AMG bringt Lotus-Kunden beim Emira, dem letzten Sportwagen der Briten mit Verbrennungsmotor, in Verlegenheit. Und das nicht, weil die Mercedes-Marke ein Konkurrenzmodell konstruiert hat. Vielmehr leistet der aus Affalterbach gelieferte 2,0-Liter-Vierzylinder im Lotus Emira Turbo SE nun 294 kW/400 PS. Damit zieht die bisherige Einstiegsmotorisierung mit dem 3,5-Liter-Motor des Emira V6 gleich. Mehr noch: Mit 480 Newtonmeter Drehmoment und 93 Kilogramm weniger Leergewicht hat der kleine Bruder bessere Fahrleistungen bei geringerem Verbrauch. Mit einem Einstiegspreis von 109.490 Euro ist er auch noch 3000 Euro günstiger.
Das Kürzel "SE" stand bei Lotus historisch für "Special Equipment", also so etwas wie eine optionale Sonderausstattung. Da der Emira Turbo SE das Kürzel trägt, gehört das "Lotus Drivers Pack" paradoxerweise zu seiner Serienausstattung. Das bedeutet: ein sorgsam abgestimmtes Sportfahrwerk sowie verstärkte, quergelochte und belüftete Bremsscheiben und eine Launch Control sind Standard. Das Paket ergänzen graue 20-Zoll-Leichtmetallfelgen mit kontrastierenden roten Bremssätteln und ein Dachhimmel aus Alcantara.
Mehr PS, schneller als bisher
Gegenüber der seit 2022 verkauften First Edition des Emira leistet der bei AMG M139 genannte Vierzylinder 40 PS mehr und verfügt über ein 50 Newtonmeter höheres Drehmoment. Auch das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe kommt aus dem Schwabenland. Diese Kombination beschleunigt den Emira Turbo SE in vier Sekunden von 0 auf 100 km/h und auf eine Höchstgeschwindigkeit von 291 km/h - das sind 16 km/h schneller als bisher.
Wir hatten Gelegenheit, den Emira Turbo SE in Schweden zu testen - rund um Göteborg und auf der Rennstrecke Falkenberg Motorbana. Die Sitzposition in dem nur 1,23 Meter hohen Zweisitzer ist extrem tief. Durch den als Mittelmotor im Heck positionierten Antrieb fällt die Front vor der Windschutzscheibe aus aerodynamischen Gründen so steil ab, dass hinterm Lenkrad nicht auszumachen ist, wo sie endet.
Belagwechsel spürbar
Die Lenkung spricht direkt an und gibt so viel Rückmeldung, dass selbst ein Belagwechsel auf der Autobahn im Lenkrad zu spüren ist. Was auf der Rennstrecke für Präzision sorgt, kann bei langen Fahrten durchaus nerven. Denn der Emira neigt dazu, Spurrillen und Fahrbahnunebenheiten hinterherzulaufen. Das fühlt sich fast wie der Eingriff eines Spurhalteassistenten an - nur, dass es eben aus der Spur geht.
Bei hohem Tempo ist der Brite aber jedem Zweifel erhaben. Bei 200 km/h erzeugt die Aerodynamik 55 Kilogramm Abtrieb. Normale Pkw haben bei diesem Tempo Auftrieb, was für schwindende Fahrstabilität sorgt. Die akustische Kulisse ist angesichts des für einen Sportwagen kleinen Hubraums durchaus achtbar. Ein vollmundiger, sonorer Klang begleitet das druckvolle Beschleunigen. Wer auf der Autobahn Richtgeschwindigkeit fährt, drückt den Benzinverbrauch auf unter zehn Liter.
Standfeste Bremsen
Auf der Rennstrecke ist der Emira Turbo SE auch für Amateure leicht beherrschbar. Die Bremsen sind auch nach mehreren schnellen Runden standfest. Durch drei Fahrmodi - von Touring über Sport bis hin zu Track - lässt sich stufenweise verstellen, wie sehr die elektronischen Fahrhilfen unterstützen sollen. Damit kann der Sportwagen an zunehmende Erfahrung angepasst werden.
Es bleibt die Frage, für wen der Emira V6 nun noch infrage kommt. Laut Lotus ist der große Bruder noch mehr für die Rennstrecke ausgelegt. Außerdem können ihn Puristen mit einem klassischen Schaltgetriebe ordern. Eine Option, die es beim Turbo nicht gibt. Insofern sollten sich dessen Käufer am halbautomatischen Modus via Schaltpaddles am Lenkrad erfreuen. Denn wenn Lotus den Emira eines Tages einstellt und damit ausschließlich elektrische Fahrzeuge herstellen wird, ist auch ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe Geschichte.
Lotus Emira Turbo SE - technische Daten
Zweitüriges Coupé der Kompaktklasse
Länge: 4,41 Meter, Breite: 1,90 Meter (mit Außenspiegeln: 2,09 Meter), Höhe: 1,23 Meter, Radstand: 2,58 Meter, Kofferraumvolumen: 151 Liter
2,0-Liter-Benziner: 294 kW/400 PS, Drehmoment 480 Nm; Hinterradantrieb, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
0-100 km/h: 4,0 s, Vmax: 291 km/h, Normverbrauch: 9,192 l/100 km, CO₂-Ausstoß: 208 g/km
Preis: 109.490 Euro
Quelle: ntv.de, Martin Westerhoff, sp-x
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