Deutscher Botschafter weicht kritischen Fragen zur FETÖ-Gefahr aus

  06 April 2018    Gelesen: 1779
Deutscher Botschafter weicht kritischen Fragen zur FETÖ-Gefahr aus

Der deutsche Botschafter in Ankara, Martin Erdmann, hat sich bei einem Presselunch geweigert, die Fragen bezüglich der Gülenisten-Terrorgruppe (FETÖ) ausreichend zu beantworten. Diese Haltung wurde von den Medienvertretern kritisiert. Erdmann habe es versäumt, einen Beitrag zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu leisten. Er sei nicht in der Lage gewesen, die Bedrohung durch die FETÖ richtig einzuschätzen.

Das Treffen mit den Chefredakteuren zahlreicher türkischer Zeitungen und TV-Sendern fand in der Istanbuler Privatresidenz des Botschafters statt. Erdmann sagte gegenüber seinen Gästen, dass das Jahr 2016 eine „Eiszeit" in Bezug auf die deutsch-türkischen Beziehungen darstelle.

Diese „Eiszeit" habe beiden Ländern geschadet – nun schmelze das Eis aber und die Beziehungen könnten nun wieder geglättet werden. Obgleich die neue Bundesregierung ihre Politik gegenüber der Türkei noch nicht konkretisiert habe, glaube er daran, dass die „positive Atmosphäre" anhalten werde. Dennoch lies er es nicht aus, kontroverse Aussagen bezüglich FETÖ und der Anti-Terror-Operation in Nordsyrien zu tätigen.

Auf die Frage, ob er davon überzeugt sei, dass die FETÖ hinter dem gescheiterten Putsch von 2016 stecke, hielt sich der Botschafter mit seiner Antwort bedeckt. Er sagte lediglich, dass wer auch immer verantwortlich sei, bestraft und zur Rechenschaft gezogen werden müsse.

In Hinblick auf die FETÖ-Mitglieder, die in Deutschland Asyl beantragt haben und für die die Türkei Auslieferungsanträge gestellt hat, sagte Erdmann, dass die Straftaten zunächst entsprechend der deutschen Gesetzesauslegung bewiesen werden müssten. Es bedürfe an konkreten Beweisen. Eine mögliche FETÖ-Mitgliedschaft, Bankkonten oder die Nutzung der verschlüsselten Bylock-Messaging-App seien keine hinreichenden Beweise.

Seit dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei im Sommer 2016 haben mehr als 1000 Diplomaten und Staatsbedienstete mit mutmaßlichen Verbindungen zur FETÖ sowie deren Familienangehörige um Asyl in Deutschland gebeten. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg mitteilte, hatten bis zum 7. März insgesamt 288 Personen mit Diplomatenpässen und 771 mit Dienstpässen einen Asylantrag beim BAMF gestellt. Diese Zahlen umfassen auch Ehegatten und Kinder. Anträge von türkischen Soldaten werden beim BAMF nicht statistisch erfasst.

Ankara zufolge gilt Deutschland als primäre Anlaufstelle in Europa für geflüchtete Diplomaten und Soldaten, die aufgrund der Beteiligung an dem Putschversuch angeklagt wurden. Die USA ist das zweitbeliebteste Ziel.

Nach dem Putschversuch erklärten FETÖ-Funktionäre, dass Deutschland der neue Hafen für die Mitglieder sein werde. „Die Bewegung kann in der Türkei nicht mehr überleben. Deutschland ist dabei, zum neuen Zentrum zu werden", hatte der FETÖ-Prediger Ercan Karakoyun bei einem „Zeit"-Interview wissen lassen.

Trotz den zahllosen Indizien, die die direkte Verbindung zwischen den Putschisten und der FETÖ nachweisen, rechtfertigte Erdmann seine Ansichten damit, dass die USA – wo sich der im selbst auferlegten Exil lebende Anführer der Gruppe, Fetullah Gülen, befindet – ebenfalls keine Sanktionen gegen die Gruppe verhängt habe.

Bezüglich der „Operation Olivenzweig" in Syrien, erklärte Erdmann, dass die Türkei das Recht habe, ihre Grenzen gegen Terrorbedrohungen zu schützen. Deutschland finde es notwendig, dass die Zivilisten geschützt und Schäden vermieden würden – auch dürfe die territoriale Integrität Syriens nicht gefährdet werden. Die Türkei hatte im Vorfeld bereits klar gestellt, dass die Priorität bei der Vermeidung ziviler Opfer liege und die Operation daher länger andauere. Türkische Staatsvertreter betonten zudem mehrfach die Bedeutung der Integrität Syriens.

Darüber hinaus kritisierte Erdmann auch den Astana-Friedensprozess, der von der Türkei, Russland und dem Iran initiiert wurde. Der Prozess entspreche nicht den Erwartungen. Eine dauerhafte Lösung sei nur im Rahmen der Vereinten Nationen möglich

Bezüglich des Visaliberalisierung sagte Erdmann, dass Deutschland diese befürworte, er wies aber zugleich darauf hin, dass besonders die türkischen Anti-Terror-Gesetze und der Ausnahmezustand Hindernisse darstellten - auch wenn die meisten Kriterien erfüllt worden seien.
Die Türkei sei ein „unverzichtbarer Partner" der Europäischen Union", so Erdmann. Es sei nicht vernünftig von der Türkei, nach einer Alternative zu suchen. Er spielte dabei auf die Annäherungen mit Russland und China an.

„Ich sagte dies einen Tag nachdem die Türkei und Russland den Grundstein für das Atomkraftwerk gelegt haben. Ich möchte Sie darauf hinweisen ", erklärte der Botschafter und behauptete zudem, dass die türkische Wirtschaft mit der Union integriert sei und die Türkei mit Deutschland ein bedeutendes Handelsvolumen vorzuweisen habe.

„Natürlich gibt es Hindernisse vor uns, aber wir können diese Probleme überwinden", so Erdmann.

Auch wenn der deutsche Botschafter stets bemüht war, seine Freundlichkeit zu bewahren, wurde seine starre Haltung bei einigen wichtigen Fragen seitens der türkischen Medienvertreter kritisiert. Diese warfen ihm vor, nicht auf alle Fragen geantwortet zu haben, insbesondere im Hinblick auf den Anti-Terror-Kampf und dem von der FETÖ initiierten Putschversuch, der weitreichende Folgen mit sich brachte.


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