Was haben Tschechien, Estland, Finnland, Polen und die Schweiz gemeinsam? In diesen fünf Ländern Europas stand im vergangenen Jahr der Skoda Octavia auf Platz eins der Zulassungsstatistik. Und in Kroatien, Ungarn und der Slowakei schaffte es das Modell auf Rang zwei. Es scheint also, als habe Skoda mit dem Auto ziemlich genau in den Mainstream getroffen - schließlich liegt der Octavia europaweit auf Platz neun. Das ist verwunderlich, weil das Auto eigentlich nichts Besonderes bietet. Es ist andererseits ziemlich einleuchtend, denn ein gutes Durchschnittsmodell mit viel Platz und zu einem akzeptablen Preis ist offenbar das, was viele Kunden wollen.
Ambientelicht, Massagesitze, Parfümierung der Innenraumluft - manche Hersteller bieten Extras an, bei denen Marketingabteilungen viel Aufwand betreiben müssen, um ihren Sinn plausibel zu machen. Skoda geht anders vor: Die tschechische VW-Tochtermarke bestückt ihre Modelle zum Beispiel mit einem herausnehmbaren Mülleimerchen in der Türablage, einem Gummischlitz, der das Smartphone fixiert, einer Warnwesten-Halterung unterm Fahrersitz, einem Eiskratzer im Tankdeckel oder einer Taschenlampe im Kofferraum. Lauter Dinge, bei denen der Nutzen unmittelbar einleuchtet, und dieser Pragmatismus kommt offenbar gut an.
Seit einigen Monaten erstreckt er sich auf den Antrieb. Die Grundidee ist nicht neu, glücklicherweise ist sie nun auch bei Skoda verfügbar. Es handelt sich um den 1,5-Liter-Benzindirekteinspritzer mit Turboaufladung und ACT. Das Kürzel steht für aktives Zylindermanagement: Sobald vom Gaspedal weniger Motorleistung abgerufen wird, oder während längerer Bergabfahrten oder Bremsphasen, schließt das Steuergerät die Ventile der Zylinder zwei und drei und unterbricht deren Kraftstoffeinspritzung.
Aus dem Vierzylinder wird also ein Zweizylinder, was laut Skoda den Spritverbrauch im Schnitt um einen halben Liter pro 100 Kilometer bedeutet, und im Falle des Octavia Combi den Durchschnittsverbrauch auf 5,0 Liter drückt. Immer wenn die Motorsteuerung zwei Zylinder ausknipst, wird der Fahrer per Cockpitanzeige darüber informiert. Tritt man stärker aufs Gaspedal, sind sofort wieder alle vier Zylinder in Aktion und entwickeln bis zu 150 PS Leistung.
150 PS sind schon zu viel - sehr oft jedenfalls
Gäbe es keinen Hinweis im Cockpit, man würde von diesem Wechselspiel nichts mitbekommen. Aufgrund der Anzeige jedoch fällt auf, wie oft eigentlich ein halber Motor zum normalen Vorwärtskommen ausreicht. Es ist eine Art Schulung in praktischer Bescheidenheit. Wer die annimmt, ist für Pkw-Motoren mit mehr als 150 PS Leistung wohl für immer verloren.
Nicht nur der 1,5-Liter-Benziner ist neu im Octavia, das ganze Auto - die 1996 eingeführte Baureihe wird mittlerweile in dritter Generation produziert - wurde erst kürzlich runderneuert. Die Frontpartie erhielt ein zusätzliches Scheinwerferpaar, am Heck gibt es einen neuen Stoßfänger sowie LED-Leuchten. Im Auto wurden ein paar schickere Oberflächen spendiert, neue Bedienknöpfe für die Klimaanlage, und es sind Infotainmentsysteme verfügbar, die eine Online-Anbindung ermöglichen.
Das große Plus: Platz
Das alles jedoch sind Kleinigkeiten verglichen mit dem großen Plus des Autos, das nach wie vor besteht: Der Octavia ist so etwas wie der geräumigere Golf. Oder in diesem Fall korrekter: Der Octavia Combi ist eine Art einladenderer Golf Variant,und billiger ist er noch dazu - um knapp 2000 Euro bei vergleichbarer Motorisierung. Auf allen Plätzen im Skoda Octavia sitzt man luftig und bequem; nur wer sehr groß gewachsen ist, eckt an.
spiegel
Tags: