Bundesweit 7893 Kilometer Stau - das ist die Bilanz vom Freitag vor einer Woche, als mit Bayern und Baden-Württemberg auch noch die letzten Bundesländer in die Schulferien starteten. Für die Tankstellen bedeutet die Feriensaison alle Jahre wieder ein hohes Umsatzplus. Und auf die gestiegene Nachfrage reagieren die Tankwarte normalerweise mit satten Preisaufschlägen.
Doch dieses Mal scheint man es mit den Autofahrern gut zu meinen. Statt die Preise anzuheben, gewähren die Tankstellen ihnen sogar Preisnachlässe. Laut Automobilclub ADAC gehen die Spritpreise seit Anfang Juni fast kontinuierlich zurück. Zuletzt lag der Preis für einen Liter Super E10 im Durchschnitt bei 1,265 Euro. Das sind knapp 6,5 Cent weniger als Anfang Juni. Ein Liter Diesel kostet demnach 1,063 Euro. Dem Internetportal „clever-tanken.de“ zufolge ist Diesel in einigen Städten wie Düsseldorf und Mönchengladbach im Schnitt sogar für unter einen Euro zu haben.
Doch auch wer kein Auto hat, dafür aber einen Öltank im Keller, hat Gelegenheit zum Sparen. Das Heizöl ist laut der Internetplattform „heizoel24“ derzeit so günstig wie seit zwölf Jahren nicht mehr in einem August. Bis zu 15 Prozent sei das Heizöl billiger als noch Anfang Juli. Ein Liter sei derzeit für gut 44 Cent zu haben. Vor einem Jahr waren es über 56 Cent.
Die Benzinlager sind ungewöhnlich gut gefüllt
Der Grund für die niedrigen Sprit- und Heizölpreise ist ein hohes Überangebot auf dem Weltmarkt. Die Benzinlager sind ungewöhnlich gut gefüllt. „Seit Juni gibt es einen saisonuntypischen Lageraufbau bei Benzin“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte bei der Commerzbank. In den Vereinigten Staaten waren die Lagerbestände im Juli so hoch wie zu dieser Jahreszeit seit Beginn der Aufzeichnungen nicht. Auch am wichtigsten Europäischen Knotenpunkt für Rohöl in der holländischen Region um Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen, ist der Spritbestand auf Rekordniveau. Und beim Öl sieht es kaum anders aus.
Das drückt auf die Preise. Dabei hatte es beim Öl nach einem starken Preisverfall von Mitte 2014 bis Anfang 2016 zwischenzeitlich wieder eine Erholung gegeben. Nach einem Preissturz von 100 auf unter 30 Dollar je Barrel (159 Liter) waren die Preise bis Juni immerhin wieder auf 50 Dollar geklettert. Seit Anfang Juli geht es aber wieder bergab in Richtung 40 Dollar.
Experten sehen dafür mehrere Gründe. Der Preisanstieg zuvor sei unter anderem von kurzfristigen Effekten getragen worden, sagt Michael Wittner, Experte bei der Bank Societe Generale. Waldbrände in Kanada und Terroranschläge in Nigeria hatten zu Produktionsstopps geführt. Vor allem in Kanada habe sich die Lage aber inzwischen wieder beruhigt.
Außerdem weiten die Länder des Ölkartells Opec ihre Produktion immer weiter aus; allein im Juli um 100.000 Barrel pro Tag. Seit dem Ende langjähriger Exportsanktionen des Westens arbeiten Irans Förderanlagen wieder auf Hochtouren, im laufenden Jahr stieg die Produktion bereits um 25 Prozent. Der Erzrivale Saudi-Arabien wittert Konkurrenz und steuert mit Dumpingpreisen gegen.
Gleichzeitig legt die Ölproduktion in Amerika wieder zu. Seit fünf Wochen ist die Zahl der Förderanlagen vor Ort wieder gestiegen. Zuvor hatten einige sogenannte Fracker in Amerika sogar dicht gemacht. Die im Land weit verbreitete und wegen möglicher Folgen für Mensch und Umwelt heftig umstrittene Fracking-Technologie ist vergleichsweise teuer und die Fracker reagieren empfindlich, aber auch sehr flexibel auf Preisveränderungen.
Doch die niedrigen Preise an den Tankstellen und beim Heizöl dürften nicht von Dauer sein, meinen Ökonomen. Das Überangebot auf dem weltweiten Ölmarkt werde zurückgehen und spätestens im ersten Halbjahr 2017 verschwunden sein, sagt Experte Weinberg. Das sieht man bei der Internationalen Energieagentur ähnlich. Man bleibe dabei, dass sich der Markt auf ein Gleichgewicht zu bewegt, auch wenn der jüngste Preisrückgang gezeigt habe, dass der Weg dahin „weit davon entfernt ist, gleichmäßig zu sein.“
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