Kartellamt verhängt deutlich höhere Strafen

  20 Dezember 2018    Gelesen: 1088
Kartellamt verhängt deutlich höhere Strafen

Im vergangenen Jahr wird eine entscheidende Gesetzeslücke im Wettbewerbsrecht geschlossen. Dadurch hat das Bundeskartellamt in diesem Jahr freie Bahn, um Verstößen nachzugehen. Für Aufsehen sorgt dabei vor allem die Stahlbranche.

Wegen Verstößen gegen Wettbewerbsregeln hat das Bundeskartellamt im Jahr 2018 Firmen und Manager deutlich stärker zur Rechenschaft gezogen. Es seien Bußgelder von 376 Millionen Euro verhängt worden, berichtete die Behörde in Bonn. Der Wert lag wesentlich höher als in den Vorjahren - 2017 waren es 66 Millionen Euro und 2016 in der Summe 125 Millionen Euro gewesen. Zahlen müssen die Bußgelder unter anderem Edelstahl-Hersteller, Kartoffelhändler, Asphalt-Produzenten und Gebäudeausrüster.


Es gab sieben Durchsuchungen bei insgesamt 51 Unternehmen. Kartellamtschef Andreas Mundt begründete die Entwicklung damit, dass man erst nach der Schließung einer Gesetzeslücke 2017 wichtige Verfahren aufgenommen habe. "Davor konnten sich Unternehmen durch geschickte Umstrukturierung der Haftung für ihre Kartellverstöße entziehen." Unter denjenigen Firmen, die die Lücke nutzten, waren auch Wursthersteller - daher sprach man von einer "Wurstlücke" im Wettbewerbsrecht.

Die diesjährige Gesamtsumme für die Sanktionen ist kein langjähriger Spitzenwert. Dieser stammt aus dem Jahr 2014, als Bußgelder von mehr als einer Milliarde Euro verhängt wurden. Das Geld fließt in den Bundeshaushalt, es ist nicht zweckgebunden. Der allergrößte Teil muss von Firmen gestemmt werden, verantwortliche Manager müssen in schweren Fällen bis zu eine Million Euro Strafe zahlen. Die Betroffenen können die Bußgeldbescheide vor Gericht anfechten. Der Haken daran: Mitunter erhöht das Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) die Gelder noch, anstatt sie zu kippen.

Für Aufsehen sorgte im Sommer das Vorgehen gegen sechs Edelstahl-Unternehmen und einen Branchenverband, die Bußgelder von insgesamt rund 205 Millionen Euro aufgebrummt bekamen. Hier ging es um Absprachen von 2004 bis 2015. "Die Unternehmen haben über Jahre hinweg wichtige Preisbestandteile beim Vertrieb von Edelstahl abgesprochen", erklärte Mundt.

Dunkelziffer ist weiterhin hoch


Ins Rollen gekommen war das Verfahren 2015 mit einer branchenweiten Durchsuchung nach einem Kronzeugen-Antrag des Stahlkonzerns Voestalpine. Die Firmen - darunter die Saarstahl AG - räumten die Vorwürfe ein. Eine Saarstahl-Sprecherin wies darauf hin, dass man "offen und konstruktiv" mit dem Kartellamt zusammengearbeitet habe.

Erwischt hatte es in diesem Jahr auch zwei Abpack-Unternehmen für Kartoffeln und Zwiebeln - die Wettbewerbshüter verdonnerten sie zu Bußgeldern von insgesamt mehr als 13 Millionen Euro. Die Betriebe hatten sich nach Angaben der Behörde jahrelang bei der Kalkulation ihrer Angebote für die Metro-Gruppe abgesprochen. Damit sei "der Preiswettbewerb zwischen den beiden Hauptlieferanten der Metro-Gruppe faktisch ausgeschaltet" worden. Die Unternehmen kaufen die Rohware nach der Ernte, übernehmen das Waschen, Sortieren, Verpacken und teils auch die Lagerung. Dann geht die Ware an den Einzelhandel.

Unter Wettbewerbsrechtlern hat das Bundeskartellamt einen guten Ruf. "Die Bußgelder sind ein Hinweis, dass dem Verbraucher noch immer ein hoher Schaden durch Kartelle entsteht", sagt Stephan Waldheim von der Düsseldorfer Kanzlei Bird & Bird. Die Dunkelziffer von heimlichen Absprachen sei weiterhin hoch. Die Bußgelder belegten aber, dass die Verfolgung funktioniere - nicht zuletzt wegen der Kronzeugenregelung. Der ersten Firma, die ein Kartell meldet, kann das Bußgeld erlassen werden.

Auch in der sogenannten Fusionskontrolle ist das Kartellamt aktiv, wenn also der Zusammenschluss von großen Firmen mit Blick auf die Folgen für den Wettbewerb unter die Lupe genommen wird. Allein in diesem Jahr prüften die Wettbewerbshüter 1300 solcher Fälle. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Internet-Wirtschaft. Hier leitete das Kartellamt 2018 ein Verfahren gegen den Online-Händler Amazon ein, um dessen Geschäftsbedingungen und Verhalten gegenüber anderen Händlern zu überprüfen. Ein Verfahren gegen Facebook soll klären, ob sich der Konzern beim Sammeln und Verwerten von Nutzerdaten missbräuchlich verhält. Man stehe kurz vor dem Abschluss, hieß es.


Quelle: n-tv.de


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