Hunderttausende sind in den vergangenen Wochen auf die Straße gegangen - dafür, dass sich die Regierung ehrgeiziger beim Klimaschutz engagiert. Der Wunsch der Demonstrierenden war unüberhörbar. Und auch abseits der Straße ist das Meinungsbild deutlich. Umfragen belegen: Die Mehrheit der Deutschen erwartet von der politischen Führung, mehr dagegen zu tun, dass unsere Gesellschaft allzu großzügig mit ihren begrenzten Ressourcen umgeht. Das Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel war in den vergangenen Wochen in dieser Frage nicht untätig. Es hat nun ein Gesetz vorgestellt. Darum dürfte noch heftig gestritten werden - zum Schaden aller.
Laut dem geplanten Gesetz bekommt CO2 einen Preis. Doch der ist so gering, dass er eine Wirkung nach Ansicht von Wissenschaftlern weit verfehlen wird. Bahnfahrten sollen ein bisschen günstiger werden, Inlandsflüge ein paar Euro teurer. Ob das aber eine grundlegende Verkehrswende anstößt, ist sehr fraglich. Moderne Heizungen, Gebäudedämmungen und E-Autos sollen gefördert werden - viele teure Einzelmaßnahmen mit umstrittener Wirkung.
Ob das Klimaschutzgesetz ausreichend ist oder nicht, darüber soll hier nicht geurteilt werden. Die einen sagen: Es ist ein gelungener Anfang, man darf die Menschen nicht überrumpeln. Die anderen meinen: zu wenig, zu unambitioniert. In jedem Fall ignoriert das Gesetz das politische Klima im Land. Es wurde beschlossen von zwei Regierungsparteien, deren Stimmenanteile seit einer Weile erodieren. Das mag zweitrangig sein, wenn das Gesetz den Bundestag passieren muss, in dem noch die Mehrheitsverhältnisse aus dem März 2017 abgebildet sind. Doch es wird zum Problem, wenn das Vorhaben durch den Bundesrat kommen soll.
Im Bundesrat droht die Blockade
In den Mehrheitsverhältnissen der Zweiten Kammer hat sich der massive Aufwärtstrend der Grünen bereits niedergeschlagen. In neun Bundesländern regiert die Öko-Partei inzwischen mit. Nach den jüngsten Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg könnten es elf werden, sollten die Verhandlungen zu Kenia-Koalitionen in Dresden und Potsdam erfolgreich verlaufen. Auch die Zustimmungen der von den Linken mitregierten Länder Bremen und Berlin - in Thüringen wird Ende des Monats gewählt - wird es nicht umsonst geben. Sie werden von Union und SPD Zugeständnisse fordern.
Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Kurz nach dem Bekanntwerden der Details aus dem Paket haben die Grünen bereits Widerstand im Bundesrat angekündigt. Dass sie dort eine inzwischen mächtige Stimme haben, zeigt sich daran, dass sie in der Asylpolitik ein Gesetz zur Einstufung der Maghreb-Staaten seit langem blockieren. Grünen-Chef Robert Habeck hat von seiner Partei gefordert, im Bundesrat "das Maximum rauszuholen". Die Partei wird versuchen, CDU und SPD zu weitreichenden Kompromissen zu zwingen - angesichts der massiven Kritik ist das ihr gutes Recht.
Doch die Groko hat erhebliche Probleme damit, über die im Gesetz festgelegten Ziele hinauszugehen. Das hat sich in den vergangenen Tagen gezeigt. Denn während Frankreich, die Niederlande, Spanien, Portugal, Schweden, Dänemark, Lettland und Luxemburg kürzlich sogar eine drastische Verschärfung des Klimaschutzziels für 2030 gefordert haben, wurde in Deutschland bekannt, dass die ursprüngliche Version des Klimaschutzgesetzes bis zur Verabschiedung durch das Kabinett deutlich abgeschwächt wurde. Mit der Vorreiterrolle hat diese Regierung ein Problem.
Es ist also zu befürchten, dass es im Bundesrat zum Kräftemessen kommt zwischen den Kräften, die auf der Seite der Klimaschutzbewegung stehen und der verantwortlichen Politik mit ihrem nach Ansicht von Kritikern zu kurz gedachten Mittelweg. Bis zu einer Lösung wird gar kein Gesetz verabschiedet werden. Diese verlorene Zeit ist ein Problem. Denn die Erderwärmung ist kein Prozess, bei der die Zeit auf unserer Seite ist.
Quelle: n-tv.de
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