China oder USA - Wer dominiert mobiles Internet?

  24 September 2016    Gelesen: 918
China oder USA - Wer dominiert mobiles Internet?
Bislang hat Apple durch seinen App Store die volle Kontrolle über mobile Dienste für das iPhone. Nun hat der chinesische IT-Gigant Tencent ein System entwickelt, das die Allmacht brechen könnte.

China oder USA - Wer dominiert das mobile Internet? Diese Frage stellt sich in den vergangenen Monaten immer öfter. Sie stellt sich, weil US-Konzerne wie Facebook dem chinesischen Messenger-Programm WeChat hinterhereifern, das die Lebenswelt Hunderter Millionen Kunden inzwischen so tief durchdringt wie kein vergleichbarer US-Dienst.

Sie stellt sich, weil der Fahrtenvermittler Uber, das angeblich wertvollste Start-up der Welt, im August die Waffen streckte und sein Chinageschäft an den Pekinger Konkurrenten Didi verkaufte, weil Didi einfach der bessere Dienst mit den besseren Serviceangeboten war.

Und die Frage, wer das mobile Internet dominiert, stellt sich seit diesem Donnerstag umso mehr. Denn die Firma Tencent, Betreiber von WeChat, testet nach Angaben des chinesischen Wirtschaftsmagazins "Caixin" einen neuen Service, der die Allmacht von Apple über die mobilen Apps auf dem iPhone brechen könnte.

Der Dienst Xiaochengxu, zu Deutsch: kleines Programm, soll es Nutzern ermöglichen, auf eine Vielzahl mobiler Dienste zuzugreifen, ohne dafür extra eine App herunterzuladen. Gefunden werden sollen die mobilen Dienste über eine Suchfunktion oder durch das Scannen eines QR-Codes, berichtet "Caixin". Beide Funktionen seien direkt in WeChat integriert. Eine eigene App für den App Store wäre damit überflüssig.

Für Apple sind das schlechte Nachrichten, denn der Konzern verdient mit seinem App Store, der mehr als zwei Millionen kleine Anwendungen umfasst, gutes Geld: Bei jedem Verkauf streicht der Konzern 30 Prozent der Einnahmen ein. Zudem hat Apple über den App Store die volle Kontrolle darüber, welche Programme auf dem iPhone zur Verfügung stehen - und welche nicht.

Dem kalifornischen Tech-Riesen würde also ein erheblicher Geld- und Kontrollverlust drohen, falls Tencent seinen neuen Dienst für sämtliche Nutzer öffentlich macht. WeChat hatte nach Angaben von Tencent zuletzt mehr als 800 Millionen Nutzer, zumeist in China. Viele davon dürften Xiaochengxu nutzen wollen, schreibt der chinesische Technologieexperte Feng Dahui in seinem Blog.

Die App-Geschäfte anderer Anbieter wären ebenfalls betroffen, wenn auch auf andere Weise. Der Android-Shop Google Play ist in China ohnehin seit 2015 gesperrt. Durch die neue WeChat-Funktion hätten Android-Nutzer nun plötzlich wieder die Chance, neue Dienste auf ihrem Handy zu verwenden.

Tencent selbst äußerte sich nicht zu solchen strategischen Überlegungen. Der Konzern teilte lediglich mit, er wolle mit WeChat eine "offene Plattform" für möglichst viele Dienste bereitstellen.

Der Vorstoß der Chinesen passt zum derzeit wohl größten Trend im mobilen Internet. Viele Firmen, darunter Facebook und Google, versuchen gerade, ihre Messenger zu universellen Service-Plattformen auszubauen, die fast genauso viele Funktionen haben wie die Betriebssysteme der Smartphones selbst.

Trendsetter war dabei schon immer Tencent. Die chinesische Firma hatte bereits 2011 begonnen, ihren Dienst WeChat systematisch zur Universal-Plattform auszubauen. Der Dienst Xiaochengxu ist nur der neueste geschickte Schachzug. Und er zeigt den Tech-Giganten aus dem Silicon Valley ein weiteres Mal, dass sie im mobilen Internet nicht mehr unbedingt die Nase vorn haben.

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