Berliner Ärzte für neue Lockerungsstrategie

  22 Februar 2021    Gelesen: 488
Berliner Ärzte für neue Lockerungsstrategie

In einer gemeinsamen Stellungnahme appellieren Berlins Amtsärzte an die Politik, die bisherigen Corona-Beschränkungen nicht allein von den Inzidenzwerten abhängig zu machen. Diese würden das wirkliche Infektionsgeschehen nicht abbilden, so die Mediziner. Auch die sogenannte "No Covid"-Strategie sehen sie kritisch.

Berlins Amtsärzte fordern einem Medienbericht zufolge, Lockerungen nicht mehr an generelle Inzidenzwerte zu knüpfen. Es sei "nicht zielführend, Eindämmungsmaßnahmen an Inzidenzen von 20, 35, 50" zu koppeln, heißt es einer Stellungnahme der zwölf Amtsärzte der Berliner Bezirke, die dem "Tagesspiegel" exklusiv vorliegt. Demnach wurde das Papier am Wochenende als Stellungnahme an die Senatskanzlei geschickt.

"Diese Inzidenzen bilden nicht das wirkliche Infektionsgeschehen ab", schreiben die Amtsärzte. Sie seien von Testkapazitäten und dem Testwillen der Menschen abhängig. "Dadurch kommt es zu Schwankungen, die nicht die infektiologische Lage widerspiegeln."

Es sei ein Unterschied, ob Inzidenzen durch Cluster-Ausbrüche oder breite Durchseuchung zustande kämen und auch, welche Altersgruppen infiziert seien, argumentieren die Mediziner. Stattdessen schlagen sie vor, Maßnahmen nach den möglichen Konsequenzen einer Erkrankung auszurichten. Sie wollen "intensive Maßnahmen der Infektionsprävention" für Alte und Kranke und gleichzeitig eine Abmilderung der Maßnahmen für andere Gruppen wie Schulkinder. Es soll deshalb in Zukunft eine nach Alterskohorten ausgerichtete Inzidenzanalyse als "Frühwarnsystem" geschaffen werden.

Aus dem Kreis der Amtsärzte hieß es, es sei ein "großer Unterschied", ob eine Sieben-Tages-Inzidenz von 50 herrsche, alle Infizierten symptomfreie Kinder seien und die über 80-Jährigen schon durchgeimpft wären oder ob bei einer Inzidenz von 50 vor allem Risikogruppen betroffen seien. Danach müsste man auch die politischen Maßnahmen ausrichten. Sogenannte "No Covid"-Strategien, wie sie von führenden Wissenschaftlern erarbeitet wurden, kritisieren die Amtsärzte scharf. Diese würden "den Lebenswirklichkeiten nicht gerecht", heißt es. Diese Modelle würden andere Fragen der öffentlichen Gesundheit völlig außer Acht lassen.

Die Leiter der bezirklichen Gesundheitsämter fordern laut "Tagesspiegel" den Senat außerdem auf, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um "insbesondere zu dem wissenschaftlichen Stand der Impfungen" aufzuklären. Ein hoher Durchimpfungsgrad sei "eine entscheidende Säule", um sich Lockerungen leisten zu können.

Am Montag kehren in Berlin wie in vielen anderen Bundesländern die Klassen eins bis drei als erste wieder in den Präsenzunterricht zurück. Die Präsenzpflicht ist allerdings ausgesetzt, der Unterricht findet im Wechselmodell statt. Die Inzidenz in Berlin sinkt seit Tagen nicht mehr, sondern stagniert. Am Sonntag lag sie bei 56,5 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche.

Quelle: ntv.de, jpe


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