Facebook und YouTube müssen Terrorpropaganda künftig binnen einer Stunde löschen

  11 Dezember 2020    Gelesen: 431
Facebook und YouTube müssen Terrorpropaganda künftig binnen einer Stunde löschen

Im Internet rekrutieren Terroristen Nachwuchs. Künftig werden Plattformen in der EU deshalb stärker in die Pflicht genommen. Kritiker befürchten, dass Regierungen so unliebsame Inhalte angehen könnten.

Dienste wie Facebook oder YouTube müssen Terrorpropaganda in der EU künftig binnen einer Stunde löschen, nachdem sie von der zuständigen Stelle eines EU-Staats dazu aufgefordert worden sind. Darauf einigten sich Unterhändler von Europaparlament und EU-Staaten am Donnerstag. Für systematische Verstöße drohen den Unternehmen hohe Strafen.

Nach den jüngsten Anschlägen in Wien, Dresden, Nizza und bei Paris hatten etliche Spitzenpolitiker – unter ihnen Kanzlerin Angela Merkel – darauf gedrungen, dass die Verhandlungen zwischen Parlament und EU-Staaten schnell abgeschlossen werden. Beide Seiten müssen die Einigung nun noch formell bestätigen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen hatten vor zentralen Punkten des Vorhabens gewarnt. Eine Löschfrist von einer Stunde sei insbesondere für kleinere Provider nicht machbar. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei, befürchtet zudem einen Missbrauch der Verordnung: »Behörden in allen EU-Mitgliedstaaten (einschließlich denjenigen mit rechtsstaatlichen Problemen wie Ungarn und Polen) werden strafbewehrt die Löschung angeblich terroristischer Inhalte innerhalb einer Stunde von beliebigen Website-Betreibern auch im Ausland anordnen können. So könnte etwa Ungarns Regierungschef Orbán künftig die Löschung von Internetveröffentlichungen in Deutschland anordnen.«

Eine Stunde ist »das entscheidende Zeitfenster«
In Dresden hatte am 4. Oktober ein als Gefährder eingestufter Syrer mit einem Messer einen Mann tödlich und einen weiteren Mann schwer verletzt. Als Gefährder bezeichnen die Sicherheitsbehörden Menschen, denen sie schwerste politisch motivierte Vergehen bis hin zum Terroranschlag zutrauen.

In Paris wurde ebenfalls im Oktober ein Lehrer von einem mutmaßlichen Islamisten enthauptet, in Nizza wurden drei Menschen von einem Gewalttäter in einer Kirche getötet. In Wien erschoss ein Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat vier Menschen und verletzte mehr als 20 weitere.

Die jetzige Einigung beruht auf einem früheren Vorschlag der EU-Kommission. Eine Stunde sei »das entscheidende Zeitfenster, während dessen Öffnung größter Schaden angerichtet werden kann«, sagte der ehemalige Kommissionschef Jean-Claude Juncker 2018.

Unternehmen wie Facebook und Googles Videoplattform YouTube betonen stets, dass sie Terrorinhalte inzwischen in vielen Fällen binnen weniger Minuten löschen – und noch bevor irgendjemand sie sieht.

spiegel


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