Noch immer über 700.000 unerledigte Asyl-Fälle

  05 Februar 2016    Gelesen: 637
Noch immer über 700.000 unerledigte Asyl-Fälle
Trotz der beschleunigten Bearbeitung von Asylanträgen stauen sich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) rund 700.000 unerledigte Fälle. Die Behörde stellt sich auf die Bearbeitung von gut einer Million Anträge in diesem Jahr ein, wie ihr Chef Frank-Jürgen Weise am Freitag in Berlin sagte. Von den Innenministern erhielt das Bamf Lob für die beschleunigte Bearbeitung der Anträge.
Insbesondere aus den Ländern hatte sich Weise wegen der sich weiterhin stauenden Asylanträge Kritik anhören müssen. In Berlin räumte der Behördenchef am Freitag ein, dass es noch immer 370.000 Asylanträge gebe, die bislang noch nicht abgearbeitet seien. Hinzu kämen 300.000 bis 400.000 Flüchtlinge, die noch gar keinen Antrag gestellt haben. Das sei für die betroffenen Menschen "schlimm und nicht akzeptabel" und behindere die Integration. "Und es ist das Gefühl, dass rechtsstaatliche Ordnung fehlt", kritisierte Weise den derzeitigen Zustand.

Weise zufolge hatte das Bamf Ende vergangenen Jahres 3500 Mitarbeiter, die Zahl solle bis Mitte des Jahres auf 6300 steigen. Hinzu kämen 1000 befristete Stellen, insbesondere abgeordnete Mitarbeiter aus anderen Behörden.

Mit dem für dieses Jahr angepeilten Personalstand von insgesamt 7300 Mitarbeitern könnten bis Jahresende 1,1 Millionen bis 1,2 Millionen Fälle abschließend beschieden werden. Weise verwies auf erste Erfolge bei der Beschleunigung der Verfahren. Anfang 2015 habe seine Behörde gut 600 Fälle pro Tag abgearbeitet, Ende des Jahres seien es bereits 2000 gewesen. Um die eine Million in diesem Jahr zu schaffen, müssten es aber täglich 6000 Fälle werden.

Von den bundesweit geplanten Ankunftszentren erhofft sich das Bundesamt eine deutliche Beschleunigung. Dort sollen die Flüchtlinge innerhalb weniger Tage Klarheit über ihren Antrag haben. Das Prinzip dieser Ankunftszentren, wo alle Angelegenheiten binnen kürzester Zeit unter einem Dach erledigt werden, wird derzeit unter anderem in Heidelberg und Bamberg angewandt.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Saarlands Ressortchef Klaus Bouillon (CDU), sagte dem Hessischen Rundfunk: "Es sieht deutlich besser als vor drei Monaten aus." Weise sei es gelungen, die verschiedenen Computerprogramme und Systeme aufeinander abzustimmen. Vorher hätten alle nebeneinander gearbeitet - die Kommunen, die Länder und der Bund. Das habe sich "deutlich verbessert".

"Mehr als 600.000 unerledigte Verfahren sind schlimm für die wartenden Menschen ohne Perspektive und tatsächlich inakzeptabel für unsere rechtsstaatliche Ordnung", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben). Sie forderte Integrationszentren in allen Städten und Landkreisen ? analog zu den lokalen Arbeitsagenturen.

Die Linke und Pro Asyl traten für eine Altfallregelung ein. Schutzsuchende, die zum Teil jahrelang auf eine Entscheidung ihrer Asylanträge warten, sollten unkompliziert ein Bleiberecht erhalten, erklärte die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke. Die Schuld für die Misere liege nicht beim Bamf, sondern beim Bundesinnenministerium, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt zu AFP. "Nötig ist eine Altfallregelung, damit sich das Bamf auf die neuen Fälle konzentrieren kann."

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