ich auch bessere Chancen für eine angemessene Opferentschädigung", sagte Dietrich. Er habe erst vor kurzem an Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht von der SPD, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und den Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter von der SPD geschrieben und sie aufgerufen, sich "angemessen und zeitnah" mit namhaften Beträgen an einem Fonds zu beteiligen.

Höckmayr hatte als Zwölfjähriger die Bombenexplosion am 26. September 1980 schwer verletzt überlebt. Er selbst habe zwei Jahrzehnte lang keine Leistungen erhalten, sagt er.

Bedauern bei OB Reiter

Münchens OB Reiter bedauerte die Einstellung der Ermittlungen. "Die Gründe hierfür liegen sicher insbesondere in den massiven Verfehlungen und Versäumnissen der ursprünglichen Ermittlungen unmittelbar nach der Tat", sagte er. Dennoch sei es wichtig, dass die Tat nun endlich offiziell als rechtsextremer Terrorakt benannt werde. "Die Einschätzung der Bundesanwaltschaft sollte auch die Grundlage dafür sein, dass die Angehörigen und Betroffenen eine längst überfällige Entschädigung aus den Fonds des Bundesamts für Justiz für Opfer terroristischer beziehungsweise rechtsextremistischer Straftaten erhalten."

Unter Berufung auf das Ministerium schreibt die "taz", dass die Stadt München die Opfer bereits 1981 und 1982 mit einer Zahlung von einer Million D-Mark entschädigt habe. 2018 habe die Stadt zudem einen Opferfonds von 50.000 Euro aufgelegt. Dieser sei 2019 nochmals um 50.000 Euro aufgestockt worden.

Der Journalist Deniz Yücel schrieb in der "Welt", neben einem Entschädigungsfonds könnten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der bayerische Ministerpräsident Söder noch etwas tun: "Sie können die Überlebenden und die Angehörigen der Ermordeten um Verzeihung für die unterlassene Aufklärung bitten. Wenigstens das."

Quelle: ntv.de, bad/dpa


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