Maas fordert von Facebook mehr Einsatz gegen Hetze im Netz

  27 September 2016    Gelesen: 470
Maas fordert von Facebook mehr Einsatz gegen Hetze im Netz
Justizminister Maas will Hasskommentare im Internet einzudämmen. Social-Media-Konzerne wie Facebook sollen in die Pflicht genommen werden, Verursacher strafrechtlich verfolgt werden. Aber auch die digitale Gemeinschaft spielt eine entscheidende Rolle.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat vor einem Jahr eine „Task Force“ ins Leben gerufen, um Maßnahmen gegen Hasskommentare im Internet zu entwickeln. Ziel sollte es sein, „strafbare Aussagen schneller zu identifizieren und aus dem Netz zu entfernen“, so der Minister damals. Er bezog sich damit vor allem auf menschenverachtende Parolen gegen Flüchtlinge, die seit der Flüchtlingskrise in diversen sozialen Netzwerken in vielfacher Weise verbreitet wurden. Ein Jahr danach zog er nun bei einer Konferenz in Berlin eine gemischte Bilanz.

Der Minister beklagte, dass es ein Gefälle gebe zwischen den Beschwerden einzelner Nutzer und solchen Beschwerden, die von Verbänden oder Organisationen wie jugendschutz.net eingereicht würden. Youtube löscht bisher nach Hinweisen von Einzelpersonen nur zehn Prozent der Inhalte, Facebook immerhin 46 Prozent. Schaltet sich hingegen jugendschutz.net ein, löscht Youtube nach einer eigenen Erhebung eben dieser Organisation 96 Prozent der Inhalte, Facebook löscht demnach 84 Prozent von Inhalten mit Hasskommentaren.

Die Diskrepanz zwischen individuell und organisatorisch gemeldeten Hasskommentaren darf zwar zurecht kritisiert werden, andererseits verschafft die 1997 gegründete Organisation einzelnen Nutzern eine Stimme. 27 Millionen Menschen sind 2016 bei Facebook registriert, da erscheint es zumindest logisch, dass der Social-Media-Riese auf Einzelbeschwerden langsamer reagiert. Der Justizminister forderte: „Wir müssen den Druck auf die Unternehmen aufrechterhalten“. Richard Allan, der europäische Regulierungschef von Facebook, sagte, dass sich bereits mehrere tausend externe Mitarbeiter insgesamt und mehrere hundert deutsche Mitarbeiter Meldungen zu Hasskommentaren widmen. Rund 100.000 Beiträge seien allein im August 2016 in Deutschland wegen Regelverstößen gelöscht worden, so Allan.

Die Organisation jugendschutz.net will an der medialen Kontrolle mitwirken. Seit 2003 ist die Organisation, die mit gesetzlichem Auftrag auf Social Media Unternehmen einwirkt, organisatorisch an die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gebunden. Sie kann, falls möglich, Hasskommentatoren direkt selbst kontaktieren oder den Verstoß an die jeweiligen Unternehmen wie Facebook oder Youtube weitergeben. Sie kann ihn aber auch an die Kommission weiterleiten, die wiederum als zentrale Aufsichtsstelle medienrechtliche Verfahren einleiten kann. Die nächsthöhere Instanz ist dann die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die mediale Angebote, Posts oder Social Media Seiten indizieren kann. Mitglieder der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) - Facebook und Youtube (beziehungsweise Google) gehören beide dazu - geben in ihren Suchmaschinen solche indizierten Angebote dann nicht mehr als Treffer an.

Immer noch viele nicht gemeldete Hass-Kommentare
Das klingt zunächst einmal nach einer guten Entwicklung, wird aber natürlich schwer der Menge an Hasskommentaren gerecht, die an dem Radar vorbei weiterhin stehenbleiben oder neu dazukommen. Es ist schwer einzuschätzen, wie groß der Anteil nichtgemeldeter Hasskommentare in den sozialen Netzwerken ist.

Wenn die Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht wirksam genug sei, schließe er ein rechtliches Einschreiten nicht aus, sagt Maas. Etwa in Form von Transparenzregeln, die Unternehmen dazu verpflichten, die Anzahl der Beschwerden und ihren Umgang damit offenzulegen. Neben dem Druck auf Unternehmen setzt Maas auch auf die rechtliche Verfolgung von Hassparolen und hetzenden Posts. Erst im Juli gab es eine bundesweite Razzia, bei der Wohnräume von 60 mutmaßlichen Hasskommentatoren im Netz durchsucht wurden.

Der Ausdruck Hasskommentar, der die deutsche Entsprechung zu dem amerikanischen Ausdruck Hate Speech ist, bezieht sich vor allem auf den Strafbestand der Volksverhetzung. „Es geht um viel, um nichts Geringeres als den inneren Frieden in unserer Gesellschaft und die Streitkultur in unserer Demokratie“, sagte Maas.

Damit nahm der SPD-Politiker direkt Bezug darauf, ab wann von Volksverhetzung die Rede ist, nämlich nach § 130 des Strafgesetzbuches bei Tatbeständen, die den öffentlichen Frieden gefährden. Das sind zum Einen Äußerungen gegen Personen einer national, rassisch, religiös oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, die zum Hass aufstacheln oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordern. Zum Anderen gelten Personen, die andere Personen in ihrer Menschenwürde dadurch angreifen, dass sie sie in verachtender Weise beschimpfen, böswillig verächtlich machen oder verleumden als Volksverhetzer.

Neben strafrechtlichen Maßnahmen darf aber auch auf die digitale Zivilgesellschaft gebaut werden. Insbesondere über twitter verbreiten sich nicht nur Hasskommentare in Windeseile, sondern auch Äußerungen und Posts, die auf diese Hasskommentare reagieren. Fotos von Posts, die unter die Kategorie der Hasskommentare fallen, kursieren dort schneller als manch Nutzer seinen Hasskommentar gerne wieder löschen würde. Möglich, dass diese Selbstkontrolle der Nutzer effizienter ist als Maßnahmen von Organisationen und Behörden.


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