Schreiben nach Gehör: Mutter kritisiert Lehrmethoden an Grundschulen

  18 September 2015    Gelesen: 933
Schreiben nach Gehör: Mutter kritisiert Lehrmethoden an Grundschulen
Facebook-Diskussion um Lehrmethode
Isa Becker freute sich riesig über die Briefchen ihres kleinen Sohnes. Doch es gibt ein großes Problem: die vielen Rechtschreibfehler. Nach der Meinung der Iserlohnerin ist die Methode `Schreiben nach Gehör` daran schuld.


Über 8.000 Likes, 1.832 Kommentare und mehr als 8.800 Shares - das ist die Bilanz von Isa Beckers Facebook-Post, in dem die Mutter aus Iserlohn ihrem Ärger über die Lehrmethoden an der Grundschule ihres Sohnes mal so richtig Luft macht. Ihre Kritik dreht sich konkret um die Methode `Schreiben nach Gehör` nach der die Grundschüler aktuell schreiben und dann lesen lernen.

Die Lehrmethode sieht vor, dass Kinder Wörter zunächst einmal so schreiben, wie sie sie auch tatsächlich hören. Fehler dürfen in der erste Lernphase nicht berichtigt werden. In der ersten Klasse bekam Isa Becker darum von ihrem Sohn süße Briefchen, in denen beispielsweise stand "ch hap dij lip". Ihre Reaktion: Lob. Verbessern durfte die Mutter zunächst ja nicht. Das würde dem Kind nämlich dem Spaß am Lernen nehmen. Doch Isa Becker und ihr Mann versuchten natürlich, wenn sie ihrem Sohn bei den Hausaufgaben halfen, die Buchstaben so genau und langsam auszusprechen, dass sie ganz genau zu hören waren.

Nicht immer mit Erfolg: "Das funktionierte mal mehr mal weniger, manchmal sorgte es für Erheiterung beim Schreiben, manchmal aber auch für genervtes Augenrollen, wenn man ein Wort dann auch klatschen musste, um die Doppel-Konsonanten auch noch deutlich zu machen. Liebe Erfinder, habt ihr euch schon mal gefragt, warum ein „stummes h“ - „stummes h“ heißt? Richtig – weil man es NICHT hört. Auch nicht, wenn man noch so deutlich spricht. Ich habe das Wort „Zahnarzt“ mal durch die Küche getanzt, von der Tür bis zum Herd, um meinem Sohn zu zeigen, dass das „a“ ja ganz furchtbar lang gesprochen wird. Verbessern durfte ich ihn ja nicht. Er freute sich darüber, dass seine Mutter ganz offensichtlich den Verstand verloren hatte und schrieb „Zaanartz“. Großartig."

Nach und nach werden natürlich Regeln eingeführt. Auch bei Isa Beckers Sohn werden Fehler nun korrigiert. Doch inzwischen haben sich bei dem Drittklässler und mit Sicherheit auch bei vielen anderen Kindern einige Schreibweisen ganz einfach eingeprägt. Was dazu führt, dass Diktate mit vielen Fehlern zurückgegeben werden und der Spaß am Lernen langsam aber sicher verloren geht. Etwas, was nach der Meinung von Isa Becker der Methode `Schreiben nach Gehör` zuzuschreiben ist.

Das macht sie auf Facebook deutlich: "Ich danke euch also, liebe Erfinder dieser Methode, für ein erstes Schuljahr voller Freude, für einen getanzten Zahnarzt, für fliegende Bleistifte, stampfende Kinderfüße und kindliche Verzweiflung, wenn wieder ausradiert wird - „Ich lerne das nie!“Mein Kind hat heute dann weinend die Berichtigung der Lernzielkontrolle geschrieben und ich habe im Internet ein Übungsbuch bestellt – 100 Diktate."

Der Facebook-Post der Mutter erntet von vielen Eltern Zuspruch, die sich ebenfalls über die Lehrmethode aufregen. In vielen Kommentaren liest man "Du sprichst mir direkt aus der Seele" oder "Genau diese Probleme haben wir auch".

Experten streiten schon länger darüber, welche Methode die richtige ist, um Kindern Lesen und Schreiben beizubringen. Während der Siegener Germanist Professor Werner Steinig schon vor zwei Jahren seine Kritik an dem `Schreiben nach Gehör` äußerte, widerspricht ihm zum Beispiel sein Kollege Hans Brügelmann. Seiner Meinung nach gibt es Studien, die zeigen, dass Kinder heute sogar besser schreiben als früher, als noch nach der Methode `Lesen nach Schreiben` verfahren wurde.

Eine Patentlösung scheint es nicht zu geben, dafür aber derzeit viele wütende Mütter und Väter, die die Meinung von Isa Becker aus Iserlohn teilen. Was der nun an die Öffentlichkeit dringende Ärger vielleicht bewirken kann, wird sich zeigen müssen.

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