Über platonische Freundschaften im Job

  25 März 2017    Gelesen: 533
Über platonische Freundschaften im Job
Gemeinsam arbeiten und gleichzeitig befreundet sein - das kennt man. Doch wenn es gleichzeitig so ein kleines bisschen knistert zwischen den Kollegen, ist die Rede von "Work Spouses". Zu nahe sollte man sich besser nicht kommen.
Filmpreise, Reichtum und Ruhm: Mit Jennifer Lawrence und Bradley Cooper haben die meisten erstmal wenig gemeinsam. Doch zahlreiche US-Medien sagen den beiden etwas nach, das an dem einen oder anderen Arbeitsplatz auch vorkommt: eine Arbeits-Ehe. Die US-Schauspieler Cooper und Lawrence haben viele Filme miteinander gedreht. Sie kennen sich gut, gelten als "Work Spouses" (dfeutsch: Arbeits-Ehepartner). Doch was ist das eigentlich - und taugt das auch für den ganz normalen Arbeitsalltag?

Eine Arbeitsehe sei eine tiefe platonische Freundschaft mit einem Arbeitskollegen, erklärt Sabine Hommelhoff und bezieht sich dabei auf eine Studie zum Thema. Hommelhoff arbeitet am Lehrstuhl für Psychologie im Arbeitsleben an der Universität Erlangen-Nürnberg und forscht unter anderem zum Thema Freundschaft am Arbeitsplatz. Besonders an diesen Arbeits-Ehen sei, dass sie ein "romantisches Potenzial" haben - es besteht also rein theoretisch die Möglichkeit einer romantischen Beziehung.

Missverständnissen, Gerüchten und Lästereien

Eine solche Beziehung bringe natürlich neben all den positiven und schönen Seiten auch Probleme mit sich, erklärt Hommelhoff. Zum einen könne es zu Missverständnissen, Gerüchten und Lästereien kommen. "Das heißt, harmlose Aussagen könnten unter Umständen als romantisches Interesse fehlinterpretiert und als unangenehm empfunden werden", so die Expertin.

Außerdem kann zu viel private Nähe am Arbeitsplatz auch schwierig werden - besonders mit Blick auf die Gesprächsthemen. "Man muss genau aufpassen, dass man eine bestimmte Grenze nicht überschreitet", warnt Hommelhoff. Mancher spreche zwar auch auf der Arbeit über Krankheiten, Familienplanung oder sogar sexuelle Vorlieben - für andere sei das undenkbar. Wer von seinem Arbeits-Ehepartner allzu private Fragen gestellt bekommt, sollte sich ein paar gute Antworten oder Gegenfragen zurechtlegen, rät die Expertin. Das kann etwa sein: "Das ist mir zu privat" oder "Warum willst du das wissen?".

Und ob Arbeits-Ehe oder einfach nur vertrautes Verhältnis am Arbeitsplatz: Zu viel Nähe kann auch zu Problemen im Job führen. Denn wenn Diskretion gefragt ist, könne es zu Konflikten kommen, sagt Hermann Refisch, Kommunikationsexperte aus Frankfurt/Main. Ein Beispiel: Ein Kollege weiß vom Chef etwas über eine Personalie - darf aber nicht drüber sprechen. Der Arbeits-Ehepartner sagt: "Aber mir kannst du es doch sagen!" "Das ist ein Dilemma, sehr heikel", erklärt Refisch. Und man ist gut beraten, die Personalie dann nicht auszuplaudern. Auch wenn der eine Kollege aufsteigt und der andere nicht, kann das schnell zu Ärger führen - und zum Ende der Arbeits-Ehe.

Ein anderes Problem kann die Außenwahrnehmung sein. Refisch hält es für gefährlich, privat ganz eng miteinander zu sein - es aber nach außen hin zu verheimlichen: "Die Menschen sind sehr sensibel. Die nehmen das wahr und denken: Da stimmt was nicht." Aber wenn zwei im Büro nur klüngeln, kann das unter Umständen bei den Kollegen auch nicht gut ankommen.

Der Chef und seine Sekretärin

Auch Gerüchte über eine mögliche sexuelle Beziehung zwischen den Arbeits-Ehepartnern können die Stimmung vergiften. Refisch rät, nicht immer nur zu zweit essen zu gehen und in Diskussionen auch mal eine gegensätzliche Position einzunehmen.

Doch eine enge Beziehung am Arbeitsplatz - das hat ja nicht nur Nachteile, oder? Einer Untersuchung des Bundesarbeitsministeriums zufolge schätzen Personalverantwortliche ein gutes Betriebsklima und persönlichen Kontakt. Der Grund: Diese Faktoren zählen neben der Vergütung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu den Faktoren, die Mitarbeiter an den Betrieb binden.

Und eine gute Beziehung im Job kann sich auch auf die Arbeit auswirken: Eine US-amerikanische Studie kam bereits 1997 zu dem Ergebnis, dass Gruppen, deren Mitglieder befreundet sind, bei Entscheidungsprozessen besser abschneiden als Gruppen, deren Mitglieder nur Bekannte sind. Das US-amerikanische Marktforschungsinstitut Gallup stellt fest, dass die Loyalität zum Unternehmen auch davon abhängt, wie gut die Mitarbeiter sich untereinander verstehen.

Auch Refisch sieht Vorteile in der Arbeits-Ehe oder auch engem privaten Kontakt im Büro. "Freunde sind in der Lage, eine sinnvolle Form von Feedback zu geben", erklärt er. Und Feedback sei auf allen Ebenen im Unternehmen wichtig und oft Mangelware. Man könne außerdem unfertige Gedanken miteinander diskutieren und sich so gegenseitig inspirieren.

Wie verbreitet Arbeits-Ehen sind, lässt sich nicht sagen - dazu gibt es keine Zahlen. Doch das Phänomen ist nicht zwangsläufig neu - auch bei dem ehemaligen US-Präsident George W. Bush und Außenministerin Condoleezza Rice war schon von Work Spouses die Rede. Diese Verbindung ist bald fast ein Jahrzehnt her - doch Refisch fällt noch ein viel älteres Beispiel für Arbeits-Ehepartner ein: der Chef und seine Sekretärin. So antiquiert muss es heute freilich nicht mehr zugehen - in der Arbeits-Ehe.

Quelle: n-tv.de

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