Clinton überragt ihre Gegner
Drei Erwartungen erfüllen die fünf Präsidentschaftsanwärter auf der Bühne eines Hotels in Las Vegas deshalb: Sie gehen ziviler als das republikanische Dutzend miteinander um, orientieren sich eher an Sachthemen und sind sich dort häufig ziemlich einig.
Der Respekt geht so weit, dass Bernie Sanders zu Hillary Clinton sagt: "Die Amerikaner sind es leid, die ganze Zeit von deinen verdammten E-Mails zu hören. Sie wollen etwas über Themen erfahren." Er kritisiert damit Medien und Republikaner, nicht seine Gegnerin - die schüttelt ihm lachend und dankbar die Hand für die freundlichen Worte.
Demokraten und die Kapitalismusfrage
Auf Sanders, den Senator aus Vermont, richten sich an diesem Abend erstmals die Scheinwerfer einer größeren Öffentlichkeit: Im Sommer hat sich der "sozialistische Demokrat" vom Liebling der Linken zu einem ernsthaften Gegenkandidaten für Hillary Clinton entwickelt - wenn auch nur in den ersten beiden Vorwahl-Staaten Iowa und New Hampshire.
Dass der 74-Jährige zuvor nur widerwillig für die Debatte probte, zeigt sich allerdings. Zu Beginn SCHREIT ER SEINE SÄTZE HINAUS als wäre er noch auf Wahlkampf-Tour, dann werden nicht lässliche Stilfragen, sondern Inhalte zum Problem: Kurz nach dem Amoklauf in Oregon wirft ihm Hillary Clinton vor, nicht genug für die Einschränkung von Waffenbesitz zu tun. Das lässt den Kandidaten, der aus einem Staat mit vielen Jägern kommt und in der Tat eine gemischte Bilanz hat, alt aussehen.
Clinton greift Sanders an
Ohnehin tut Clinton wenig, um die Freundlichkeit des Konkurrenten zu erwidern. Sanders prangert die "unmoralische Vermögensverteilung" und den Reichtum der "1 Prozent" an. "Bei Kapitalismus denke ich an kleine Firmen", entgegegnet Clinton, die USA seien nicht Dänemark. Aber man müsse natürlich "den Kapitalismus vor sich selber retten". Damit bewegt sie sich gerade soweit ins linke Lager, dass sie nicht für jene Mitte unwählbar wird, die auf allzu große Sozialstaats-Experimente keine Lust hat.
Als Sanders, kein großer Außenpolitik-Könner, Clinton als Hardlinerin darstellen will und sagt, er wolle "keine amerikanischen Bodentruppen in Syrien", erwidert sie trocken "niemand will das, niemand will das".
Die ehemalige Außenministerin und First Lady ist längst eine "Larger-than-Life"-Figur, aber im Wahlkampf war ihre echte Größe bislang nur schwer einzuschätzen. Verschanzt hinter einem gewaltigen Wahlkampf-Aparat legte sie einen leichten Linksschwung hin, erweckte aber den Eindruck, als angeblich "Unvermeidliche" den Wahlkampf ein bisschen aussitzen zu wollen.
Von diesem Abend lässt sich sagen: Sie zeigt mehr Statur als ihre Gegner. Das liegt nicht nur daran, dass sie professioneller und erfahrener als die Konkurrenten wirkt. Vielmehr deckt sie alle Positionen ab, die bislang Mainstream-Demokraten abdecken mussten.