Börse Budapest ist Spitzenreiter in der EU

  30 Auqust 2016    Gelesen: 769
Börse Budapest ist Spitzenreiter in der EU
Die beste Börse in der EU? Derzeit Ungarn. Auch die Ratingagenturen honorieren die Wirtschaftspolitik der Regierung Orbán.
Es sieht gut aus für Ostmitteleuropa: Polen, Ungarn, die Tschechische und die Slowakische Republik treiben Europa und Deutschland nicht nur in der Flüchtlingsfrage vor sich her, wie der Visegrád-Gipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangene Woche gezeigt hat. Die östlichen EU-Mitglieder sind auch die wirtschaftlichen Vorreiter in der Gemeinschaft. Während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der gesamten EU 2015 um real 2 Prozent zulegte und das des Euroraums um 1,7 Prozent, betrug der Zuwachs in Ostmitteleuropa rund 3,7 Prozent.

Für 2016 und auch für 2017 erwartet die Europäische Kommission in der EU und im Euroraum bestenfalls 1,9 Prozent. Für Deutschland, das 2015 um 1,7 Prozent expandierte, wird ein Wachstumsrückgang auf je 1,6 Prozent vorausgesagt. In der Visegrád-Gruppe jedoch dürfte das Wachstum in beiden Jahren fast doppelt so stark ausfallen wie in Deutschland. Haupttreiber ist Polen, aber auch Ungarn entwickelt sich stabil. 2015 betrug die Ausweitung der Wirtschaft 2,9 Prozent, im laufenden Jahr könnten es 2,5 und 2017 dann wieder 2,8 Prozent werden.

Niedrige Zinsen helfen
Zwar sah die Lage zu Jahresbeginn nicht ganz so rosig aus, aber Regierung und Zentralbank in Budapest kurbeln mit ihren geld- und fiskalpolitischen Instrumenten die Wirtschaft recht erfolgreich an. Für den Herbst ist ein weiteres Konjunkturpaket geplant. Klar ist schon, dass die öffentliche Hand die Pharma- und Chemieindustrie, den Tourismus und die erneuerbaren Energien auf Trab bringen will. Beabsichtigt ist überdies eine große Ausbildungsinitiative.

Das Geld für solche Anstrengungen hat die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán, oder sie borgt es sich zu günstigsten Konditionen. Der öffentliche Verschuldungsgrad fiel im zweiten Quartal um 1,9 Punkte auf 77,2 Prozent. Das Haushaltsdefizit soll im Gesamtjahr maximal 1,8 Prozent des BIP erreichen, nach 2 Prozent 2015. Der Leitzins ist immer wieder gesenkt worden, im Mai auf das Rekordtief von 0,9 Prozent. Die Steuereinnahmen sprudeln, der Forint ist stabil. Ebenfalls im Mai stufte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Landes hoch, so dass es jetzt wieder den begehrten Status „Investmentgrade“ innehat. Zuletzt war das 2011 der Fall. Das Gütesiegel ist für bestimmte Anlagen von Investoren unentbehrlich und treibt frisches Geld ins Land. Im November könnte auch Moody’s Ungarn die Investitionsstufe zusprechen.

Die Bonitätswächter von Fitch loben die Fortschritte im Schuldenabbau und die verbesserte Lage im Bankwesen. Dieses war zwischenzeitlich in Verruf geraten: wegen hoher Steuern und Abgaben sowie der politisch motivierten staatlichen Auflage an die Banken, Kreditnehmer zu entlasten, die sich mit Fremdwährungen verspekuliert hatten. Im Juni verkaufte die österreichische Erste Group für rund 79 Milliarden Forint (250 Millionen Euro) 30 Prozent an ihrer ungarischen Tochtergesellschaft an die staatliche Finanzgesellschaft Corvinus und die Osteuropabank EBRD.

Ungarn Wirtschaftswachstum, das im zweiten Quartal deutlich höher war als im ersten, wird vor allem vom Binnenkonsum getrieben. Dazu trägt die fallende Arbeitslosigkeit bei. 2015 betrug die Quote noch 6,8 Prozent, für das laufende Jahr prognostiziert Erste Bank Research 5,6 und für 2017 dann 5,4 Prozent. Weitere Impulse für den privaten Verbrauch kommen von einer Mehrwertsteuersenkung auf Neubauwohnungen, von verbilligten Hauskrediten sowie von einer neuen Familienförderung. Neben dem Binnenkonsum ziehen auch Industrie und Export wieder an, nachdem im ersten Quartal Teile der für Ungarn so wichtigen Automobil- und Zulieferindustrie ins Stocken geraten waren.

Aktienkäufer wittern weiter ihre Chancen
Mercedes hat gerade angekündigt, in Kecskemét 90 Kilometer südöstlich von Budapest ein neues Werk zu bauen. Die Stuttgarter wollen dort eine Milliarde Euro investieren und 2500 Arbeitsplätze schaffen. In die vorhandene Fabrik werden zusätzlich fast 600 Millionen Euro gesteckt. Die deutschen Investoren lieben den Standort Ungarn: Einer Umfrage der deutschen Handelskammer zufolge beurteilen die Unternehmen ihre eigene Lage und die der Volkswirtschaft so gut wie seit elf Jahren nicht. Allerdings bemängeln sie die Korruption, die mangelnde Transparenz bei öffentlichen Aufträgen, die Qualität der Berufsausbildung sowie die Verlässlichkeit heimischer Industriezulieferer.

Bei so viel echtem oder wahrgenommenem Auftrieb wundert es nicht, dass Aktienkäufer ihre Chancen wittern. Keine andere Börse in der EU läuft derzeit so gut wie die in Budapest. Der Leitindex Bux hat seit Jahresbeginn fast 16 Prozent an Wert zugelegt. Hingegen stehen der Dax oder der Euro Stoxx 50 im Minus. Allerdings ist der Bux ein kleiner und enger Index. Vier Unternehmen tragen fast 97 Prozent zu ihm bei: die Bank OTP, der Mineralölkonzern MOL, der Pharmakonzern Gedeon Richter sowie Magyar Telekom.

Weil schon 2015 der Index gut gelaufen ist, empfehlen Banken wie Raiffeisen Centrobank, Kasse zu machen und zu verkaufen. Was die Einzelwerte angeht, so raten bei MOL von zwölf Analysten sechs zum Kauf, nur einer zum Verkauf; Gleiches gilt für OTP. Bei Magyar Telekom beträgt das Verhältnis neun zu eins. Neben diesen Platzhirschen können für Anleger auch kleine Werte interessant sein. Mit einem Plus von 24 Prozent ist Pann Ergy, ein Anbieter erneuerbarer Energien, der ungarische Kursgewinner des Jahres. Auch der Lebensversicherer CIG Pannonia hat sich mit einem Kursplus von 20 Prozent fabelhaft entwickelt. Die Immobiliengesellschaft Appeninn schaffte fast 16 Prozent. Von den „Großen Vier“ konnten hingegen nur MOL und OTP den Index schlagen.


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