"Mainstream" ist dabei für viele ein Schlüsselbegriff im Selbstverständnis bei der Selbstbeschreibung. Viele wollen mehr noch als vor wenigen Jahren so sein "wie alle". Ein mehrheitlich gemeinsamer Wertekanon vor allem aus sozialen Werten deutet den Experten zufolge auf eine gewachsene Sehnsucht nach Aufgehoben- und Akzeptiertsein, Geborgenheit, Halt sowie Orientierung hin.
Toleranz, kein Fanatismus
Die Mehrheit der Jugendlichen ist sich der Studie zufolge darin einig, dass gerade in der heutigen Zeit ein gemeinsamer Wertekanon von Freiheit, Aufklärung, Toleranz und sozialen Werten gelten muss, weil nur er das "gute Leben", das man in diesem Land hat, garantieren kann. Und, vor dem Hintergrund der Flüchtlingsthematik besonders spannend: Das trifft auch und gerade für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu, allen voran die muslimischen. Diese distanzieren sich demonstrativ von religiösem Fundamentalismus. Die Akzeptanz von Vielfalt nimmt zu, vor allem religiöse Toleranz wird als wichtige soziale Norm hervorgehoben.
Dabei spielt die Religion eine geringere Rolle als Werte "an sich". Jugendliche sind der Studie zufolge zwar an Sinnfragen interessiert, aber skeptisch gegenüber Religionsgemeinschaften als Institutionen. Die eigene Glaubensgemeinschaft ist in den meisten Lebenswelten nicht besonders wichtig, wird aber auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Religiöse Heterogenität im Freundeskreis wird akzeptiert, wichtig ist jedoch, dass es eine gemeinsame Wertebasis gibt. Religiöse Begründungen von Gewalt lehnen Jugendliche aller Lebenswelten deutlich ab. Speziell bei den befragten muslimischen Jugendlichen zeigt sich eine Festigung von religiöser Toleranz.
In allen Lebenswelten findet sich eine Mehrheit für die Aufnahme von Geflüchteten und Asylsuchenden. Ganz sind die Sorgen aber nicht getilgt: In Teilen der Jugend in Deutschland werden auch Ressentiments und ausgrenzende Haltungen gegenüber Menschen anderer nationaler Herkunft und sozialen Randgruppen geäußert.
Die große Frage der Nachhaltigkeit
Auch Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind Themen, die bei den Jugendlichen auf der Agenda stehen. Aus der Perspektive vieler ist der Höhepunkt der digitalen Durchdringung des eigenen Alltags erreicht. Die bislang als jugendtypisch eingeordnete, bedingungslose Faszination ist offenbar größtenteils geschwunden. Jugendliche kennen die Risiken wie Überwachung oder unkontrollierte Datennutzung. Deshalb möchten sie der Studie zufolge digitale Medien nicht nur nutzen, sondern auch verstehen. Digitale Kompetenzen sind in den Lebenswelten dabei immer noch unterschiedlich ausgeprägt.
Zweifel kommen Jugendlichen vor allem bei der Frage, was sie selbst bewirken können: Umweltschutz, die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und kritischer Konsum beschäftigen die 14- bis 17-Jährigen zwar. Im Alltag ist die Handlungsrelevanz dieser Themen den Studienautoren jedoch aus verschiedenen Gründen beschränkt: Preisargumente und das Gefühl, dass Einzelne nicht viel ändern können, sorgen dafür, dass Jugendliche ihr Kaufverhalten in der Praxis kaum anpassen.
Die Jugendstudie wird alle vier Jahre vom Sinus-Institut durchgeführt. Die Ergebnisse beruhen auf qualitativen Tiefen-Interviews, die mit Jugendlichen geführt wurden. Auftraggeber sind die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und die VDV-Akademie.
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