Für Geimpfte entsteht ein Flickenteppich

  02 Mai 2021    Gelesen: 1705
Für Geimpfte entsteht ein Flickenteppich

Spätestens Ende Mai sollte entschieden werden, wann und wie die Einschränkung der Grundrechte für vollständig Geimpfte aufgehoben wird. Doch die Debatte läuft mittlerweile noch schneller als der Impffortschritt.

Beim Impfgipfel vor einer Woche war diese Frage zwar diskutiert, die Antwort darauf aber verschoben worden: Wann werden Geimpfte ihre wegen der Corona-Pandemie eingeschränkten Freiheitsrechte zurückbekommen? Bundeskanzlerin Angela Merkel machte bei der Pressekonferenz nach der Bund-Länder-Konferenz deutlich, dass sie zwar Handlungsbedarf sieht, dies aber nicht sofort passieren müsse. Im Augenblick seien sieben Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft. "Das ist noch ein relativ kleiner Teil, aber dieser Anteil wird natürlich wachsen."

Seither hat die Debatte stärker an Fahrt aufgenommen als das Tempo beim Impfen. Am Mittwoch sprach sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet noch für ein bundeseinheitliches Vorgehen aus. Am Samstag teilte seine Landesregierung mit, in NRW würden Geimpfte und Genesene ab Montag mit Getesteten gleichgestellt. Wer also eine Corona-Erkrankung überwunden hat oder zwei Mal geimpft wurde (beziehungsweise im Fall des Vakzins von Johnson & Johnson einmal), muss künftig im Einzelhandel, in Zoos oder beim Frisör kein negatives Testergebnis mehr vorweisen. Dies sei "ein erster Schritt", sagte Laschet. Er betonte zugleich, es bleibe dabei, dass die Entscheidung über die Aufhebung von Grundrechtseinschränkungen bei Geimpften und Genesenen "im Geleit mit dem Bund und den anderen Ländern" erfolge.

NRW ist nicht das einzige Bundesland, das nicht länger auf den Bund warten will. Bayern hat vollständig Geimpfte bereits mit negativ Getesteten gleichgestellt. In der kommenden Woche solle zudem die Gleichstellung von Genesen auf den Weg gebracht werden, wie Ministerpräsident Markus Söder am Donnerstag sagte. Auch in Baden-Württemberg sind vollständig Geimpfte von der Testpflicht beim Einkauf oder vor dem Friseurbesuch befreit.

Verordnung des Bundes ist in Arbeit

Geimpfte, die Kontakt zu einem Infizierten hatten, müssen in Baden-Württemberg auch nicht mehr in Quarantäne, wenn sie symptomfrei sind. Wer geimpft ist und auch einem Hochinzidenzgebiet nach Baden-Württemberg einreist, ist ebenfalls von der Quarantäne-Verordnung befreit. Ähnliche Regelungen haben Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und das Saarland.

In Brandenburg kann zudem, wie im Nachbarland Berlin, beim Einkaufen auf Schnelltests verzichtet werden. In Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gilt dies ebenfalls, im Saarland ab dem 3. Mai. Thüringen plant die Gleichstellung mit negativ Getesteten für den 5. Mai, Sachsen fünf Tage später.

Wie bereits bei Kontaktbeschränkungen und Schließungen droht damit ein Flickenteppich, denn bis eine bundesweite Regelung in Kraft ist, dürfte es eine Weile dauern. Merkel sagte am vergangenen Montag, das Ergebnis der Diskussion über den Umgang mit Geimpften werde, wie im Infektionsschutzgesetz vorgesehen, in einer Verordnung niedergelegt, die dann vom Bundestag und vom Bundesrat beschlossen werden muss.

Die rechtliche Grundlage ist Paragraf 28c des unlängst geänderten Infektionsschutzgesetzes. Darin heißt es, "Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können", könnten per Verordnung von Geboten oder Verboten ausgenommen werden, die den Infektionsschutz betreffen. Beschlossen werden diese Verordnungen von der Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht von der SPD kündigte an, sie wolle eine solche Verordnung "schnellstmöglich" vorlegen. Final darüber entscheiden werde der Bundesrat am 28. Mai, sagte ihr CDU-Kollege, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Haseloff macht Druck

Ob dies wirklich so lange dauern muss, ist unter den Ministerpräsidenten umstritten. Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff, derzeit Präsident des Bundesrats, schlug am vergangenen Mittwoch vor, das Thema schon in der kommenden Woche zu regeln. Dem "Handelsblatt" sagte er, eine entsprechende Verordnung könne am 7. Mai den Bundesrat passieren. "Es wäre aber auch jederzeit eine Sondersitzung vor oder kurz nach diesem Datum möglich."

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sagte dagegen dem "Tagesspiegel", wenn die Priorisierung beim Impfen Anfang Juni aufgehoben werde, sei der richtige Zeitpunkt gekommen, Geimpften "gut begründete Rechte" zurückzugeben. "Wir haben alle die Priorisierung für Ältere und Risikopatienten akzeptiert", so der CDU-Politiker. "Wir sollten jetzt nicht die Jüngeren wieder zurückstehen lassen. Das wäre auch ungerecht."

Allerdings forderte Günther rasche Hotelöffnungen für Menschen mit Corona-Impfung oder negativem Testergebnis. "Wir haben uns schon bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 22. März dafür eingesetzt, Beherbergungsbetriebe zu öffnen. Die sind kein Treiber von Pandemie", sagte er. "Und je schneller wir dann auch Öffnungsschritte machen können, desto besser."

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa


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