Israels Präsident beauftragt Netanyahu mit Regierungsbildung

  06 April 2021    Gelesen: 459
Israels Präsident beauftragt Netanyahu mit Regierungsbildung

Benjamin Netanyahu hat nach den Wahlen in Israel keine Mehrheit im Parlament. Staatschef Reuven Rivlin hat ihm nun dennoch das Mandat erteilt, eine Regierung zu bilden. Der Ministerpräsident habe bessere Chancen als andere.

Die politische Situation in Israel ist festgefahren. Nach der vierten Parlamentswahl innerhalb von zwei Jahren soll Benjamin Netanyahu nun erneut eine Regierung bilden. Staatspräsident Reuven Rivlin hat dem rechtskonservativen Ministerpräsidenten das entsprechende Mandat erteilt. Rivlin verkündete die Entscheidung in einer Fernsehansprache, nachdem er sich am Vortag mit Vertretern mehrere Parteien getroffen hatte.

Der Präsident betonte, zwar verfüge keiner der Abgeordneten gegenwärtig über eine Mehrheit im Parlament. Netanyahu habe aber etwas bessere Chancen als andere. Angesichts des Korruptionsprozesses gegen den Regierungschef sei es keine leichte Entscheidung gewesen, ihn erneut mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sagte Rivlin.

Der 71-jährige Netanyahu hatte zuvor bei Beratungen der Parteichefs mit Rivlin die meisten Empfehlungen erhalten: 52 Abgeordnete sprachen ihm ihre Unterstützung aus. Sein Rivale, der Oppositionsführer Jair Lapid, erhielt Empfehlungen von 45 Abgeordneten. Lapids Zukunftspartei ist in der politischen Mitte angesiedelt.

Weder Netanyahus Lager noch seine Gegner haben jedoch eine Mehrheit im Parlament mit 120 Sitzen. Deswegen bleibt die Regierungsbildung auch nach der vierten Parlamentswahl binnen vier Jahren ungewiss. Der vom Präsidenten beauftragte Kandidat hat vier Wochen Zeit für die Bildung einer Koalition und kann noch eine zweiwöchige Verlängerung beantragen.

In dem Land stehen nun schwierige und langwierige Koalitionsgespräche bevor. Eine weitere Neuwahl noch in diesem Jahr ist nicht ausgeschlossen.

Gegen Netanyahu läuft ein Korruptionsprozess, er ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Der Regierungschef spricht von einer Hexenjagd und wirft der Staatsanwaltschaft einen »Putschversuch« gegen ihn vor.

Der 57-jährige Lapid rief am Montagabend zur Bildung einer breiten Regierung ohne den Ministerpräsidenten auf. Netanyahu habe mit seinen Äußerungen bewiesen, dass er gefährlich für das Land geworden sei. Lapid bot Naftali Bennett von der ultrarechten Jamina-Partei eine Koalition mit Rotation im Amt des Ministerpräsidenten an. Er sei bereit, Bennett dabei den Vortritt zu lassen.

Überschattet wurde die Ankündigung Rivlins, Netanyahu mit der Regierungsbildung zu beauftragen, von einem Zwischenfall im Westjordanland. Israelische Soldaten haben in dem von Israel besetzten Gebiet einen Palästinenser erschossen.

Nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa fuhr der 42-Jährige gemeinsam mit seiner Frau in Bir Nabala nördlich von Jerusalem in einem Auto, als beide von »israelischen Kugeln« getroffen wurden. Der Mann starb demnach an einem Kopfschuss, seine Frau erlitt Schussverletzungen am Rücken. Die israelische Armee sprach von einem geplanten Autoanschlag, der von Soldaten vereitelt worden sei.

Laut Wafa hatte es in der Region von Bir Nabala am Vorabend gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und der israelischen Armee gegeben. Die israelische Armee erklärte, das Auto des Palästinensers habe zunächst an einem Kontrollpunkt der Armee gehalten, dann jedoch plötzlich beschleunigt und sei auf eine Gruppe von Soldaten zugesteuert. Daraufhin hätten Soldaten Schüsse abgefeuert, »um die Gefahr abzuwehren«.

spiegel


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