Wenn in der Bundeswehr zu spät geprüft wird

  28 April 2017    Gelesen: 473
Wenn in der Bundeswehr zu spät geprüft wird
Ermittler haben offenbar den Anschlag eines deutschen Soldaten verhindert. Es sei überfällig, dass der Geheimdienst schon Bewerber bei der Bundeswehr scannen darf, sagt SPD-Politiker Arnold. Der Fall nährt die Angst vor Extremisten in der Truppe.
Ein Bundeswehrsoldat mit rechter politischer Gesinnung, der sich als Flüchtling ausgibt, um dann einen Anschlag zu verüben. Die Behörden kommen ihm nach Jahren auf die Schliche und nehmen ihn fest. Das klingt nach Krimi-Drehbuch, ist aber zumindest zum Teil Realität. Der Oberleutnant sitzt nun in Untersuchungshaft. Weil die Faktenlage spärlich ist, schießen Spekulationen über seine Motive ins Kraut.

"Dass er sich als Flüchtling ausgegeben hat, um ihnen politisch motiviert einen möglichen Anschlag in die Schuhe zu schieben, ist reine Spekulation, dafür gibt es keine Anhaltspunkte", sagt Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. Der 28-Jährige aus Offenbach, der in Frankreich stationiert war, kassierte neben seinem Sold auch Geld als registrierter Flüchtling. "Er war wohl persönlich in einer schwierigen Lage", so Arnold: "Dieser offensichtlich findige junge Mann mit hoher krimineller Energie könnte sich gedacht haben, dass er so ein paar hundert Euro mehr pro Monat abgreifen kann."

Mit seinem Rang hatte der Festgenommene vermutlich mehr als 100 Soldaten unter sich, sagte der stellvertretende Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Dominic Kudlaceker. Der Festgenommene war also kein Niemand in der Truppe und von rechter Gesinnung. Der Soldat, der sich "David Benjamin" genannt haben soll, wurde erst auffällig, als er Anfang des Jahres eine im Wiener Flughafen versteckte Waffe holen wollte. Als angeblicher Flüchtling flog er auf, weil seine Fingerabdrücke mit denen seiner gefälschten syrischen Identität übereinstimmten.

"Strategie im rechten Milieu"

Arnold sieht in dem Fall die Folgen mehrerer Probleme: "Zur Zeit der Wehrpflichtarmee gab es bereits eine statistische Häufung rechtsextremer Straftaten bei Wehrpflichtigen." Uniformberufe hätten eine Strahlkraft auf Menschen mit solchen Gesellschaftsbildern, aber mit der Umwandlung der Bundeswehr zur Berufsarmee habe dies nichts zu tun. "Es gibt die Strategie im rechten Milieu, sich die Ausbildung bei der Truppe zunutze zu machen." Dagegen helfen könne der Militärische Abschirmdienst MAD. Der habe viel zu spät gehandelt, sagte der Linken-Abgeordnete André Hahn nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, das die Arbeit der Geheimdienste überwachen soll.

Der Fall zeuge auch "vom Fiasko bei der Flüchtlingsaufnahme", sagt Arnold. "Es kann nicht sein, dass nicht geprüft wurde, mit welchem Dialekt er Arabisch spricht, dann hätte man ja feststellen können, ob er wirklich aus Syrien kommt." Grünen-Politiker Omid Nouripour findet es merkwürdig, dass ein solches Doppelleben bei der Bundeswehr nicht auffällt. "Die Bundeswehr hat an vielen Stellen viel zu spät grundsätzlich überprüft", sagte der Verteidigungsexperte im ZDF. Dort müsse man nun darüber nachdenken, welche Konsequenzen man aus diesem Fall ziehe.

Bislang darf der MAD nur bei bereits eingestellten Personen seine Sicherheitsüberprüfung durchführen. Das ändert sich allerdings: Ab 1. Juli darf der Geheimdienst alle Bewerber für eine Soldatenlaufbahn durchleuchten, weil es Befürchtungen gibt, dass auch Islamisten sich die militärische Ausbildung zunutze machen wollen.

Es sei überfällig, dass der Geheimdienst alle Bundeswehrbewerber früh scannen darf, sagt Arnold. "Es wäre nicht mit viel Aufwand verbunden, nachzuprüfen, ob sie etwa online in rechtsextremen Foren unterwegs sind." Der Bundeswehrverband, der die Interessen von Mitgliedern der Truppe vertritt, wollte sich auf Anfrage von n-tv.de nicht äußern. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, verwies auf die laufenden Ermittlungen.

"Es muss sauber und akribisch aufgeklärt werden", forderte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Der MAD befragte den Festgenommenen erst in der vergangenen Woche.

Quelle: n-tv.de

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