Die Nominierung von Mehmet Simsek zum türkischen Finanzminister kann die Talfahrt der Landeswährung vorerst nicht stoppen. Dollar und Euro stiegen am heutigen Montag um jeweils mehr als ein Prozent. Mit 21,245 beziehungsweise 22,7089 Lira markierten sie jeweils ein Rekordhoch.
Simsek, der bereits 2009 und 2018 Finanzminister war, hatte am Wochenende die Rückkehr seines Landes zu "rationalen Grundlagen" in der Wirtschafts- und Finanzpolitik angekündigt. Er hoffe, dass diese Trendwende gelinge, sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. "Aber allein Simseks Ernennung kann nicht Anlass sein, das zu prognostizieren. Nicht nach der Erfahrung der letzten Jahre."
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Jahren mehrere Finanzminister und Notenbankchefs gefeuert, um seine Wirtschafts- und Geldpolitik durchzusetzen. Erdogan ist ein selbst ernannter "Zinsfeind" und will mit billigem Geld die Wirtschaft ankurbeln. Weil dadurch aber der Kurs der Lira verfällt, verteuern sich Importe und heizen die Inflation an. Die Teuerung kühlte sich zuletzt zwar etwas ab, lag im Mai aber immer noch bei fast 40 Prozent.
Die Türkei ist zunehmend von finanziellem Ruin bedroht, was vor allem eine Folge der Politik ist. Zwar ist die Inflation in der Türkei im Mai den siebten Monat in Folge gesunken. Die Verbraucherpreise stiegen im Mai gleichwohl noch immer um 39,6 (April: 43,7) Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Laut Devisenanalyst Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank wird die aktuelle Geldpolitik, wenn sie fortgesetzt werde, den Wert der Lira zunehmend reduzieren; nur eine 180-Grad-Wende könne das verhindern.
Seit 2018 wisse man, dass Erdogans abweichende Meinung zur Geldpolitik auf einem Denkfehler beruhe, den üblicherweise Ökonomie-Studenten im 2. Semester nicht mehr begingen. Das eigentliche Problem bestehe aber darin, dass im politischen System der Türkei bislang die Mechanismen fehlten, diesen Fehler einer Einzelperson zu korrigieren.
Quelle: ntv.de, jki/rts/DJ
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