Billig-Öl wird zum Problem

  21 Januar 2016    Gelesen: 750
Billig-Öl wird zum Problem
Niedrige Ölpreise gelten gemeinhin als Segen für die Weltwirtschaft. Doch je billiger der Rohstoff derzeit wird, umso größer werden die Sorgen. Aus guten Gründen.
Der dramatische Einbruch der Ölpreise lässt ganze Industriezweige und Verbraucher jubeln: Autofahrer tanken billiger, Airlines verdienen prächtig, und Fabriken können günstiger produzieren. Doch der Preisverfall hat eine Kehrseite. Förderländer und Energiekonzerne stecken in erheblichen Schwierigkeiten, Banken bekommen ernste Probleme. So paradox es klingt: Wegen des Billig-Öls wachsen die Konjunktursorgen.

Das liegt vor allem daran, dass der Ölpreis sehr schnell einbricht – und sich weder die Ölindustrie noch die Förderländer darauf einstellen konnten. Die Einnahmen der Ölexporteure brechen ein: Saudi-Arabien rutscht in diesem Jahr wohl in die Rezession, Russland steckt bereits drin. Beide Länder haben rigorose Sparprogramme angekündigt.

Der Irak, zudem noch in einen Krieg mit dem IS verwickelt, leidet ebenfalls. Venezuela hat den wirtschaftlichen Notstand ausgerufen. Auch Nigeria und Algerien macht der Preisverfall schwer zu schaffen.

Für viele Unternehmen der Ölbranche werden die Probleme derweil existenziell. Oder wie es die Internationale Energieagentur formuliert: "Wenn sich nichts ändert, kann der Markt im Überangebot ertrinken." 250.000 Jobs hat die Branche Analysten zufolge weltweit in den vergangenen Monaten bereits abgebaut.

Vor allem für die US-Fracking-Industrie ist das Billig-Öl bedrohlich. Denn die teure und technisch aufwändige Förderung lohnt sich kaum noch – noch mehr Insolvenzen drohen. Seit Beginn des noch jungen Jahres sind nach Angaben der texanischen Kanzlei Hayne and Boone mehrere Dutzend US-Ölfirmen in den Bankrott gerutscht. Die New Yorker Börse nahm zuletzt Sandridge Energy von den Kurszetteln.

Auch die Energieriesen bekommen Probleme. So hat Royal Dutch Shell im vierten Quartal nur halb so viel verdient wie ein Jahr zuvor. Anfang der Woche hatte bereits der Chef des französischen Konzerns Total vor einem Gewinneinbruch gewarnt. Nun werden die Investitionen zusammengestrichen, kündigte Patrick Pouyanne an. Die Aktienkurse der Multis kennen derzeit nur eine Richtung: nach unten.

Banken bilden Polster

Den Sparkurs der Ölkonzerne werden wohl andere Branchen zu spüren bekommen. Denn die Nachfrage nach Maschinen, Lastwagen, Stahl oder Transport-Infrastruktur wird sinken. Da kommt eine signifikante Summe zusammen: Die Berater von Wood Mackenzie gehen davon aus, dass die Ölbranche weltweit bisher Investitionspläne in Höhe von 380 Milliarden Dollar gekippt hat.

Ein weiteres Problem: Ölfirmen müssen fürchten, schwieriger an Geld zu kommen. Investoren stecken ihr Geld ungern dorthin, wo die Renditen nicht mehr stimmen und die Unsicherheit wächst.

Auch für Banken wird der rapide fallende Ölpreis langsam unangenehm. Denn sie haben der Branche in Zeiten kräftig steigender Preise viel Geld geliehen. "Das Problem beginnt sich auszuweiten", sagte William Demchak, Chef der PNC Financial Services. Die negativen Folgen der einbrechenden Ölpreise für die Kredite erwischten "jeden, der seit Beginn des Ölbooms mit im Spiel war". Die Finanzinstitute bilden bereits die Rückstellungen. Die Citigroup beispielsweise hat die Reserven für faule Kredite erstmals seit 2009 erhöht – um knapp 500 Millionen Dollar. Davon entfällt die Hälfte auf Kredite für die Ölbranche.

Förderer gehen pleite, Investitionen werden gestrichen: Die Branche hofft, dass dadurch das Angebot an Öl sinkt und die Preise wieder kräftig anziehen. Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Der Iran drängt nach dem Ende der Sanktionen zurück auf den Markt und ist entschlossen, so viel Öl wie möglich zu fördern.

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